Ende September war es und nach dem hart umkämpften Sieg in der letzen Runde mahnte uns Thomas Tuchel, konzentriert zu bleiben und keinesfalls zu glauben, dass alles einfach von alleine laufen würde. Im Spiel beim FC Augsburg musste wir auf Ilkay Gündogan verzichten, der sich im Training das Schienbein geprellt hatte und rund 3 Wochen ausfallen würde. Das machte sich auch merkbar im Kreativspiel bemerkbar, denn nur selten gelang es uns, sehr gut und tief stehende Augsburger, die tief unten in der Tabelle steckten und jeden Zähler brauchten, auszuspielen. Eine einzige nennenswerte Chance fanden wir in der ersten Halbzeit vor, als ich von Marco Reus den Ball gut serviert bekam, im Abschluss aber an Marvin Hitz scheiterte. Vorallem Matavz und Klavan waren im 1-gegen-1 eine Macht und so lief ich mir ein ums andere Mal die Seele aus dem Leib, aber wirklich gelingen wollte mir heute nicht so viel. In der 58. Minute wurde ich dann ausgetauscht, Adrian Ramos kam für mich, ich lächelte ihn beim Abgang, klopfte ihm auf die Schulter und gab ihm ein 'versuch dein Glück!' mit auf den Weg. Lange Zeit hatte auch der Kolumbianer Mühe mit der Abwehr, aber in der 85. Minute fand ein Schuss doch den Weg durch, Hitz konnte parieren, es gab Eckball. Diesen brachte Reus scharf zur Mitte, in der Mitte gab es eine Menschenansammlung, ein Raunen im Stadion und einen Pfiff. Keiner konnte genau sagen, was passiert war, ein Handspiel war nicht zu sehen, womoglich hatte der Unparteiische ein Foul an Kagawa gesehen, der zu Fall gekommen war, doch der Strafstoß war sehr hart. Adrian Ramos war es egal, er nahm die Pflicht an und traf zum 0:1 Dabei blieb es auch, denn nur ein paar Minuten später gab es den Schlusspfiff, während erboste Augsburger noch den Schiri umzingelten und eine Erklärung für den Elfer suchten, jubelten wir mit den mitgereisten Fans.
Unter der Woche bekamen wir gegen den RSC Anderlecht auch die Gegenseite eines späten Elfmetertores zu spüren. Dabei war dieser Ausgang mehr als bitter, denn über 80 Minuten kamen die Belgier kaum vor unser Tor, beschränkten sich komplett auf die Defensive und das mit Erfolg. Erneut ohne Gündogan fehlte uns die Durchschlagskraft, um die gut stehenden Gastgeber ins Wanken zu bringen. Leider war es kein wirklich interessantes Spiel, welches sich den Fans bot, doch die schien das wenig zu stören, ein Punkt gegen Dortmund schien Entschädigung genug für diesen Hundskick. 80 Minuten durfte ich dieses Mal mein Glück versuchen, mehr als ein Stangenschuss nach einem Foul von Kara Mbodji an mir Mitte der zweiten Halbzeit gelang mir jedoch auch nicht, zu dicht wurde es um den gegnerischen Sechzehner. Bei einem Distanzschuss von Marco Reus in der 78. Minute wurde es auch noch gefährlich, aber auch hier war Lecomte zur Stelle. Kurz nachdem Ramos dann gekommen war, musste sich jedoch Shinji Kagawa nach einem übermotivierten Einsteigen und der zweiten gelben Karte vorzeitig verabschieden, nun witterte Anderlecht seine Chance und spielte auch nach vorne. Doch einzig einem schweren Schnitzer von Sarr und dem Foul von Sokratis war es zu verdanken, dass die Belgier heute alle 3 Punkte behielten. Youri Tielemans blieb cool und verwertete den Strafstoß, Bürki erriet die Ecke, kam aber nicht mehr heran.
