Wie kann man es denn hier nur länger als ein paar Minuten da draußen aushalten? Das waren die ersten Gedanken, als ich knapp nach 15 Uhr aus dem Flugzeug stieg und mir nach dem Ausstieg und dem Durchqueren der Flughalle ein Luftstoß entgegenbließ. 42 Grad zeigte das Thermometer an, das gefiel mir schon mal gar nicht. Zum Glück musste ich mich nicht um mein Gepäck kümmern, denn das wurde mir vom Flughafen direkt ins Hotel, wo ich vorerst wohnen würde, gebracht. Auf den ersten Blick wirkte hier alles sehr fremd, breite Straßen, Autos, soweit das Auge reicht, zumeist weiße, Ferraris, Lamborghinis, Aston Martin, alles keine Seltenheit hier. Daneben stand Palmen und jede Menge Leute, die zum größten Teil weiß angezogen waren. Zum Denken hatte ich aber ohnehin kaum Zeit, denn der Zeitplan war ziemlich stressig. Ich sollte mich sofort beim Trainer melden und ins Training einsteigen, denn bereits nächste Woche würde ein Vorbereitungsturnier in Korea steigen, da würde ich auch schon mitspielen. Ich verbrachte die meiste Zeit im Hotel, das über eine Klimaanlage verfügte, außerdem kannte ich hier ohnehin niemanden. Die Mannschaft hatte ich auch schon kennengelernt, fast alles Araber, doch mit Younes Mokhtar fiel mir ein Spieler auf, den ich kannte. Auf meinem Laptop studierte ich den Kader nochmals genauer, mit dem Polen Adrian Mierzejewski, dem Uruguayer Fabian Estoyanoff und Modibo Maïga standen zudem noch weitere Spieler aus nicht-arabischen Ländern im Kader. Vorallem mit dem Polen konnte ich bereits einige Worte wechseln, er war sehr sympathisch und auch einer der wenigen, die englisch sprachen.
Der aktuelle Kader von Al-Nassr im Detail.
Was mir ebenfalls sofort auffiel, war, dass das Team 7 Torhüter im Kader hatte, aber neben mir nur 4 weitere Stürmer, dadurch, dass man manchmal auch mit einem 4-3-3 spielte, erschien mir das extrem wenig und ich rechnete mir einen Stammplatz aus.
Ich traf mich am Abend noch mit Adrian Mierzejewski, der nun schon ein Jahr hier ist und ließ mir das wichtigste über Arabien erklären. Ebenso versuchte er mir die wichtigsten Begriffe auf arabisch beizubringen, aber ich hatte schon bei der Aussprache grobe Probleme und ließ es deshalb sein. Mir fiel auf, dass in dem Raum, in dem wir saßen und Wasser tranken, immer wieder Gestalten in komplett schwarzer Montur vorbei gingen, die aussahen wie der Tod, der seine Sense vergessen hatte. Adrian erklärte mir, dass das eine Ganzkörperverschleierung war, die Frauen in Arabien verpflichtet waren zu tragen. Sofern es so etwas mit Klimaanlage auch geben würde, würde ich damit sofort auch herumlaufen, auch wenn sich durch die schmalen Schlitze mein Blickfeld ziemlich einengen würde. Kaum auszudenken, was passieren würde, wenn man da drinnen Blähungen hat! Ich saß mit Adrian noch bis in die Abendstunden und unterhielt mich, weil draußen ein Sandsturm tobte und wir das Hotel nicht verlassen sollten. Es war noch recht früh, als wir uns verabschiedeten, aber da morgen um 7.30 Uhr früh bereits der Abflug nach Korea anstand, war mir das nicht so unrecht. Ich behielt es mir nicht vor, Bogdan ein Foto der 'schwarzen Gestalten' zu schicken und schrieb dazu:
'Alter, das glaubst du nicht, dein Prinzip, dass bei manchen Frauen gründlich verschleiern besser sei, hat hier Anwendung gefunden, ich bin aber überrascht das es so viele sind! Machs gut, Sota!'
Ich schlief diese Nacht schlecht und holte deshalb im Flieger einiges nach, was man uns zum Glück auch ließ. Knapp zwei Wochen würden wir in Korea sein und uns mit Al-Taawoun und Al-Raaed aus der eigenen Liga und mit Busan I'Park aus Korea messen, eine Gruppe, die wir vorhatten zu überstehen. Das gelang uns zum Glück auch, zu meiner Freude durfte ich im ersten Spiel gegen Al-Taawoun gleich in der Startformation stehen, konnte zwei Treffer erzielen und wurde nach einer knappen Stunde ausgewechselt.
In der zweiten Partie fand ich mich auf der Bank wieder, hatte dafür aber auch Verständnis, denn der Coach wollte nun auch die anderen Spieler testen. Leider ging das nach hinten los und wir kassieren gegen Al-Raaed eine bittere 3:2 Niederlage. Bitter deshalb, weil uns Darragi alle drei Tore einschenkte und Madu mit einer mehr als dummen gelb-roten Karte schon kurz vor der Pause duschen musste.
Im Abschlussspiel ging es um alles, ich wurde zur Pause für Al Raheb eingewechselt, zu diesem Zeitpunkt stand es 1:1. Das würde nicht reichen für die K.O. Phase, deshalb mussten wir nochmals Gas geben. Ich bekam den Ball von Estoyanoff zugespielt, ließ einen Koreaner ins Leere fahren und sah Adrian in den freien Raum sprinten. Meinen Pass erwischte er noch gerade vor der Linie, schlug eine bemerkenswert gute Flanke zur Mitte und Maïga köpfte ein, Sieg!
Gruppenspiele:
Al Nassr 4:0 Al Taawoun
1:0 Tatarusanu 16.
