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Die Tage strichen ins Land, ohne dass sich an der finanziellen Situation des Vereins groß etwas änderte – immerhin die Lizenz für die kommende Saison bekam der Verein zugesichert, was schon mal ein kleiner Erfolg war – wenn auch nicht mein Erfolg, da ich nach wie vor von niemandem ein Angebot zur Verlängerung bekommen hatte. Mittlerweile war es Mitte Juni, weswegen ich dann auch angenehm überrascht war, als mich eine E-Mail ereilte, die mich darum bat, mich im Vereinszentrum des TSV 1860 München einzufinden. Der Inhalt gab jedoch leider keinen Aufschluss über den Absender, und auch der Adressenname der Mail war mit '228408@c-investment.com' alles andere als aussagekräftig und so fand ich mich einen Tag später zur vereinbarten Uhrzeit auf dem Innenhof des Bürogebäudes des Vereins wieder und wartete darauf, dass sich der anonyme Absender der E-Mail zu erkennen geben würde.
„Hallo, Herr Mikaelsson.“ sagte eine freundliche Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah in die Augen einer Wucht von Frau – groß, schlank, gutaussehend und dazu mit einer Ausstrahlung, die Respekt einforderte.
Wer war die unbekannte Frau?
„Ich würde sie ja auch begrüßen, aber ich weiß leider nicht, wer sie sind.“ gab ich sarkastisch zurück.
„Claire. Emma Claire.“ sagte sie und schien es ganz bewusst darauf anzulegen, ein wenig nach James Bond zu klingen.
„Ich wäre gerührt, wenn sie mir einen schütteln.“ führte ich das Zitat fort. „Warten sie nein, das war anders...“
„Sehr gut. Sie haben mich angemacht. Können wir dann jetzt zum geschäftlichen kommen?“ fragte sie gelangweilt und sah mich auffordernd an.
„Da ich weder weiß, was sie vorhaben noch weiß, wer sie wirklich sind, fällt mir das zugegebenermaßen etwas schwer.“ gab ich zu bedenken. „Oder soll ich sie einfach 'Octopussy' nennen?“
„Na schön, ich schätze, ich schulde ihnen eine Erklärung.“ antwortete die mysteriöse Frau. „Ich bin Emma Claire, ehemalige Geschäftsführerin von Claire Investment.“ stellte sie sich vor.
„Wow.“ antwortete ich knapp. „Haben sie die Firma ihres Vaters übernommen?“ fragte ich nach.
„Nein, ich habe Claire Investment selber aufgebaut.“ antwortete sie bissig.
„Also haben sie die Firma nach sich selbst benannt? Man, haben sie ein Ego-Problem.“ gab ich zurück.
„Jedenfalls wurden wir letztes Jahr von einem großen Hedgefonds geschluckt und ich habe mich auszahlen lassen.“ erklärte sie weiter, ohne auf meinen Seitenhieb einzugehen.
„Und jetzt sind sie die neue Frau im Verein?“ mutmaßte ich.
„Ich habe die Anteile von Herrn Ismaik gekauft. Vollständig.“ stimmte sie zu und ich nickte.
„Sind sie nicht etwas zu jung, um ihre Seele zu verkaufen?“
„Ich bin älter als ich aussehe.“ erwiderte sie lächelnd.
„Gut möglich.“ pflichtete ich ihr bei. „Und warum genau wollen sie mit mir reden?“ fragte ich nach dem Offensichtlichen.
„Das wissen sie.“ gab sie zurück.
„Es geht um meinen auslaufenden Vertrag.“ stellte ich fest. „Haben sie keine Assistentin für ihren Papierkram?“
„Ganz genau darum geht es.“ überging sie meinen Einwand. „Und da ich keine Lust auf langes taktieren habe, frage ich sie offen heraus: Können sie sich eine Verlängerung vorstellen?“ fragte sie und durchbohrte mich mit Blicken.
„Sie haben eine mehrere Millionen Euro schwere Firma mit Finanzspekulationen aufgebaut und haben keine Lust auf taktieren?“ fragte ich nach und legte ein skeptisches Gesicht auf.
„Na ja, Lust hätte ich schon. Aber der Verein taumelt und die Geier kreisen und mit jedem Tag, den wir hier untätig sind, werden es mehr. Ich habe also schlichtweg keine Zeit dafür.“ antwortete sie und ich nickte. „Also?“ fragte sie energisch nach.