Nach der Partie gab es eine zweiwöchige Pause, in der die Testspiele stattfanden, wir testeten gegen Deutschland und Spanien, doch ich wurde dieses Mal nicht einberufen, da der Coach auch für die WM Alternativen testen wollte. Ebenso wurde Gündogan wegen der noch nicht ganz ausgeheilten Verletzung nicht einberufen und so lud ich einige meiner Kollegen, darunter Ilkay Gündogan, Sven Bender und Matthias Ginter ein, zusammen das Spiel zu schauen. Zusammen mit Chips und dem ein oder anderen Bier wollten wir uns die Partie zusammen ansehen, Ioana gab mir das OK dafür. Schon einige Stunden vor dem Spiel fand sich Ilkay bei mir ein und half mir beim Einkaufen, ich war schließlich noch nicht so lange hier.
'Was meinst du, was brauchen wir alles?'
'Also Chips auf jeden Fall, nimm diese hier,' sagte Ilkay, nahm 2 große Packungen und legte sich in unseren Einkaufswagen,
'und Bier!'
Ich grinste:
'Soso, wusste ich es doch, das ist der Beruf an sich und nicht die Freunde, die mich zum Alkohl getrieben haben!'
'Was ist denn Fußball gucken ohne Bier?' fragte mich Ilkay und holte zwei Sixpacks.
'Das passt schon, ist zwar für uns vier vielleicht zu viel, aber deine Freundin ist ja schwanger, du brauchst es also sicher in den nächsten Wochen.' scherzte er und stieß mich kurz an der Schulter.
'Wann ist es denn soweit?'
'Mitte November sagt der Arzt, also in 4-5 Wochen etwa.'
'Etwa? Habt ihr noch gar keinen Termin?'
'Termin, wofür denn,' fragte ich, während ich die Sachen auf das Kassaband legte.
'Na für den Kaiserschnitt, oder habt ihr das nicht vor?'
'Da bin ich überfragt, aber ich glaube nicht.'
'Und wisst ihr schon, was es wird?'
'Nein, Ioana wollte es nicht wissen und ich eigentlich auch nicht, ich lass mich gerne überraschen.'
Wir zahlten und wollten uns auf den Heimweg machen, als und einfiel, dass wir womöglich eine Kleinigkeit zu essen hätten kaufen sollen. Ilkay checkte noch schnell sein Handy, doch ich kam ihm mit dem Vorschlag zuvor, schnell bei McDonalds vorbeizufahren. Er nickte ein paar Mal und tippte etwas in sein Smartphone, bis er kurz darauf zu mir sagte:
'Hey Sorin, Mats ist auch in der Stadt, was meinst du, er muss auch noch zu uns.'
Ich nickte, fasste in meine rechte Hosentasche und gab ein kurzes
'schon dabei' von mir. Nach kurzem Klingeln meldete sich Mats auch schon:
'Hummels!'
'Mats, Alter, ich bin's, Sorin, Ilkay hat mir gesagt, du bist in der Stadt. Komm doch später bei mir vorbei, die Jungs und ich schauen uns das Spiel im Fernsehen an.'
'Sorin, ja, das lässt sich einrichten, mein Flieger geht ohnehin erst morgen nach England zurück, ich war nur kurz hier, um noch ein paar Sachen zu erledigen und den Mietvertrag für meine Wohnung zu kündigen. Klar, ich komme vorbei, habt ihr alles?'
'Klar, Chips und Bier ist eingepackt, holen noch schnell eine Kleinigkeit von Mecces. Ich schicke dir die Adresse. Bis dann!'
'Bis dann Sorin, freu mich, ich hab auch was mit. Achja und sag Ilkay, er soll nicht ständig meinen Twitter-Account stalken!'
Wir machten uns also noch schnell auf zu McDonalds und entschieden uns für den DriveIn, das ging meist schneller.
'Nimm einfach ein paar normale Burger, für jeden einen und zwei große Pommes, das sollte reichen.' riet mit Ilkay noch schnell, bevor schon die Stimme für die Bestellung.
'Bitte, was darf es sein.'
'Ja, Hi, also äääähm 5 Hamburger und zwei große Pommes bitte.'
'Hamburger TS?'
'Nein, Hamburger SV, aber ich spiele bei Borussia Dortmund, hat das eine Auswirkung auf meine Bestellung?'
'Wollen sie normale Hamburger oder Hamburger TS?' gab die etwas genervte Stimme zurück.
'Normale' lachte ich und wurde gebeten zum zweiten Schalter vorzufahren.