2:0 Tatarusanu 43.
3:0 Al Raheb 51.
4:0 Al Raheb 69.
Al Raaed 3:2 Al Nassr
1:0 Darragi 6. (E.)
1:1 Mierzejewski 28.
1:2 Mierzejewski 32. (E.)
2:2 Darragi 45.
3:2 Darragi 50 (E.)
Gelb-Rot: Madu 43. (NAS)
Al Nassr 2:1 Busan I'Park
0:1 Bill 26.
1:1 Ghaleb 45.
2:1 Maïga 86.
Auch im weiteren Verlauf bekam ich meine Minuten, im Halbfinale gegen Jeju United waren es nur 20, doch ich konnte das 2:0 durch Sturmpartner Al Sahlawi vorbereiten, ein super Spieler, der mir sehr gut gefiel und wohl mein Sturmpartner werden würde. Letzendlich wurde es ein 3:0 Sieg, im Finale trafen wir auf Seongnam, die sich ebenfalls 3:0 gegen Al Raaed durchsetzen konnten.
Im Finale durfte ich wieder von Beginn an ran, konnte erneut eine gute Leistung zeigen und in der 12. Minute das 1:0 erzielen. Danach lief es nicht mehr so gut, man merkte mir die Umstellung doch noch an, es gelang an diesem Abend auch nicht alles. Nach einer guten Stunde wurde ich wieder ausgewechselt, dass es danach super lief, gefiel mir gar nicht, mein Ersatz, Al Raheb konnte auch zwei Tore erzielen, doch ich redete mir ein, dass ich mit Al Shahrani am besten zurecht kam da vorne, mit Maïga heute funktionerte das alles andere als gut. Mit einem letztendlich klaren und in der Höhe nicht ganz gerechten 5:0 Sieg konnten wir das Turnier gewinnen, flogen voller Selbstvertrauen nach Riad zurück, dabei hatte mir Korea gerade angefangen zu gefallen....
KO-Spiele:
Al Nassr 3:0 Jeju United
1:0 Ghaleb 70.
2:0 Al Sahlawi 75.
3:0 Al Sahlawi 88.
Al Nassr 5:0 Seongnam
1:0 Tatarusanu 12.
2:0 Maïga 62. (E.)
3:0 Husain 67.
4:0 Al Raheb 71.
5:0 Al Raheb 92.
Die weiteren Wochen bis zum Saisonstart verliefen ziemlich langsam, ich konnte mich noch nicht wirklich mit der Umgebung hier anfreunden, verbrachte die meiste Zeit mit Adrian, nach ein paar Wochen traf ich mich auch ein paar Mal mit Mohammed Al Sahlawi, doch die Kommunikation gestaltete sich als sehr schwierig, da er nicht besonders gut englisch sprach. Aber ich merkte schon, dass er einer der Spieler war, mit denen man in dieser Liga viel erreichen kann. Immer wieder verbrachte ich auch die Abende vor dem Computer mit Ioana, die ich mehr als je vermisste, doch die hatte noch keine Idee, wie sie am besten nach Arabien nachkommen würde. Ich überlegte auch, wie ihr so eine Burka stehen würde, ich würde mich vermutlich vor Lachen nur schwer einkriegen können.
Dann stand auch endlich der Saisonstart vor der Tür, ich hatte anscheinend im Training einen guten und motivierten Eindruck hinterlassen, durfte nicht nur von Beginn an ran, sondern auch über die gesamte Spielzeit spielen. Die Partie ansich wurde zum Spiel auf einer schiefen Ebene, man sah uns als haushoher Favorit auf den Titel und das untermauerten wir auch gleich von Beginn an eindrucksvoll. Dass am Ende so etwas dabei rauskam, hätte ich mir auch nicht gedacht, 0:8 hieß es am Ende, eine Demütigung, mit einem lupenreinen Hattrick in 20 Minuten und einem weiteren Treffer kurz vor der Schlussviertelstunde konnte ich mich auch super in Szene setzen!
1.Spieltag: Al Faisaly 0:8 Al Nassr
0:1 Tatarusanu 9.
0:2 Tatarusanu 18.
0:3 Tatarusanu 29.
0:4 Ghaleb 36.
0:5 Al Sahlawi 42.
0:6 Al Raheb 43. (E.)
0:7 Tatarusanu 74.
0:8 Ghaleb 91.
Wer dachte, dass es aber so weiterlaufen würde, der hatte sich getäuscht. Eine Woche später gab es das Derby gegen Al Shabab. Ich stand wieder in der Startformation, konnte ich auch direkt wieder gut in Szene setzen, doch vorerst blieb mir der Torerfolg verwehrt. Es war eine ausgeglichene Partie und es war eine Bombenstimmung hier im Stadion. Knapp 60.000 Zuschauer peitschten uns voran, die Kulisse motivierte mich zusätzlich und ich legte noch ein Schäufchen zu. Mit einem Steilpass ließ ich zwei Verteidiger ziemlich alt aussehen, ich bekam erneut eine Flanke zur Mitte, stand richtig und kam mit dem Bein gerade noch so an den Ball, dass er im Tor landete. Meine Teamkollegen begruben mich unter sich, ein Derbytreffer, besser hätte das Kapitel in Arabien ja nicht beginnen können. Doch dass im Fußball alles sehr schnell geht, wurde mir kurz darauf bewusst. Vor wenigen Minuten noch am Jubeln, wurde ich auf der linken Seite übel von der Seite umgegrätscht, landete unsanft auf dem Rasen und spürte sofort, dass etwas nicht stimmt!.....
2.Spieltag: Al Shabab 1:2 Al Nassr
0:1 Tatarusanu 30.
1:1 Rafinha 75. (E.)
1:2 Al Raheb 93.
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