Es war der 30.Oktober 2015, den ich schon lange herbeisehnte. Der letzte Check beim Mannschaftsarzt verlief positiv und ich gab meinem Coach per SMS das OK, dass ich fit sei. Erwartungsgemäß stand ich auch direkt in der Startformation, allerdings spielte Al Raheb neben mir und nicht Al Sahlawi, der nach seiner Verletzung auch wieder fit war. Vor der Partie beschäftigten mich aber noch andere Gedanken, meine Zukunft. Mein Berater wollte sich diese Woche einmal melden, doch bisher habe ich noch nichts von ihm gehört, vermutlich war er das Wochenende bei seiner Familie. Ich überlegte vorallem, wie es weitergehen würde. Sollte es in Arabien weiter fußballerisch so toll laufen und ich mal das Glück haben, von Verletzungen verschont zu bleiben, würde ich wohl oder über die Liga kurz und klein schießen, die Gegner bemühten sich zwar, aber vom Niveau her konnten die meisten kaum mit einem Mittelklasseteam der rumänischen zweiten Liga mithalten. Ich hoffte, dass das auch in Europa für Aufsehen sorgen würde, war aber besorgt, dass die nicht gerade viel im Fokus stehenende arabische Liga durchaus auch eine Sackgasse sein könnte. Auf Dauer würde ich es hier glaube ich nicht aushalten, es war selbst im europäischen Herbst hier noch extrem heiß, dazu machte mich die Entfernung von meinen Freunden auch nicht wirklich glücklich. Doch ich versuchte mich, auf den Fußball zu konzentrieren, mit guten Leistungen könnte ich mich selbst für ein anderes Team empfehlen.
Al Nassr 3:0 Al Qadisiyah
1:0 Tatarusanu 4.
2:0 Tatarusanu 8.
3:0 Tatarusanu 45.
Ich war heiß und brannte auf das Spiel gegen den Tabellenvorletzten Al Qadisiyah. Alles andere als ein klarer Sieg wäre ein klare Enttäuschung gewesen, von Beginn an spielten wir nach vorne, drückten den Gegner hinten rein und nach nur 4 Minuten bekam ich einen Pass von Mokhtar perfekt in den Lauf gespielt, ließ einen Verteidiger stehen und knallte das Leder mit Gewalt ins Eck. Ein Schrei der Erleichterung und ein Schlag mit der Faust auf die Brust, was bedeuten sollte: Sorin ist wieder da! Für die Balotelli-Pose musste ich noch ein wenig üben, doch spätestens nächstes Monat wollte ich die auch im Programm haben. Vier Minuten später zeigte sich erneut der krasse Unterschied zwischen unserem Team und dem Rest der Liga, von der Mittellinie setzte ich zu einem Solo an, ließ wieder einen Verteidiger stehen, spielte einen Doppelpass mit Mierzejewski und der Pole legte mir die Kugel perfekt zurecht, sodass ich nur noch abziehen musste, 2:0 nach 8 Minuten, läuft! Mit Fortdauer kamen die Gäste ein wenig besser zurecht, auch wenn kurz darauf Sufyani mit einem gewaltigen Schuss aus rund 35 Metern die Querlatte traf. Kurz vor der Pause, Al Qadisiyah war bisher immer noch nicht in die Nähe unseres Tores gekommen, legte ich einen drauf, nach einem Eckball kam ich zuerst an einen Kopfball heran, die zu kurze Abwehr landete bei Husain, der den Ball erneut in den Strafraum brachte, diesmal saß der Kopfball besser, Hattrick!
Zur Pause durfte ich dann draußen bleiben, es kam Maïga ins Spiel, ich nahm neben Al Sahlawi Platz, verfolgte die Partie, aber wirklich gefährlich wurde es ob des Qualitätsverlustes nicht mehr. Kurz vor dem Schluss durfte auch Al Sahlawi noch ran, traf einmal die Außenstange und sorgte in knapp 5 Minuten für mehr Gefahr als Al Raheb und Maïga in den 40 Minuten davor. Der Blick auf die Tabelle zeigte: Al Hilal war uns mit 3 Punkten Rückstand auf den Fersen, mit etwas Respektabstand folgte dann eine größere Gruppe, unten drinnen sind mit Hajer, Najran und unserem heutigen Gegner schon 3 Teams ziemlich abgerissen.
Der Blick auf die Tabelle nach 9 Spielen.
