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"Ich habe am Tag einen Kasten Bier, eine Flasche Wodka und eine Flasche Whisky gesoffen." Im Internet gibt es viele Witze über Alkohol und Kreisligafußball, doch auch Profifußballer greifen immer mal wieder zum Alkohol. Ein Körper der Alkohol binnen Minuten abbaut, nach einer Sauftour um zehn Uhr trainieren, ohne Kater. Ein Traum für viele Jugendliche, welcher ihm fast zum Verhängnis wurde.
Mönchengladbach. Die erste Station, die ersten Schritte als Fußballprofi für den jungen Borowka. Der Alkohol? Alles noch im Rahmen, auch wenn er immer mal wieder etwas trank. Er wurde durch seine sportlichen Leistungen bekannt, vor allem auch durch seine enorme Zweikampfhärte. "Ich brech dir gleich beide Beine", sagte er zu Olaf Thon bei dessem Debüt. Sein Spitzname war 'Die Axt' und er war einer der besten Verteidiger in der Liga. Besonders nach seinem Wechsel an die Weser gab es kaum einen vergleichbaren Abwehrspieler, mittlerweile Nationalspieler und das obwohl er mittlerweile exzessiv Alkohol konsumierte. Einmal semmelte und senste er Maradona um, trat ihn 85 Minuten lang um, wo es nur ging. Die letzten zehn Minuten musste er ihm dann erklären, dass er sein Trikot haben möchte.
Viele Kollegen, Mitspieler und Freunde wussten, dass er trank. Doch es kam nie wirklich an die Öffentlichkeit. Eine besondere Anekdote, die dies belegt, spielte sich in Bremen ab. Um 10:00 Uhr war Trainingsbeginn. Zehn Minuten vorher wachte er auf. In Wildeshausen. In seinem Auto, ohne Benzin. Auf einem Rastplatz, gut dreißig Kilometer vom Trainingsplatz entfernt, ohne eine Ahnung, wie er dort hingelangt ist. Sofort rief er bei Otto Rehhagel an, sagte er habe etwas falsches gegessen, es ginge ihm nicht gut. "Lüg mich nicht an", erwiederte dieser. Borowka gestand, sollte sich ausschlafen und dann im Büro von Rehhagel auftauchen. Rehhagel war aber nicht sauer, sagte nur "Ich biete dir eine Magen-Darm-Grippe an." Am nächsten Tag kam die Meldung in den Tageszeitungen: "Uli Borowka konnte nicht trainieren, hat eine Magen-Darm-Grippe." Am Spieltag reichte dann ein Blick vom Trainer und Borowka marschierte neunzig Minuten über das Spielfeld und war wieder einmal einer der Leistungsträger.
Eines Tages dann der erste Tiefpunkt in seinem Leben. Die Frau? Weg! Die Kinder? Weg! Sechs Millionen Euro? Das Haus? Die Möbel? Alles weg! Nichts, was ihm lieb war, blieb ihm übrig. Er hörte die Stimmen der Kinder in der Etage über sich. Er rannte nach oben, doch alles war leer. Halluzinationen, durchgedreht. Er mischte sich einen Cocktail aus Alkohol, Schmerz- und Schlaftabletten. Doch selbst das reichte nicht um seinen Körper zu besiegen, der das sofort abbaute und ihn so vor dem Tod bewahrte. Ein weiterer Höhepunkt, für den er sich noch heute schämt: Er schlug seine Frau. Der Knackpunkt? Nein, nach einigen Stunden war der Alkohol wieder da und das Leben ging weiter.
Er beschloss diese Last anzugehen. Nicht etwa den Alkohol, sondern die Stimmen und Ratschläge von Freunden und Bekannten. Er ging in eine Klinik, "nur für zwei Wochen vorbeischauen, damit die anderen Ruhe geben." Und so 'entsorgte' er alles, was an Alkohol noch übrig war; Bis drei Uhr nachts dauerte dies. Er hatte 3,0 Promille im Blut, fuhr um 9:00 Uhr in die Klinik, kam zur Mittagsstunde an und ließ um halb Zwei die Untersuchungen über sich ergehen. Das Ergebnis: Komplett nüchtern!D
er Knackpunkt war ein Erlebnis, welches man wohl nie vergisst. Ein Kumpane aus der Entzugsklinik, dem Ziel nahe und fast schon wieder draußen, wurde zur Rettung eines Profisportlers. Er hatte die vier Monate fast hinter sich, lud alle zu Kaffee und Kuchen ein, erzählte von seinen Plänen. Nach Hause fahren, ein neues Auto kaufen, die Wohnung renovieren. Doch es kam anders. Er fuhr zur Tankstelle, 'tankte' ein paar Flaschen Wodka und füllte einen 20-Liter-Kanister Benzin auf. Er fuhr nach Hause, hupte bis seine Frau aus dem Fenster schaute, übergoss sich mit dem Benzin und zündete sich an. In diesem Moment wurde Borowka klar, dass die Gefühle stärker sind als der Kopf.
Seit dem 17. März 2000 ist Uli Borowka trocken. Betreibt mittlerweile eine Agentur zur Suchtprävention und berät Profisportler. Seit 2007 ist er im Sportmarketing tätig, veranstaltet Jugendcamps und ist mittlwerweile auch wieder glücklich verheiratet.
Bei diesem Portrait habe ich mir extrem schwer getan. Man kann das noch extrem ausweiten, ist etwas anders als die ganze Karriere. Aber ich fand es auch wichtig, da ich auch die Schattenseiten beleuchtet habe und das auch tun will. Ich hoffe ich konnte euch etwas neues erzählen und es gefällt euch trotzdem.
Quellen: Startbild | Bild 1 | Bild 2
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