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'Ein ganz normales Überholmanöver'
Die Formel-1-Saison neigt sich dem Ende zu und pünktlich zur entscheidenden Phase im Kampf um die WM wird sich wieder einmal über die verbotene und trotzdem praktizierte Stallorder aufgeregt. sportal.de nimmt das Geschehen beim GP von China zum Anlass, Sinn und Unsinn der Team-Order zu beleuchten.
Es ist die umstrittenste renntaktische Möglichkeit eines Teams im Kampf um die F1-Krone und auch nach dem doch reichlich merkwürdigen Überholmanöver von Felipe Massa gegen seinen Teamkollegen Kimi Räikkönen beim GP von China schlugen die Wellen der Empörung vor allem unter den Fans wieder hoch.
Der bis dahin deutlich schnellere Finne wurde zum Rennende hin immer langsamer und musste Massa sieben Runden vor Schluss passieren lassen. Der Brasilianer hat in der WM-Wertung damit statt neun, nur sieben Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Lewis Hamilton, was seine Chance, dem Briten die WM noch abnehmen zu können, deutlich verbessert.
Regeln, die keinen Sinn machen
War das Überhol-Manöver eine Team-Order? Aber natürlich! Jedem Menschen, der sich das Rennen angeschaut hat und über ein mindestmaß an Sehkraft verfügt, wurde klar, dass Räikkönen sein Geschwindigkeits-Problem vortäuschte, um Massa vorbeilassen zu können. Einige Runden später war ja auch alles wieder in Ordnung mit dem Wagen des noch amtierenden Weltmeisters.
Doch Team-Order ist seit einigen Jahren verboten. Nachdem Rubens Barrichello beim Österreich-GP 2002 per Funk angewiesen wurde, Michael Schumacher "for the Championship" vorbeizulassen und kurz vor der Ziellinie abbremste, war die moralische Empörung groß und das teaminterne Positions-Wechselspiel wurde von der FIA untersagt. Doch Regeln, bei denen man einen Verstoß nicht nachweisen kann, sind sinnlos.
Nach der Einführung des Verbots haben sich die Teams ganz einfach andere Möglichkeiten überlegt, das für sie taktisch beste Rennergebnis zu erzielen. Probleme beim Tankstopp, Motoraussetzer und Bremsprobleme sind die beliebtesten "Schwierigkeiten", die ein Überholmanöver des Teamkollegen ermöglichen. Das kann man teamintern ganz einfach vor dem GP absprechen und die Rennkommissare haben keine Möglichkeit, einen Regelverstoß zu beweisen.
Verbot nur peinlich für alle Beteiligten
Nach dem Rennen müssen sich die Team-Verantwortlichen und Fahrer dann den Fragen der Presse stellen und sich mit fadenscheinigen Erklärungen herausreden um keine Strafe zu riskieren - doch alle wissen natürlich, was Sache ist. Die Fans fühlen sich durch dieses Vorgehen für dumm verkauft, während Rennställe und FIA so tun, als sei alles mit rechten Dingen zugegangen.
Natürlich ist es für die Fans von McLaren-Mercedes nicht schön, wenn Räikkönen seinen Teamkollegen aus taktischen Gründen überholen lässt, doch moralisch braucht man sich darüber nicht zu entrüsten, denn die Silberpfeile hätten im umgekehrten Fall das gleiche getan. Vielmehr sollte man sich von der Vorstellung verabschieden, dass die Formel 1 eine Individual-Sportart ist, bei der jeder Fahrer nur für sich kämpft.
"Ein ganz normales Überholmanöver"
Bis zu einem gewissen Zeitpunkt in der Saison mag die interne Konkurrenz bei den Teams, die um die WM kämpfen, bestehen, doch irgendwann wird die F1 dann zum Teamsport. Man kann es vielleicht in etwa mit einem Radrennen vergleichen, wo einzelne Fahrer auch zunächst versuchen, eine Ausreißergruppe zu erwischen um zu siegen. Wenn aber klar wird, dass es zum Massensprint kommt, wird nur noch für den Fahrer gearbeitet, der die größten Siegchancen hat.
Die Aussage von Massas Renn-Ingenieur Rob Smedley "Es war ein normales Überholmanöver" kann und sollte man auch für die Zukunft so verstehen, dass es nicht ungewöhnlich ist, den Teamkollegen vorbei zu lassen. Im Radsport ist Stallorder völlig üblich - in der Formel 1 ist es höchste Zeit, dass es normal wird, um allen Beteiligten viel Peinlichkeit, Heuchelei und Frust zu ersparen.
Quelle: sportal.de
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