Ingenieure haben Kabelgewirr und Steckerchaos den Kampf angesagt: Ihr Ziel sind Elektrogeräte, die sich ihre Energie aus der Luft holen.
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Derzeit setzt sich das kabellose Laden eher im Nahbereich durch: iPhone oder Palm etwa tanken Strom, indem sie auf der Ladestation „Touchstone“ liegen.
Ein Handy, mit dem man fast endlos telefonieren kann, weil es seinen Strom aus der Luft zieht – ohne Akku, ohne Kabel. Das wird schon bald möglich sein, denn das Wireless Power Consortium hat die Technik dazu ausgefeilt. Hinter dem „Qi Low Power Standard“ stehen insgesamt 50 Unternehmen wie etwa die Elektronikkonzerne Philips und LG, der Batteriehersteller Duracell oder auch Handyanbieter wie Research in Motion und Nokia angehören. Und das Massachusetts Institute of Technology (MIT) strebt mit seiner Ausgründung „Witricity“ nach noch viel ehrgeizigeren Zielen.
Die Technik beruht auf magnetischer Induktion – einem Prinzip, das vielen noch aus dem Physikunterricht geläufig ist: Strom, der durch eine Spule fließt, erzeugt ein Magnetfeld. Und umgekehrt erzeugt ein Magnetfeld, das sich in einer Spule bewegt, elektrischen Strom. So wandert der Strom von Spule zu Spule – drahtlos. Je stärker das Magnetfeld, desto mehr Strom kann mit dessen Hilfe übertragen werden.
Bisher war das allerdings nicht besonders viel – denn Handys, Laptops oder Flachbildfernseher brauchen so viel Energie, dass die Spulen monströse Dimensionen haben müssten, um die Stromfresser zu befriedigen. Zudem ging der Großteil der Energie auf halbem Wege verloren – bisherige Prototypen erreichten nur einen Wirkungsgrad von etwa 20 Prozent.
Die Ingenieure haben nun das Verfahren verbessert und kommen immerhin auf rund 50 Prozent Wirkungsgrad. Das Geheimnis dahinter ist ein Energietransformator, der ein elektromagnetisches Feld um sich herum aufbaut, aber nicht verschwenderisch in alle Richtungen strahlt. Der Strom wird nur von jenen Geräten abgezapft, die extra dafür gebaut sind. Mittels magnetischer Kopplung werden das Ladegerät und das aufzuladende Gerät auf die gleiche Frequenz gebracht – ähnlich wie bei einem Radio, das auch immer nur eine Station empfängt. Was nicht gebraucht wird, holt sich der Sender zurück. Bis zu fünf Watt lassen sich nun nach dem WPC-Standard über eine Distanz von zwei Metern übertragen. Im Labor ist sogar noch viel mehr möglich. Witricity hält den Rekord: 5000 Watt können die Ingenieure übertragen.
Das Prinzip der drahtlosen Stromübertragung ist alt: Seit Jahrzehnten lädt der Akku bei elektrischen Zahnbürsten mittels Induktion durch die Plastikhülle hindurch. Seit vergangenem Jahr auf dem Markt ist die innovative Handyladestation „Touchstone“ von Palm, auf der man das Mobiltelefon nur ablegen muss, damit es quasi wie von Geisterhand geladen wird. Auch hier liegt das Handy aber direkt auf der Station, das System schafft nur ein paar Millimeter – genau wie bei den Ladestationen für PDAs, die das britische Unternehmen Splashpower entwickelt hat.
Der Chiphersteller Intel hat vor zwei Jahren öffentlichkeitswirksam eine Glühbirne mithilfe eines elektromagnetischen Feldes zum Leuchten gebracht. Ähnliches gelang schon in den 20er- und 30er-Jahren Kleingärtnern aus Hamburg und Berlin, die ihre Laube in der Nähe von Radiosendestationen hatten. Sie nutzten Transistorradios als Lichtquelle, indem sie einfach Glühbirnen zwischen Erde und Antennendraht schalteten – die Energie der Radiowellen reichte aus, um die Lampen zum Leuchten zu bringen.
Auch bei Datenübertragungen wird das Prinzip Luftweg genutzt. Ob WLAN oder Mobiltelefone, ob Radio- oder Fernsehsignale – elektromagnetische Felder sind überall. Allein: Um Daten zu übertragen, reichen winzige Energiemengen und damit schwache Magnetfelder. Wenige Milliwatt sind genug, das Signal wird dann vom Empfangsgerät so verstärkt, dass es brauchbar wird. Bei der drahtlosen Stromübertragung handelt es sich aber um bis zu 5000 Watt – das elektromagnetische Feld muss als entsprechend viele Hunderttausend Mal stärker sein – von Effizienz keine Spur.
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