„Wieso sagen sie mir nicht erst einmal, ob sie mit mir verlängern wollen?“ fragte ich, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen.
„Sie sind ein hervorragender Trainer, sehr gut in der Ausbildung von Talenten und kommen mit dem Kern des Teams gut zurecht.“
„Heißt das ja?“ vergewisserte ich mich.
„Das tut es. Allerdings sollten sie vorher wissen, wie die finanzielle Lage des Vereins ist – und die ist nicht gut.“ sprach Claire das Thema Finanzen an.
„Das hatte ich mir gedacht.“ gab ich zurück und wartete auf mehr Details.
„Viele Spielerverträge sind zu Konditionen ausgehandelt worden, die wir nicht stemmen können. Da werden wir neu verhandeln oder uns trennen müssen.“ bilanzierte sie und ich nickte. „Und der TSV ist ein Ausbildungsverein, was sich nicht ändern wird. Wir wollen die Talentförderung auch weiter in den Vordergrund rücken und daher werden wir ab der kommenden Saison die U23 abmelden.“
„Reihen sie gerade wahllos Haupt- und Nebensätze aneinander in der Hoffnung, sie würden einen Sinn ergeben?“ fragte ich sarkastisch nach. „Wenn ja, will ich auch mal. 'Draußen scheint die Sonne, weil es warm ist'; 'Ich werde garantiert nicht verlängern, weil ihr Konzept mich überzeugt'; 'Hitler war gar nicht so schlecht, denn er hat Autobahnen' –“
„Das reicht jetzt.“ ging sie dazwischen und funkelte mich an. „Die U23 kostet 2.000.000€ im Jahr, das ist Geld, was wir nicht haben. Die Top-Talente werden gerade unter einem Trainer wie ihnen trotzdem Einsatzzeit in der ersten Mannschaft bekommen, und das würden sie auch wenn wir eine U23 hätten. Also, sind sie dabei oder nicht?“ wiederholte sie ihre Frage vom Beginn.
„Unter den richtigen Bedingungen, ja.“ antwortete ich ehrlich.
„Was soviel heißt wie 'ja'.“ kam es arrogant zurück.
„Oh, sie kennen meine Bedingungen nicht.“ antwortete ich amüsiert.
„Sie wollen keine Gehaltseinbußen, sie wollen im sportlichen Bereich mehr Kompetenzen und sie wollen sich ihr Trainerteam selbst zusammenstellen.“ fasste Emma Claire zusammen.
„Drei Mal fast richtig.“ gab ich zurück. „Was soviel heißt wie 'drei Mal falsch'.“ Ich konnte mir eine gewisse Süffisanz nicht verkneifen.
„Nun, dann schockieren sie mich mal.“
„Sollten wir das nicht im Büro klären?“ fragte ich unsicher.
„Hier ist die Luft besser. Wenn wir uns geeinigt haben, bringen wir es zu Papier.“ antwortete sie. „Also?“
„Zunächst möchte ich eine Gehaltserhöhung um 10%, ich möchte vollkommene Autonomie bei Transfers und ich will Co-Trainer, einen Scout und eine persönliche Assistentin alleine besetzen, den Rest können sie ruhig machen.“ diktierte ich ihr.
„Sie wissen, dass ich ihnen nichts davon bieten kann. Kein Verein, der bei klarem Verstand ist, kann das.“ bekam ich als Antwort.
„Dann kommen wir nicht ins Geschäft.“ sagte ich und stand auf.
„Drei Jahre Laufzeit.“ antwortete sie und ich stutzte – mit so etwas langfristigem hatte ich nicht gerechnet, das war definitiv eine positive Überraschung. Ich nickte und wartete darauf, dass sie weiter redete.
„3%.“ eröffnete sie die Verhandlungen.
„10% plus Ausstiegsklausel.“ konterte ich.
„3% ohne Ausstiegsklausel.“ kam sie mir entgegen.
„10% plus Ausstiegsklausel.“ wiederholte ich mich.
„5% ohne Ausstiegsklausel.“
„10% plus Ausstiegsklausel.“ wiederholte ich abermals.
„7%.“ antwortete Emma Claire. „Aber eine Ausstiegsklausel bekommen sie nicht.“ sagte sie und fixierte mich mit ihrem Blick.
„Deal.“ willigte ich ein.
„Als Co-Trainer kann Dr. Madsen gerne bleiben.“ kam sie mir weiter entgegen.
„Und wenn nicht?“ fragte ich und spielte den Ball zurück.
