Nicht nur Hoffenheim

Der 1. FC Köln war eine der Überraschungsmannschaften des ersten Saisondrittels. Gäbe es nicht mit Hoffenheim einen der spektakulärsten Aufsteiger der Bundesligageschichte, wäre der FC wohl noch viel mehr in aller Munde. Die Unterschiede zu Dietmar Hopps Retortenclub könnten dabei nicht größer sein: Hier ein Traditionsclub, der seit fast 20 Jahren unter seinen Möglichkeiten bleibt und trotzdem stets vor ausverkauftem Haus spielt. Dort ein neureicher Dorfverein, der mit genialem Personal auf und neben dem Platz für Furore sorgt.
Wie bei den Hoffenheimern der Angriff beeindruckte bei Köln bisher vor allem die Defensivstärke. Waren es noch in der 2. Liga vor allem die Tore der beiden Stürmer Patrick Helmes und Milivoje Novakovic gewesen, die den Aufstieg sichergestellt hatten, gelang es Trainer Christoph Daum im Oberhaus, andere Akzente zu setzen, die im Abstiegskampf unerlässlich sind. Neuzugänge wie Geromel und Petit sorgen dafür, dass das Team aus einer stabilen defensiven Grundordnung heraus agieren kann. Der Lohn: Nur zwei Bundesligisten hatten vor dem Spieltag noch weniger Gegentore kassiert als der FC.
Mit dieser Schwerpunktsetzung hat sich bei allem Erfolg aber auch ein neues Problem für die Kölner ergeben, und dieses wurde in der ersten Halbzeit gegen Hannover überdeutlich: Gegen Mannschaften, die ihrerseits eher passiv und kompakt ausgerichtet sind, hat das Team von Christoph Daum echte Probleme. Dieter Heckings Elf ließ die Gastgeber bis zur Mittellinie gewähren und machte dann vor dem Strafraum die Räume sehr eng und unterband das Kölner Aufbauspiel fast komplett.

Fahrenhorst und Vucicevic neu dabei

Hecking hatte seine erfolgreiche Elf vom 3:0 gegen den HSV nur auf einer Position verändert. Hanno Balitsch rückte wieder ins Mittelfeld. Für ihn kam Frank Fahrenhorst als zweiter Innenverteidiger zum Einsatz, Altin Lala musste auf die Bank. Daum setzte mit Nemanja Vucicevic an Stelle von Marvin Matip auf eine offensivere Ausrichtung als beim 3:1-Sieg in Stuttgart, auch durch Matips Faserriss erzwungen.
Bei aller Feldüberlegenheit und Ballbesitz fiel es Köln in der Anfangsphase sehr schwer, sich echte Torchancen zu erarbeiten. Statt dessen wurde Hannover bei Ballgewinn immer schnell gefährlich, weil drei Offensivspieler der Niedersachsen wie Wide Receiver blitzschnell in Richtung Kölner Grundlinie starteten. Ein solcher Konter brachte nach einer missglückten FC-Ecke das 1:0 für Hannover.
Mikael Forssell legte den Ball von links auf Jan Schlaudraff, der den rechts mitgelaufenen Jiri Stajner übersah, was sich im Nachhinein als Segen herausstellte - denn so schoss der Ex-Bayer einfach selbst und bezwang den ungelenk zu Boden gehenden Faryd Mondragon mit einem Treffer aus 20 Metern. Warum der Kölner Keeper bei diesem Tor so schlecht aussah, wurde indessen kurz darauf klar, als er sich immer wieder den Oberschenkel hielt und die Torabschläge von Youssef Mohamad ausführen ließ. Trotz seiner Beschwerden blieb der Kolumbianer aber im Tor.


FC nach unfairen Szenen im Glück

Köln mühte sich, wurde aber eigentlich nur nach Standardsituationen gefährlich. Zwischendurch hätten das undisziplinierte Zweikampfverhalten (Pierre Womé gegen Stajner, Mohamad gegen Balitsch und Novakovic gegen Konstantin Rausch) eigentlich noch mehr Sanktionen als nur eine Verwarnung gegen Novakovic nach sich ziehen müssen. Nachdem Hannover noch in Person von Stajner und Forssell zwei gute Chancen vergeben hatte, kam der FC dann doch noch vor der Halbzeit zum Ausgleich.
Nach einer Ecke von Miso Brecko von rechts legte Mohamad den Ball am langen Fünfmeterraumeck mit dem Kopf ab auf Geromel, der mit einem Hackentrick sein erstes Bundesligator erzielte. Szabolcs Husztis Rettungsaktion hinter der Linie kam zu spät. Illegalerweise zeigten die Kölner Verantwortlichen diesen Treffer noch auf der Videowand, was die 96-Spieler zu wilden Protesten veranlasste - allerdings nicht, weil eine strittige Szene gegen die FIFA-Regularien im Stadion wiederholt wurde, sondern weil sie aus den Bildern erkannt haben wollten, dass der Ball die Torlinie nicht überquert habe.
Noch vor dem Seitenwechsel hätte Köln dann fast den Führungstreffer bejubelt, aber Roda Antars scharfer Schuss verfehlte das Tor von Florian Fromlowitz knapp. Trotz dieser vielversprechenden Ansätze bot sich nach der Pause zunächst das gleiche Bild wie zu Beginn des Spiels. Der FC tat sich sehr schwer, Gefahr für Hannovers Tor zu entwickeln. Die größte Chance hatte statt dessen 96 durch einen Kopfball von Balitsch gegen den Außenpfosten.


Brecko wie einst Andi Möller

Brecko, der sich im Strafraum soweit von seinen Gegenspielern entfernt fallen ließ, dass selbst Robert Hoyzer sich nicht getraut hätte, auf Strafstoß zu entscheiden, sah zu Recht Gelb.
Beide Trainer hatten inzwischen folgenreich gewechselt. Wilfried Sanou kam für den FC und Mike Hanke bei Hannover. Beide Spieler hatten Anteil am 2:1 in der 71. Minute. Sanous Schuss aus 17 Metern wurde von Hanke so unglücklich abgefälscht, dass Fromlowitz keinerlei Abwehrchance hatte. Dass dieses 2:1 das Kölner Siegtor sein sollte, war aber lange unsicher. In der 75. Minute traf Huszti mit einem Freistoß aus 25 Metern die Unterkante der Latte, der Ball sprang wieder ins Spielfeld zurück.
Zehn Minuten vor Spielende wurde Womé im eigenen Strafraum auf dem Boden liegend an die Hand geschossen - es gab keinen Elfmeter, was vertretbar, aber beileibe nicht alternativlos war. Drei Minuten vor Schluss köpfte Fahrenhorst nach einer Superflanke des eingewechselten Chavdar Yankov von rechts vors Tor. Nur eine Glanzparade von Mondragon verhinderte den Ausgleich, der zu diesem Zeitpunkt eigentlich überfällig war.
Doch es blieb beim 2:1 für Köln, während Hannover am Ende auch noch Stajner verlor, der nach einer Tätlichkeit gegen Antar Rot sah und den Roten nun gegen Bochum ebenso fehlen wird wie Balitsch, der seine fünfte Gelbe Karte sah. Köln ist vorerst Sechster und darf in Bremen ein Spiel erwarten, das der Mannschaft wesentlich besser liegen dürfte als das Heimspiel gegen Hannover. Aber selbst, wenn der FC im Weserstadion verliert - an Hoffenheim wird das Team näher dran bleiben als am dritten Mitaufsteiger der beiden: der desolaten Borussia aus Mönchengladbach.


Daniel Raecke


Quelle:www.sportal.de