0
'Antoine, komm jetzt bitte, es ist spät!'Wie aus einem Kurzschlaf gerissen, zuckte Antoine zusammen, als Mademoiselle Florence ihn aufforderte mitzukommen. Gleichmäßig prasselte der Regen auf das Blechdach, unter welchem er mit seinen Mitschülern Schutz vor dem plötzlichen Unwetter gesucht hatte, Antoine war wie in Trance, als er auf die Pfütze gegenüber der kleinen Straße starrte, die durch die Tropfen immer wieder mit runden Mustern durchzogen wurde. Er liebte den Regen, das war schon immer so. 'Antoine, allez!' fauchte Mademoiselle Florence erneut, als sie bereits die Straße überquert hatte, aber Antoine immer noch unter dem Blechdach verharrend auf dem immer schwächer werdenden Regen starrte.
Antoine war 17 Jahre alt und ging auf eine katholische Klosterschule. Seine Mutter sagte, er brauche Disziplin. Antoine war gemischtrassig. Er hasste dieses Wort. Seine Mutter sagte, so sie die Welt heutzutage, er müsse lernen, mit Denunziation umzugehen. Antoine verstand das nicht, er wollte es nicht verstehen. Sein Vater verstarb vor drei Jahren, offiziell war es ein Unfall, inoffiziell starb er wegen seiner Hautfarbe. Als er noch im Problemviertel im Norden der Stadt wohne, vermied es Antoines Familie, unnötig auf die Straße zu gehen, wenn es dunkel wurde, Rassismus war allgegenwärtig. Doch Antoine ist hier geboren, auch sein Vater war es, wie so viele dunkelhäutige Menschen in Frankreich. Antoines Großvater stammt aus Burkina Faso, er lebt heute in Marseille, weil es 'dort sicherer sei'. So lange Antoine denken konnte, war der Fußball seine große Leidenschaft, doch im großen Verein der Stadt wollte man keine 'Problemkinder aus dem Norden' haben, daher lebt Antoine in der Klosterschule. Hier gab es einen Verein, für welchen Antoine schwärmte, für welchen er sein Herzblut geben wollte. Ein Verein, der eine Philosophie hatte, die sich mit den Idealen von Antoine deckte; der Bollée Le Mans FC. Zugegeben ein kleiner Verein, der noch nie höher als in der vierten französischen Liga gespielt hat, in welcher er nun auch jetzt spielt und zwei Spieltage vor Schluss noch die Chance auf den erstmaligen Aufstieg hat. Antoine wollte ins Stadion, zum Heimspiel gegen Montluçon. Doch die strenge Führung der Klosterschule verbat es ihm. In Gedanken versunken schlenderte er über die Straße, schlurfte durch die regennasse Wiese in Richtung des Klosters, wo sich Antoine das Leben anders vorgestellt hatte. Doch für seinen Traum, Fußballprofi zu werden, war er bereit, einiges aufzugeben, Opfer zu bringen, zumindest noch ein weiteres Jahr lang........
Quellen: Kloster
Lesezeichen