„Dann eben nicht. So lange sie innerhalb seines Gehaltsbudgets bleiben, werde ich ihnen keinen Knüppel zwischen die Beine schmeißen.“ antwortete sie. „Stellen sie ein, wen sie wollen. Ich setze da auf Hierarchie: Ich schlage mich mit ihnen rum, sie schlagen sich mit ihrem Co-Trainer rum. Da werden sie schon keine Katastrophe anheuern.“
„Und der Scout?“ sprach ich den nächsten Punkt an, wohl wissend, dass Frau Claire aus irgendeinem Grund die Kompetenzenverteilung bei Transfers nach hinten geschoben hatte.
„Der Verein hat hervorragende Scouts.“ gab sie zu bedenken.
„Oh, er wird nicht für den Verein arbeiten, sondern für mich.“ stellte ich klar.
„Was soll das denn heißen?“ fragte Claire verwirrt nach.
„Ich nenne ihnen sein Gehalt, sie zahlen mir die Summe und ich überweise sie weiter an ihn.“ erklärte ich den Plan.
„Das klingt ein wenig nach einem Plan zur Geldwäsche oder Steuerhinterziehung.“
„Halten sie mich für so dämlich?“ fragte ich provozierend nach.
„Nein.“ lenkte sie ein.
„Gut.“ schloss ich das Thema ab.
„Das werden sie trotzdem nicht tun.“ stellte Claire richtig.
„Sie können ihn auch gerne direkt an den Verein binden, aber glauben sie mir, das wollen sie nicht.“ antwortete ich.
„Wieso das denn?“
„Nun, dieser Scout – den ich jetzt nicht namentlich nennen werde – arbeitet an guten Tagen in moralischen Grauzonen, an normalen Tagen an der Grenze zur Illegalität und an schlechten Tagen weit über sie hinaus. Und er hat selten gute Tage.“ antwortete ich und hatte mein Gegenüber sichtlich aus der Fassung gebracht.
„Sie wollen, dass wir einen Kriminellen anheuern?!“ fragte sie und hob die Stimme.
„Nicht doch. Ich will, dass sie einen Scout anheuern. Wenn dieser auf eigene Verantwortung Regeln bricht, können sie das doch kaum wissen und erst recht nicht verantworten.“ versuchte ich, ihr die Lage schmackhaft zu machen.
„Wie viel würde das denn kosten – rein hypothetisch gesprochen?“ fragte sie und ich wusste, dass ich sie hatte.
„Weiß ich nicht, ich habe noch nicht mit ihm gesprochen – wie auch. Ich schätze, 200-300.000€ per annum.“ sprach ich aus.
„Das ist eindeutig zu viel.“ stellte Claire fest.
„Er ist jeden Cent wert.“ protestierte ich.
„Was tut denn dieser mysteriöse Scout, dass er so teuer ist?“ wollte sie wissen.
„Nun, er tut, was auch immer nötig ist.“ sagte ich geheimnisvoll.
„Etwas spezifischer?“ fragte sie genervt nach.
„Er tut, was alle Scouts tun. Spieler beobachten und er ist wirklich gut, er hat ein Auge für Talente.“ begann ich. „Und darüber hinaus ist er wahnsinnig geschickt in der Informationsbeschaffung. Er findet Löcher und Klauseln in Verträgen, an die man normalerweise nicht einmal herankommt. Er ist lieb Kind mit so ziemlich jedem größeren Berater in Nordeuropa und er ist gut darin, Material für Verhandlungen zu besorgen.“ tastete ich mich langsam an die Wahrheit heran.
„Sie wollen, dass ich ihnen die Autorisierung zur Beschaffung von Mitteln für Erpressung und Nötigung erteile?“ fragte sie scharf nach.
„Mitunter, ja. Aber der Arbeitsvertrag wird ausdrücklich solches Verhalten untersagen. So sind sie abgesichert.“ antwortete ich, doch sie schüttelte weiter den Kopf.
„Und wenn der Arbeitsvertrag nicht vom Verein ausgeht, sondern von mir – dann erst recht.“ legte ich noch nach.
„Es ist trotzdem illegal.“ antwortete Claire spitz.
„Es ist notwendig.“ konterte ich. „Wenn er erwischt wird, ist er dran. Vielleicht auch ich. Aber ganz sicher nicht sie. Und er ist seit über zehn Jahren im Geschäft – er lässt sich nicht erwischen.“ antwortete ich und ich wusste, dass sie nicht mehr lange würde verhandeln können – entweder würde sie zusagen oder ablehnen, aber taktieren konnte sie nicht mehr.
