Er trägt die Haare lang, sehr lang. Früher trug er sie kurz, manchmal sehr kurz. Früher war er Stürmer, später Rechtsverteidiger. Er wechselte dann ins Mittelfeld, ins Zentrum. Jetzt war er im Trainerstab, ging nun den nächsten Schritt als Cheftrainer in Darmstadt. Er wollte mal nix wie weg aus Bremen, 2002 war das. Drei Jahre später wollte er vor allem eines: Zurück nach Bremen. Miroslav Klose sagte einmal, dass er heute so und morgen so reden würde. Felix Magath behauptete einmal, er gebe sich zu schnell zufrieden. Ist Torsten Frings ein unsteter Typ? Ein Wandervogel? Verdrückt er sich, wenn es Probleme oder anderswo mehr Geld gibt? Passt das zu ihm, wie andere Klischees auch zu ihm zu passen scheinen? Frings liebt teure Autos, schnelle und große Autos. Er lässt sich Tattoos stechen. Er spielt gerne Poker. Wenn er ein Tag lang eine Frau wäre, so steht es auf seiner Homepage, würde er auf jeden Fall Schuhe kaufen. Torsten Frings bedient Klischees, aber er war ein besonderer Fußballer mit einer besonderen Karriere Und einer besonderen Beziehung zu Werder. Er war einer der wichtigsten Spieler von Thomas Schaaf, er galt als Boss auf dem Platz. Im Frühjahr 2007 hat er das Klischee nicht bedient. Juventus Turin lockte ihn. Er gab offen zu, wie sehr ihn das reizen würde. Er war 30 und noch einmal bei einem Weltclub im Ausland spielen, das macht man doch so als verdienter Nationalspieler und Held zweier Weltmeisterschaften.

Frings blieb. Wegen der Kinder. Und wegen Thomas Schaaf. Er saß schon auf gepackten Koffern. Bevor er Juve absagte führte er ein langes Gespräch mit Schaaf. Dann gab er eine Pressekonferenz, auf der er seine Vertragsverlängerung bis 2011 verkündete. Werder war inzwischen eine Herzensangelegenheit. Aber ohne Thomas Schaaf hätte er Juve nicht abgesagt. Am 11. Mai, dem zweiten Tag als Profi-Cheftrainer, warf Schaaf den damals 22-Jährigen Stürmer ins Schicksalsspiel gegen Schalke 04. Eine Ära begann. Und ein knappes Jahrzehnt später, spielte von den Männern der ersten Stunde dieser Ära nur noch einer für Werder: Torsten Frings!



Frings paarte technisches Geschick mit taktischem Gefühl. Aber er war kein Schönspieler. Er spielte kraftvoll, rannte viel. Er krempelte die Ärmel hoch. Schaaf holte ihn von der rechten Seite in die Mitte, Frings prägte Werders Spiel. Er wurde Nationalspieler. Unter Rudi Völler spielte er weiterhin rechts, doch das machte ihm nichts aus. Er schaffte den Sprung in die Stammelf des DFB. Bei der WM 2002 wurde er auf rechts eine internationale Entdeckung und obwohl das Finale verloren ging, bezeichnete er es später als sein 'Traumspiel'. Torsten Frings mag das Licht der Öffentlichkeit nicht so wie andere. Mit seiner Familie bezog er ein Anwesen weit draußen vor der Stadt, mit vielen Tieren, vielen Autos, viel Platz - Mit viel Ruhe.

Wenn er ins Licht der Kameras tritt, spitzen die Reporter die Ohren. Frings wählt oft starke Ausdrücke, aber nicht immer mit Bedacht. Er konnte motzen und schimpfen, auch über seine Mitspieler, wenn sie sich aus seiner Sicht nicht genug angestrengt haben. Auch er hatte gute und schlechte Spiele gemacht, doch in seiner gesamten Karriere konnte man ihm nie vorwerfen, dass er sein Trikot nur spazieren getragen hat. Manchmal sind seine Schimpftiraden unfreiwillig lustig. Dann hatte er zum Beispiel gesagt: "Ich hatte einen Hals ohne Ende." Er blaffte die Reporter an, egal wie die Fragestellung war. An guten Tagen achtet er sie: "Na Männer, auch wieder hier?" Er liefert brauchbare Sätze für sie: "Früher oder später werden wir sowieso Deutscher Meister" oder "wir haben eine geile Mannschaft." Er ist sehr ehrgeizig. Schon mit sechs wollte er Fußballprofi werden, er liebt und lebt den Fußball. Man nennt ihn 'Lutscher'. So hatte er, frech wie er ist, in den ersten Bremer Trainingstagen den damaligen Spielmacher und Leitwolf Andi Herzog beschimpft.



2002 war Frings zu stark für Werder geworden. Werder zu klein für ihn. Er bedrängte seinen Verein und wollte unbedingt nach Dortmund. Dortmund, die börsennotierte Gelddruckmaschine zahlte fast neun Millionen Euro. Das war eben der normale Gang. Der Star verlässt seinen Ausbildungsverein. Aber es lief überhaupt nicht normal. 2003 ging Dortmunds Gelddruckmaschine kaputt, Werder spielte um die Meisterschaft, Dortmund erreichte nicht einmal den UEFA-Cup. Frings riss das Kreuzband. Jetzt wäre Werder groß genug für ihn. Werder-Aufsichtsrat Franz Böhmert telefonierte mit Frings nach dem Double-Gewinn. Am liebsten würde er wieder zurück nach Bremen kommen. Böhmert sagte, wenn er genügend Geld hätte, würde er ihn mit der Schubkarre persönlich nach Bremen holen. Dortmund verkaufte ihn nach München.

In München nahm die Sehnsucht nicht ab, vor allem, weil Felix Magath sein Trainer wurde. Genau wie vor sieben Jahren. Er wollte ihn damals verkaufen, auch jetzt gab er ihm nicht die Wertschätzung die er verdiente. Er drohte im WM-Jahr auf der Bank zu landen. Allofs war kein Freund von Rückholaktionen. Veränderte Spieler in veränderten Mannschaften. Doch Frings wollte es. Allofs wollte es. Auch Schaaf und Magath. Und so holte man ihn wieder zurück an die Weser, auch weil Valerien Ismael zu den Bayern ging.



Er passte sofort in die Werder-Raute, lieferte seine Leistungen und der verlorene Sohn wurde sofort wieder zum Star. Die Saison endete jedoch nicht so selig, wie sie begann. Das hatte aber nichts mit Schaaf oder Werder zu tun. Schon eher mit seiner impulsiven Art. DAS WM-Viertelfinale gegen Argentinien wurde zum Höhepunkt seiner Karriere - Und zu einem Tiefpunkt. Er spielte auf der Sechs so stark, dass man ihn später in einem Atemzug mit den besten Sechsern der Welt nannte. Nach dem Triumph sah man ihn in einem Knäuel mit schimpfenden, boxenden und spuckenden Kickern. Die TV-Bilder zeigten, wie Torsten Frings im Gesicht von Julio Cruz herumfuchtelte. Es ging zu wie auf dem Schulhof und er gehörte nicht zu den Schülern, die lieber das Weite suchten. Die FIFA handelte eher politisch als sportlich und sperrte Frings, um den Verdacht zu entkräften, man bevorzuge den Gastgeber. Cruz selber hatte Frings in den Verhandlungen entlastet. Ob man mit ihm gegen Italien Weltmeister geworden wäre? Man weiß es nicht, aber man kann es sich vorstellen.



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