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Da stand ich nun also, auf einem großen umzäunten Trainingsplatz, von welchem man direkt auf das Meer schauen konnte. Die Wellen donnerten im leichten Wind gegen die Felsen an der Küste, die Sonne knallte auf meinen Kopf. Auf der Fahrt nach Trapani hatte ich mich natürlich über die Mannschaft schlau gemacht, ich wollte schließlich nicht ganz unvorbereitet einfach so zu einem Probetraining auftauchen.
Der Trainer:
Serse Cosmi genießt in Italien absoluten Kultstatus. Sein bullenhaftes Äußeres in Verbindung mit skurrilen Modeaccessoires lassen ihn mehr zu einem Mafiaboss, als zu einem Fußballtrainer werden. Auch scheut sich der 57-Jährige nicht, am Spielfeldrand mal die Sau rauszulassen. Cosmi trainierte schon einige Klubs aus der Serie A, der ganz große Erfolg ließ jedoch noch auf sich warten. Cosmis Temperament sorgte schon öfters dafür, dass er sich mit dem Vorstand diverser Vereine zoffte und so vorzeitig seinen Posten als Cheftrainer räumen musste. Nun will er in Trapani durchstarten und eine recht unerfahrene Mannschaft in der Liga etablieren.
Die Mannschaft:
TOR:
Nicolas David Andrade (27 Jahre) ist im Kasten der Sizilianer gesetzt. Der Schlussmann kam im Sommer als Leihgabe von Hellas Verona auf die Insel und soll sein Gehäuse wenn möglich sauber halten. Mit Andrea Fulignati (21 Jahre) und Emanuele Geria (20 Jahre) stehen zwei talentierte Jungspunde als Back-Up bereit.
ABWEHR:
In der Innenverteidigung sind die beiden Italiener Romano Perticone (29 Jahre) und Gennaro Scrognamiglio (29 Jahre) gesetzt. Perticone kam im Sommer vom FC Empoli, Scrognamiglio ist ebenfalls neu und konnte sich in der vergangenen Saison bei Drittligist Benevento Calcio für höhere Aufgaben empfehlen. Sollte das neue Innenverteidiger-Duo Probleme mit der Eingewöhung haben, steht mit Luca Pagliarulo (32 Jahre) zudem noch der langjährige Kapitän zur Vergfügung, der nach einer schweren Sprunggelenksverletzung aber wohl nicht mehr erste Wahl ist. Mit den beiden Youngsters Tulio Marotti (20 Jahre) und Andrea Accardi (20 Jahre, geliehen von Palermo), sowie dem Oldie Christian Terlizzi (36 Jahre) stehen Cosmi zudem noch weitere Alternativen bereit.
Auf den defensiven Außenbahnen ist ebenfalls eine gelungene Mischung aus erfahrenen und talentierten Spielern vorhanden. Simone Rizzatto (34 Jahre) beherbergt nun seit drei Jahren die Position des Linksverteidigers und beackert seine Seite hervorragend. Hinter ihm stehen mit Andrea Pastore (21 Jahre) und Giacomo Corduas (21 Jahre) jedoch zwei aufstrebende Jungspieler.
Auf der rechten Seite konnte man sich mit der Verpflichtung von Pasquale Fazio (26 Jahre) von Ligakonkurrent Ternana Calcio sehr gut verstärken. Mit Antonino Daí (31 Jahre) steht auf dieser Position zudem noch ein Spieler, der seit Jahren seiner Rolle als Back-Up mehr als gerecht wird und es nun endlich in die erste Elf schaffen will.
MITTELFELD:
Trapani ist im Mittelfeld hervorragend mit Zentrumsspielern bestückt, während über die Außenbahnen eher weniger geht. Mit Maurizio Ciaramitaro (33 Jahre) und Antonio Barilla (27 Jahre) hat man das Herzstück der Mannschaft im Zentrum stehen. Beide Spieler harmonierten in den vergangenen Spielzeiten perfekt miteinander. Neu dazu ist nun Matteo Scozzarella (27 Jahre) gekommen, der bei Atalanta Bergamo den Durchbruch nicht schaffte, immer wieder aber tolle Anlagen zeigte. Dieses Dreigestirn könnte das Spiel der Sizilianer in der kommenden Spielzeit lenken und in die Hand nehmen. Mirko Eramo (26 Jahre) identifiziert sich auf gleicher Position zudem mit der Jokerrolle, der junge Janis Cavagna (20 Jahre) wird ebenfalls das ein oder andere Mal Luft auf dem Feld schnappen dürfen - genau so wie Davide Raffaello (27 Jahre).
Vor der "Zentralen Drei" wird Coach Cosmi dann aller Voraussicht nach auf einen echten Edeltechniker auf der Zehn setzen. Mit Igor Coronado (23 Jahre) vom FC Floriana, konnte man hier einen echten Supertechniker für den Klub gewinnen. Doch die Konkurrenz schläft nicht, auch Felipe Sodinha (27 Jahre) - Neuzugang aus Brescia - hat höchste Ambitionen auf diesen Platz.