„Na gut.“ antwortete sie. „Aber der Vertrag wird über den Verein laufen. Ansonsten ist das viel zu offensichtlich, dass da irgendeine krumme Sache am laufen ist.“
Ich nickte und schob direkt das nächste Thema nach. „Und meine Assistentin?“
„Sie wollen jemanden, der ihnen Kaffee kocht?“ fragte sie sarkastisch nach.
„Das ist ziemlich sexistisch, meinen sie nicht?“ antwortete ich amüsiert.
„Sie sagten explizit Assistentin, sie haben angefangen.“ entrüstete sich Claire.
„Weil Frauen ordentlicher sind. Das ist positiver Sexismus.“ stellte ich klar.
„Ich stelle ihnen trotzdem niemanden zum Kaffee kochen ein.“
„Ich sagte Assistentin und nicht Sekretärin.“ stellte ich richtig.
„Also soll sie ihnen Kaffee kochen und sich unter ihren Schreibtisch knien?“ fragte Claire nach und konnte sich nun auch das Schmunzeln nicht mehr verkneifen.
So eine Sekretärin hatte auch ihren Reiz
„Dazu würde ich sicherlich nicht nein sagen.“ antwortete ich. „Aber darum geht es nicht. Wenn sie mir mehr Kompetenzen zugestehen, dann bringt das eine Menge Papierkram mit sich. Ich bin ein erstklassiger Trainer, das wissen sie. Aber wenn ich unter Papierkram ersticke, dann lähmt mich das und wenn ich erstklassige Arbeit verrichten soll, dann darf ich nicht gelähmt sein!“
Claire nickte langsam. „Eine Assistentin, Sekretärin, was auch immer – das sehe ich ein, das steht ihnen zu. 50.000€ Jahresgehalt scheinen mir angemessen. Das sind 4.000€ monatlich und ein Weihnachtsgeld.“ sagte sie.
„Das ist –“
„Das ist nicht verhandelbar.“ fiel sie mir ins Wort und fixierte mich mit ihrem Blick.
„Gut, 50.000.“ lenkte ich ein. „Kommen wir jetzt zu dem Thema, was sie bislang vermieden haben?“ fragte ich weiter.
„Ich habe es nicht vermieden, nur aufgeschoben.“ stellte Claire klar.
„Wie auch immer. Ich will –“
„Nein, so rum läuft das nicht.“ fiel sie mir abermals ins Wort. „Ich sage ihnen, wie ich das sehe. Dann können sie entweder akzeptieren oder einpacken.“ funkelte sie mich an. „Ich habe mich mit ihrem Abgang von Hobro beschäftigt und sie können sich sicher sein, das wird sich nicht wiederholen. Ich bin zwar eine Geschäftsfrau, aber ich bin nicht dumm. Wir werden unser Tafelsilber nicht verkaufen und erst recht nicht so unter wert. Wittek, Wolf, Pereira – das sind große Talente und die bleiben hier. Und das gilt auch für andere Leistungsträger wie Stahl, Adlung, Schindler oder Okotie. Aber darüber hinaus werden weite Teile des Kaders neu besetzt werden. Viele Spieler beziehen Gehälter, die sie nicht rechtfertigen und das werde ich nicht weiter billigen. Und besonders gut in ihr System passen die meisten auch nicht, da sind wir uns wohl einig. Was Neuzugänge angeht: Wir brauchen eine Menge neuer Spieler und um sie dort zu bevormunden, fehlt mir das nötige Detailwissen. Sie werden eine Obergrenze für den Gehaltsetat gesetzt bekommen, und ein Transferlimit. Und so lange sie diese Summen nicht zu überschreiten drohen, haben sie freie Hand. Was Abgänge ab der nächsten Transferphase angeht: Sie werden jedes Angebot an mich weiterleiten. Wenn ich sie zu einer Art Hybrid aus Trainer und Sportdirektor mache, werden die meisten Angebote nämlich direkt an sie gehen. Wir werden die Angebote durchgehen und gemeinsam entscheiden.“ sagte sie und sah mich an.
Das war mehr, als mir Ismaik zugesichert hatte und mehr, als ich irgendwo sonst erwarten konnte. „Dann haben wir einen Deal.“ sagte ich und hielt ihr die Hand hin – sie schlug ein.
