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Erhalten: 51 Vergeben: 2 |
Nach dem letzten Spiel hatte ich das dritte mal in meiner noch kurzen Laufbahn Post vom DBU, die ich widerwillig las und anschließend in einem Rahmen über dem Kamin anbrachte – neben einer Geldstrafe hatte man mich auch für das nächste Ligaspiel gesperrt, in dem es zu meinem Glück nur gegen Aufsteiger Viborg FF ging, ein Spiel, dass ich Lars Justesen auch gerade noch zutraute – und das „gerade noch“ meine ich wirklich nicht ironisch. Lars war nunmal ein Trainer, der bei keinem halbwegs anständigen Verein auch nur die U12 der Frauen würde coachen dürfen, aber immerhin redete er mir nicht in meine Entscheidungen herein – und zudem musste er am Wochenende den Ausfall von Andreas Pereira auffangen, der mit einem Anriss des Außenbandes wohl erst zum vierten Spieltag wieder in den Kader rücken würde. Doch davor stand noch ein deutlich wichtigeres Spiel an – das Hinspiel der dritten Runde der Europaleague-Playoffs gegen Malmö FF. Gegen den schwedischen Verein, der über viel internationale Erfahrung verfügte, mussten wir uns erstmals richtig beweisen und der Welt zeigen, dass wir mehr als nur ein Dorf in Dänemark waren.
Vor ausverkauftem Haus kam der erste Europapokal-Abend der Vereinsgeschichte und ich schickte die Spieler schon eine halbe Stunde früher zum Aufwärmen als üblich, einfach um sie in der Athmosphäre des Stadions ankommen und sie die Situation verinnerlichen zu lassen. Die Spieler gingen mit der Situation gut um und schienen dem Druck gewachsen, und als die Spieler beim hören der Europaleague-Hymne und der dazu vorbereiteten Choreographie auf dem Rasen standen, konnte ich bei einigen von ihnen eine Gänsehaut ausmachen. Doch mit dem Anpfiff war sie verflogen und auch ansonsten waren keine Anzeichen von Nervosität oder Unruhe auszumachen, wie abgesprochen verwalteten wir ruhig das Spiel und lockten Malmö Meter für Meter aus der eigenen Hälfte. Durch Mads Hvilsom hatten wir nach zehn Minuten die erste Chance, ehe wir beinahe durch eigene Dummheit in Rückstand gerieten: Stenderup bekam den Ball und wollte das Spiel mit einem Pass auf Linksverteidiger Fischer verlagern, doch der Ball geriet viel zu kurz. Markus Rosenberg spitzelte dazwischen und kam alleine auf Jesper Rask zu, doch der ließ sich nicht überrumpeln und konnte den Heber des Schweden locker parieren. Ich versuchte von der Bank, den Innenverteidiger wachzurütteln – und auch unser Schlussmann nahm sich den eigentlich abgeklärten Routinier nochmals zur Brust, der den Schreck jedoch schnell überwand. Bereits im nächsten Angriffsversuch der Schweden war er wieder zur Stelle und grätschte einen Pass in Richtung Andersson ganz locker ab. Es blieb bei einem torlosen Remis zur Pause, und in der Kabine war ich das erste Mal seit meiner Ankunft komplett still – stattdessen ergriff ein anderer das Wort. Malte Juhunen, Vorsitzender des größten Fanclubs Hobros, wurde heute als besonderer Motivator in einen Mitarbeiteranzug gesteckt und übernahm die Halbzeitansprache. Ganz legal war das sicherlich nicht, aber eben auch nicht verboten – und so etwas musste ich dann eben doch ausnutzen. Die Rede des 24 Jahre jungen Hobbykickers war dann auch tatsächlich einiges Wert, den Spielern war der Motivationsschub klar anzusehen. Ich wechselte mit einigen Spielern noch ein Paar kurze Worte, doch taktisch und spielerisch war eigentlich an nichts etwas zu bemängeln. Das zeigte sich auch in Durchgang zwei, wo wir den eher schwach auftretenden Gästen endgültig den Zahn zogen. Nach einer Stunde war es dann so weit: Mads Hvilsom kam vom linken Flügel und spielte einen Doppelpass mit Ruben Jessen, nahm den Ball technisch perfekt mit und schob ihn dann eiskalt in die linke Torecke – das erste Europapokaltor der Vereinsgeschichte erzielte nicht zufällig unser Linksaußen. Auch aufgrund des Treffers und weil Hvilsom bei seinem Treffer nochmal demonstrativ die Fans anpeitschte, wurde das Stadion in der letzten halben Stunde nochmal zum Tollhaus. Als dann einen Angriff später Mads Hvilsom erneut frei in den Sechzehner zog und auf Jacobsen querlegte und der Stürmer zum 2:0 einschob, war das Stadion tatsächlich kurz vorm explodieren. Auf einer Welle aus Euphorie und Motivation getragen brachten wir das Spiel dann unfallfrei zuende und als wir Spieler und Verantwortlichen den Rasen knapp eine halbe Stunde nach Abpfiff endlich verlassen durften, gab es nur noch eine Sache zu bemängeln – dass es „nur“ ein 2:0 geworden war und wir dadurch im Rückspiel auch ein Topspiel abliefern mussten, um in die Gruppenphase einzuziehen.