Danach stand die Länderspielpause an, ich wurde diesmal nicht für den Kader Rumäniens nominiert, da ich erst kürzlich wieder genesen war und man kein Risiko einer zu großen Belastung eingehen wollte. Ich blieb, anders als zuletzt in Saudi-Arabien und feierte mit Adrian Mierzejewski dessen Geburtstag. Einem Polen und Rumänen alkoholfreie bunte Cocktails aufzutischen war ohnehin so, wie wenn du ihn ins Gesicht schimpfst, aber daran konnten wir leider nichts ändern. Ich musterte nur jeden Drink genau, ob es nicht dieses grausige Zeug war, dass mir Becali damals vorgesetzt hatte. Apropos Becali, mein Plan schien tatsächlich aufzugehen, denn unter der Woche bekam ich vom Scheich eine Nachricht überstellt, dass Becali wen wüsste, der den Job übernehmen würde und da dieser Jemand ohnehin keinen Job hatte im Moment, könnte die Person da sofort einspringen. Ich bereitete derweil schon alles auf die Ankunft von Ioana vor, zum Glück konnte sie in meinem eigenen Hause ganz ohne Abaya und meinetwegen auch ohne anderes herumlaufen, deshalb suchte ich zu allererst nach Vorhängen für meine Fenster. Anscheinend gab der typische Araber nicht viel auf Privatsphäre, denn ich hatte nicht nur gezählte 30 Fenster im Haus, sondern weder Rolleau, noch Vorhänge. Zumindest wusste ich, dass ich im Schlafzimmer die schwarze Abaya vor das Fenster hängen konnte, da diese besonders gut das Licht draußenhält, nur von der Form her passte sie nicht ganz. Da kam mir die Spielpause ganz gelegen, um alle möglichen Besorgungen zu machen und mein Haus nach meinen Wünschen einzurichten. Natürlich durfte auch eine Steaua-Fahne nicht fehlen, die hier allerdings extrem schwer aufzutreiben war. Zwar konnte ich Becali auf den Tod nicht mehr leiden, aber mein Herzensverein war und blieb nach wie vor Steaua. Rechtzeitig vor dem nächsten Spiel bekam ich dann auch die Nachricht, dass der Dolmetscher für Estoyanoff nach dem Spiel in Riad eintreffen würde. Ich hatte absichtlich schon länger nicht mit Ioana geschrieben, um unser Wiedersehen besonders intensiv zu gestalten, da schien sie drauf zu stehen.
Al Fateh 0:2 Al Nassr
0:1 Tatarusanu 24.
0:2 Al Sahlawi 68.
Ein typisches Spiel, was eigentlich keine Erwähnung verdient hätte, es passierte nicht viel, der Gegner stand tief und verlegte sich im eigenen Stadion aufs Kontern. Das gelang mit mäßigem Erfolg, so richtig in die Lage für einen gefährlichen Abschluss kamen sie kaum. Dann kam die 24. Minute, auf der linken Abwehrseite leistete sich der Verteidiger, dessen Namen ich in die Kategorie unaussprechbar einordnete, einen schweren Fehler, Adrian spielte mir den Ball scharf zur Mitte, ich stoppte, zog zwei Verteidiger auf mich, die keine Anstalten machten, mich zu attackieren, also chippte ich den Ball rotzfrech ins lange Eck und hatte mal wieder einen Treffer. Es war schon fast beängstigend, wie leicht das hier ging, doch so leicht sollte es uns der Gegner nicht noch einmal machen. Kurz vor der Pause hatten wir einmal großes Glück, als sich Husain bei einem Eckball übel verschätzte und einen Kopfball zuließ, den aber El Enezi, unser Torhüter noch über die Latte drehen konnte. Um die 60. Minute herum kam dann auch Al Sahlawi, doch leider musste ich ins rechte Mittelfeld zurückrücken und beackerte nun den Flügel. Dort war kaum ein Verteidiger meinem Speed gewachsen, sodass es ein leichtes war, die Flanke auf Maïga zu schlagen, der sich den Ball perfekt herunter nahm, aufblickte, den völlig freistehenden Al Sahlawi erblickte und uneigennützig auflegte. Mit dem 2:0 feierten wir einen weiteren wichtigen Sieg, ich machte mich schnell auf zum Duschen und wollte mich gerade auf den Weg zum Flughafen machen, um Ioana, also meine Dolmetscher-Freundin vom Flughafen abzuholen, als mich jemand vor dem Stadion von hinten auf die Schulter klopfte und ich im Undrehen noch den Schock meines Lebens bekam, als ich in die Augenschlitze des 'Sensenmannes' blickte!
Das 1:0 aus dem Stand in der 24. Minute, Sorin in der Liga in Torlaune!
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