„Ich werde meiner Assistentin die Daten zukommen lassen und sie setzt den Vertrag auf.“ sagte Claire und holte ihr Handy aus der Tasche.
„Sie haben also doch eine Assistentin.“ stellte ich fest.
„Natürlich. Aber wichtige Verhandlungen übernehme ich immer selbst.“ erklärte sie sich, während sie in einem unfassbaren Tempo eine Mail zu schreiben schien. „Und bevor sie abhauen, werden wir in meinem Büro die Lage besprechen.“ sagte sie, als ich mich zum Gehen gewandt hatte. „Jeden auslaufenden und nicht auslaufenden Vertrag, denn je früher wir abmachen wen wir abgeben, desto eher bekommen wir die Angebote.“ ergänzte sie und ich blieb stehen.
„Gerne doch.“ sagte ich, tatenlos rumsitzen war eh noch nie meine Stärke gewesen. „Ich muss nur noch kurz telefonieren, schließlich habe ich auch ein Team zusammenzustellen.“ Claire nickte abwesend und ich holte mein Handy aus der Tasche, während ich aus der anderen Tasche unauffällig die Dose mit dem Oxycodon holte und mir zwei der Tabletten unauffällig in den Rachen kippte. Zunächst kontaktierte ich meinen Wunschsscout – Codename 'Dreizehn' – und vereinbarte einen Termin für ein gemeinsames Abendessen am kommenden Samstag. Und dann musste ich ein weit unangenehmeres Gespräch führen und wählte die Nummer von Niels.
„Na Sigurður, wie lief der Termin?“ fragte dieser direkt los.
„Gut. Hör' zu, ich –“
„Bevor du etwas sagst, muss ich dir etwas sagen.“ unterbrach mich Niels und ich konnte die Anspannung in seiner Stimme hören. „Ich habe die letzten Tage und Wochen viel nachgedacht, und so witzig der Job als Co-Trainer auch war ich vermisse mein altes Leben.“ sagte er und ein kaltes Schweigen machte sich breit.
„Du willst wieder nach Dänemark ziehen?“ fragte ich vorsichtig nach.
„Was? Nein.“ sagte Niels überrascht. „Nein, so schnell wirst du mich nicht los.“ ergänzte er lachend.
„Was meinst du dann?“ fragte ich weiter.
„Ich will wieder in der Medizin arbeiten. Und ich habe ein Angebot vom Universitätsklinikum München.“ rückte er endlich mit der Sprache heraus und Erleichterung machte sich in mir bemerkbar.
„Ich –“
„Bevor du etwas sagst – ich habe bereits mündlich zugesagt. Morgen fahre ich hin und wir machen den Vertrag fix.“
„Ich kann es nicht glauben, dass du das übers Telefon machst.“ sagte ich unter demonstrativem Schluchzen.
„Sehr witzig. Ist alles ok mit dir?“ fragte Niels nach.
„Klar. Du bist Mediziner, du gehörst in die Medizin. Es war von Anfang an nur eine Übergangsphase.“ beschwichtigte ich ihn. „Ich muss jetzt weiter mit dem neuen Boss reden, verstehst du doch sicher?“ fügte ich an – das Gespräch lief glatter als erhofft.
„Na klar. Heute Abend Burger?“ fragte er nach und wollte scheinbar sicher gehen, dass zwischen uns wirklich alles gut war.
„Klingt doch super.“ antwortete ich mit einem Lachen und legte auf. Niels hatte tatsächlich keine Ahnung, dass ich das Angebot angestoßen hatte – auch wenn ihr mich für einen Unmenschen haltet, aber es war nötig. Niels war zweifelsohne ein guter Freund, aber wenn ich langfristig als Trainer Erfolg haben wollte, brauchte ich einen Co-Trainer, der wirklich Erfahrungen vorzuweisen hatte und mir fachlich ebenbürtig war und Contra geben konnte. Zudem merkte ich es Niels an, dass er das Umfeld des Krankenhauses und das Gefühl, Menschen zu helfen, vermisste – und auf Dauer hätte das unsere Freundschaft belastet. So stöberte ich kurz in meinem Adressbuch, ehe ich den Kontakt meines Wunsch-Co-Trainers fand und machte mit diesem ein Meeting am Freitagabend aus, ehe ich Emma Claire ins Gebäudeinnere zur Lagebesprechung folgte.
Das Uniklinikum München - Niels' neuer Arbeitgeber
Quellen: Emma Claire, Sekretärin, Uniklinikum
Black_Tiger (04.04.2016)
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