Ilkay bekam sich auf dem Nebensitz vor Lachen gar nicht mehr ein und erntete auch von Ioana einen leicht irritierten Blick, als er mit der großen McDonalds-Tüte in der Hand zur Tür hereinkam und einen Lachanfall bekam.
'Lass mich raten, du warst auch schon mal hier. Dieses Jahr am 14.Februar, ein Candlelight-Dinner mit Ciro, nur du uns er.'
Damit hatte er offensichtlich nicht gerechnet, denn kurz war es ruhig, bevor wir uns anblickten und unter Prusten erneut in schallendes Gelächter ausbrachen. Ioana lachte auch kurz mit. Kurze Zeit später fanden sich auch Sven und Matthias ein, kurz vor dem Start hatte es auch Mats rechtzeitig noch geschafft. Wir hatten uns die beiden Dreiercouches in eine Ecke hergerichtet und stellten den Fernseher schräg in die Mitte, damit wir gut sehen konnten. Auch Ioana wollte das Spiel sehen, seitdem wir nicht mehr in Rumänien wohnten, war es nicht selbstverständlich, ein Spiel unserer Nationalmannschaft in Fernsehen zu sehen.
'Mann, ist das komisch, das im TV zu sehen, wenn man genauso gut auch dort spielen kann!' sagte ich. Meine Kollegen stimmten mir zu. Das Spiel gab für uns leider keinen großes Anlass zum Jubeln, denn Deutschland führte schnell mit 1:0.
'Verdammt, das war doch Abseits,' gab Ioana genervt von sich. Mats Hummels, der neben mir saß meinte, da sei alles korrekt gewesen. Ich beugte mich zu ihm rüber und flüsterte:
'Das war ein rumänisches Abseits, das ist, wenn jemand schei.ße verteidigt, klingt besser, als es zuzugeben!' Mats zeigte beide Daumen hoch uns schnitt eine Grimasse. Ich nutzte den kurzen Moment und griff in seine Chipstüte und holte mir eine Portion heraus. Zu schnell für Mats, der die Packung zur Seite zog und mir nur ein
'Hey, das sind meine Chips!' entgegnete. Ich nahm eine Portion, gab die andere Hälfte Ioana und meinte:
'Ja, die sind gut.'
In der Pause forderte mich Ilkay dann auf, die McDonalds Story auch den anderen zu erzählen, da wir die Analyse zumeist nicht ertragen konnten. Matthias und Sven lachten sich ebenso kaputt wie Ilkay, während sich Mats nur ein kurzes Lächeln abringen ließ.
'Oh nein, er hat sich schon vom englischen Humor anstecken lassen!' scherzte ich entsetzt.
In der zweiten Halbzeit keimte auch bei uns Jubel und Hoffnung auf, als wir das 1:0 ausgleichen konnten, aber am Ende mussten wir doch einsehen, dass Deutschland eine Nummer zu groß war und verloren dieses Testspiel mit 3:1. Die Jungs verließen kurz danach wieder die Wohnung, es hatte uns allen großen Spaß gemacht, auch wenn wir nicht gewonnen hatten. Den zweiten Test gegen Spanien vier Tage später verloren wir auch knapp mit 1:0.
Nach der Länderspielpause meldete sich auch Ilkay Gündogan wieder fit und startete gegen Hoffenheim gleich von Beginn an. Man merkte deutlich, wie sehr er unserem Spiel abgegangen war, denn wir präsentierten uns ganz anders und deutlich verbessert gegenüber den letzten beiden Auftritten. Und der Comebacker war es dann auch, der mit zwei herrlichen Schüssen ins linke Eck eine 2:0 Führung herausspielte. Zwar konnte Zé Luis kurz darauf per Elfmeter verkürzen, nachdem Sarr ein mehr als dummes Foul begangen hatte, welches Thomas Tuchel sichtlich auf die Palme brachte, aber die Führung hielt bis zur Pause. Nach dem Wechsel und einen Kopf kleiner als zuvor, nachdem uns der Coach ob der teilweise wirklich stümperhaften Defensivleistung zusammengestaucht hatte, lief es zunächst eher mau, Hoffenheim attackierte nun früher und ließ und kaum mehr große Räume. Dieses laufintensive Spiel forderte aber im Finish seine Konsequenzen und nach einem abgefangenen Pass an der Mittellinie schaltete ich schnell, passte zum mit aufgerückten Ginter, lief nach links und bekam den Ball erneut in den freien Raum serviert. Mit dem 3:1 meldete ich mich auch als Torschütze wieder zurück.