Übrigens: Der offensive Zehner, das war auch meine Position in meinen Klubs, bei denen ich die letzten Jahre gespielt habe. Die Konkurrenz hier in Trapani ist aber natürlich ernorm und deswegen mache ich mir nur wenig Hoffnung.
Wie schon gesagt, ist das Spiel des Teams eher auf einen zentralen Weg zugeschnitten, weswegen es nur zwei "echte" offensiven Außen gibt. Simone Basso (33 Jahre) ist im rechten Mittelfeld beheimatet, hat im aktuellen System allerdings nur wenig Chancen auf Einsatzzeit. Der Bosnier Enis Nadarevic (28 Jahre) ist eigentlich Linksaußen, wurde in diesem Sommer aber auch als Sturmalternative vom FC Genua verpflichtet.
STURM:
Adriano Montalto (27 Jahre) gilt als einer der schnellsten Stürmer der Liga - umso glücklicher ist der Klub um die Verpflichtung des Turbo-Mannes (kam von Martina Franca). Ob Montalto allerdings eine Chance auf die erste Elf haben wird, bleibt abzuwarten. Publikumsliebling Nicola Citro (26 Jahre) wirkt zwar manchmal etwas lauffaul, ist mit seinen Toren allerdings kaum aus der Startelf wegzudenken. Mit Ernesto Torregrossa (23 Jahre) konnte man nun zudem einen echten Mittelstürmer auf Leihbasis verpflichten. Bei Hellas Verona stellte der Sturmtank seine Torjägerqualitäten schon einige Male unter Beweis. Zudem stehen mit Pasquale De Vita (21 Jahre) und Claudio Sparacello (20 Jahre) noch zwei torhungrige Sturmtalente im Kader.
Und nun stand ich erstmals LIVE mit den Jungs - von keinem hatte ich im Vorfeld übrigens je etwas gehört - auf dem Trainingsplatz. Etwas unbeholfen und abseits von allen, schlenderte ich mit einem Ballnetz auf das Grün. Ich hatte eine kurze Trainingshose und ein ärmelloses Sportshirt von einem Betreuer bekommen - im Gegensatz zu der Kleidung der anderen, war meine jedoch nicht numeriert. Ich war halt nur zum Probetraining hier. Und auch die Sprache machte mir natürlich sehr zu schaffen. Ich hab mir in meinen ersten Tagen in Italien zwar etwas von der Sprache angewöhnt und konnte die einfachsten Grundlagen, als der Trainer jedoch plötzlich begann seine Begrüßungsrede im Kreis der Spieler zu halten, verstand ich kein Wort.
Und auch sonst fühlte ich mich nicht sonderlich wohl zwischen den ganzen Spielern, die mich nicht groß zu beachten schienen und ihre Späßchen unter sich trieben. Na gut, dann musste ich mich halt im Spiel beweisen und in den Fokus spielen! Dafür war ich schließlich hier! In den ersten Einheiten ging es jedoch ersteinmal ohne den Ball zu. Wir sprangen über Hütchen, liefen rückwärts so schnell wir konnten und tippelten in kurzen Schritten zwischen zwei Stangen umher. Puh! Das hatte ich mir etwas anders vorgestellt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit was es dann aber endlich soweit. Der Ball kam ins Spiel! Und ich war sofort in meinem Element. In der ersten Übung nagelte ich den Ball gleich zwei Mal von der 16-Meter-Linie ins Kreuzeck, ein dritter Schuss knallte mit voller Wucht an den Innenpfosten. So langsam kam ich dann aber auch besser mit den Jungs ins Gespräch - wenn man von "Gesprächen" reden kann. Antonino Daí klopfte mir ein paar Mal lobend auf die Schultern und Nicola Citro zeigte mir den Daumen für gelungene Aktionen. Ich lächelte schüchtern.
Im abschließenden Trainingsspiel lief es dann ebenfalls ganz gut. Zwar schoss ich kein Tor, mit meiner Technik ließ ich den ein oder anderen Verteidiger jedoch öfters mal ins Leere rutschen. Und das honorierte dann kurz vor Ende selbst Trainer Cosmi, der mich bis dato gefühlt nicht bemerkt hat, und drückte mich liebevoll an sich.
Ich merkte während des Trainings durchaus, wie ich mit den Jungs mithalten konnte. Auch wenn es mit der Kommunikation nicht klappte und ich nicht wusste, ob diese Trainingseinheit eine einmalige Sache bleiben sollte, ging ich nach dem Training sichtlich zufrieden zu meinem Bruder, der mich die ganze Zeit von der Seitenlinie aus beobachtet hat. Neben ihm stand der Mann, der mich damals am Strand angesprochen hatte - scheinbar eine Art Scout des Klubs! In gebrochenem Arabisch sprach er zu mir: "Sehr gut, sehr gut! Du hast mir gefallen und ich glaube dem Trainer auch. Ich werde mit den Bossen reden, mal sehen wie es weiter geht!"
Eine Zusage sieht natürlich anders aus, dennoch war ich nach der Einheit sehr zufrieden und fuhr wieder nach Hause.
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