Als nächstes standen Hamburger auf der Karte. Zu Gast beim Hamburger SV wollten wir uns aber keinesfalls verspeisen lassen, sondern selbst ordentlich zubeißen. Ordentlich zubeißen musste auch Johan Djourou nach gerade einmal 3 Minuten tat dies aber nicht auf die Kannibalismusvariante a la Suarez, sondern eher auf den Schock hinauf, nachdem ihm Sven Bender den Ball mit großer Wucht ins Gesicht schoss. Doch der Vorfall schien glimpflich ausgegangen zu sein, Hamburg behielt die weiße Weste, denn dieser Schuss wäre gefährlich geworden und Johan Djourou offenbar all seine Zähne. Offensiv bekamen wir aber schnell deutliches Übergewicht und in der 20. Minute war weit und breit kein Hamburger und Schweizer Kopf im Weg, als Gonzalo Castro aus rund 25 Metern abzog und Hamburg-Goalie Tiago Volpi bezwang. Der Brasilianer sah hierbei nicht gut aus, zwar war der Schuss sehr scharf, aber er schien nicht unhaltbar. Wer sich in weiterer Folge noch von dem Spiel etwas erwartet hatte, wurde bitter enttäuscht, denn viel mehr gab es nicht zu sehen. Hamburg hielt gut dagegen, konnte die meisten unserer Angriffe abfangen, die restlichen endeten zumeist mit harmlosen Schüssen oder im Aus. Die größte Chance hatte kurz nach der Pause Schipplock, als es nach einem Handspiel Elfmeter gab, doch der Deutsche schoss links neben der Stange vorbei, Bürki erriet erneut das Ecke, ob er da aber hingekommen wäre? Erfahren werden wir es wohl nie. 64 Minuten betrug meine Arbeitszeit heute, dann kam erneut Adrian Ramos für mich, aber der Kolumbianer blieb in seinen knapp 30 Minuten blass.
Am Dienstag stand dann wieder ein Heimspiel an, zuhause ging es in der Champions League gegen Zenit St.Petersburg. Man war gewarnt ob der Stärke der Russen und wir wussten, wie leicht hier auf höchstem Niveau etwas schief gehen konnte, das mussten wir zuletzt gegen Anderlecht am eigenen Leib erfahren. Und beinahe wäre auch heute gleich zu Beginn ordentlich etwas schief gegangen. Neven Subotic ließ nämlich nach nur 6 Minuten Danny über die Klinge springen und der Schiedsrichter zögerte nicht lange und zeigte auf den Punkt. Hulk legte sich den Ball zurecht, verzögerte den Anlauf und schoss drüber. Andre Villas-Boas wandte sich erbost ab, so ähnlich war die Geste von Thomas Tuchel wenige Augenblicke zuvor nach dem Foul von Subotic auch gewesen. Eines sah man heute wieder, der Abgang von Hummels hatte eine tiefe Lücke hinterlassen, die offen klaffte und hoffentlich im Winter gestopft werden würde. Mitte der ersten Halbzeit kamen wir auch zu einer wirklich guten Chance, aber im Abschluss nahm ich es mit dem Zielen zu genau und traf nur die Querlatte. Wir waren das bessere Team in dieser Partie, aber Zenit hielt uns zumeist durch forsches und frühes Attackieren aus der gefährlichen Zone fern. Mitte der zweiten Halbzeit nahm das Spiel nach einer kurzen Schwächephase wieder Fahrt auf, ich kam im Mittelfeld an den Ball, sah auf dem Flügel Mkhitaryan starten, spielte dem Armenier steil in den Lauf, der Rest war für ihn kein Problem mehr. Abgesehen davon, war die Partie heute nicht wirklich hochklassig, was uns insofern Sorgen bereitete, dass es derzeit spielerisch nicht ganz rund lief, aber der Jubel über den Sieg und die 3 Punkte überwog.
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