Die Fans hatten sich eine beeindruckende Choreo einfallen lassen
Drei Nächte nach dem Spiel gegen Malmö war wieder Stadion angesagt – jedoch auf der Tribüne und nicht auf der Trainerbank, für das Spiel bei Viborg FF hatte mich der dänische Verband ja gesperrt. Ich saß im jämmerlichen „VIP-Bereich“ der Energi Viborg Arena neben einem Mann im Anzug und mit meinem schlimmen Bein glücklicherweise am Gang. Lars Justesen hatte als Co-Trainer einen dicken Zettelblock mit Anweisungen für so gut wie alle Eventualitäten mitgegeben bekommen, da ich auch nicht vorhatte, in der Manier eines José Mourinho in der Halbzeitpause von der Putzfrau in die Kabine geschoben zu werden. Doch das Spiel lieferte dazu auch absolut keinen Anlass, schon nach zwei Minuten gingen wir in Führung: Neuzugang Jacob Sörloth bekam den Ball von Jonas Damborg in den Lauf gespielt, setzte sich gegen zwei Innenverteidiger durch und schlenzte dann souverän zum 1:0 ein. Nach zehn Minuten fing Danny Amankwaa dann einen Pass des unterirdisch schwachen Viborger Innenverteidigers Babajide Ogunbiyi ab und legte den Ball überlegt nach innen, wo die zweite Spitze Jón Daði Böðvarsson das Leder gut mitnahm und mit einem Tunnler gegen Peter Jensen im Kasten des Aufsteigers zum 2:0 traf. Eine Viertelstunde später war die Messe dann endgültig gelesen, als eine Ecke von Linksverteidiger Alex Fischer in der Mitte bei Andreas Christensen landete, der den Ball aus vollem lauf gezielt ins Tor nickte. Danach nahm die Mannschaft nach Vorschrift ein wenig das Tempo aus dem Spiel, um Kräfte für das Rückspiel gegen Malmö zu sparen und fuhr auch über die zweite Halbzeit, in der unter anderem auch der eigentlich reine Ersatzspieler Hastrup zu seinem Saisondebüt kam ein lockeres 3:0 komplett ohne Risiko nach Hause, der Nigerianische Mittelstürmer Salisu Abdullahi „Alhaji“ Gero gab mit einem Verzweiflungsschuss aus 25 Metern den einzigen Torschuss der Gastgeber ab, die sich damit nach drei Spieltagen Punkt- und Torlos auf dem letzten Tabellenplatz wiederfanden.
Es ging Schlag auf Schlag dieser Tage und mit einem souveränen 3:0-Erfolg gegen Viborg im Gepäck ging es in Richtung Schweden, wo wir mit dem 2:0-Hinspielsieg die perfekte Vorlage geleistet hatten, um heute den Einzug in die Play-Offs abzuschließen. Die Schweden setzten wie zu erwarten auf die gleiche Elf wie im Hinspiel, wir dagegen rotierten wieder kräftig durch – und mit Schlussmann Rasmus Ankergren setzte ich im Tor auf Erfahrung statt Qualität (den Jesper Rask war zweifelsohne der bessere Torwart, gerade im Spiel mit dem Ball), aber so konnte ich den Erfahrenen bei Laune halten und überdies ein wenig Verwunderung bei meinem Trainergegenüber sähen. Doch im Spiel waren wir dennoch nicht von Beginn an gut dabei, stattdessen riss Malmö vor heimischem Publikum das Spiel an sich und kontrollierte das Geschehen. Foglerichtig fiel auch die Führung für die Schweden kurz vor der Pause: Jo Inge Berget bekam den Ball nach Doppelpass mit Rosenberg und war zu ungedeckt, ließ mit einer Körpertäuschung dann noch Lars Justesen aussteigen und schlenzte den Ball letztlich unhaltbar ins Tor. Bei Malmö gab es nun eine regelrechte Aufbruchstimmung zu sehen, immerhin war erst eine gute Viertelstunde gespielt und ihnen fehlte als stärker spielende Mannschaft ja nur noch ein Treffer zur Vverlängerung. Das merkten auch wir und die Spieler wurden sichtlich unsicher und wirkten fast schon nervös, was in weiteren Chancen für Malmö ausuferte: Berget bekam von Justesen zu viel Raum und legte auf den mitgelaufenen Tobias Sana quer, der aus etwas spitzem Winkel jedoch an Ankergren scheiterte. Der Routinier hatte seine beste Szene dann nach 39 Minuten: Nach einer Ecke von Rodić kam Rosenberg zum Kopfball, doch Ankergren fischte den Ball noch aus dem Toreck.
In der Kabine war diesmal wieder ich gefordert, auf eine Externe Ansprache verzichtete ich dieses Mal lieber und außerdem gab es verdammt viel zu bereden – der Gegner, den wir noch vor einer Woche an die Wand gespielt hatten, nahm uns heute komplett aus dem Spiel und der Knappe Sieg aus der Vorwoche konnte uns zum Verhängnis werden. Außerdem reagiete ich auch personell und brachte mit Jón Böðvarsson einen neuen zweiten Stürmer auf den Rasen. Der Plan schien zunächst aufzugehen und wir fanden besser in die Partie, doch dann hatte Malmö die Riesenchance auf den „Ausgleich“: Ein Missverständins zwischen Bøge und Christensen gewährte Sana freien Lauf, der Schwede legte auf den komplett freien Berget quer, der den Ball aus zehn Metern aber an die Latte des leeren Tors sezte. Es entwickelte sich ein enges Spiel ohne große sportliche Qualität, aber mit viel Kampf und auch einigen üblen Fouls – weswegen ich mit Justesen bereits nach 60 Minuten einen akut Ampelkartengefährdeten Spieler auswechseln musste. Doch wir hielten dem Druck stand und in der Schlussphase zeigte das dauerhafte Anrennen der Gastgeber dann Wirkung, sie wirkten sichtlich Platt und wir kamen zu Konterchancen. Erst traf Bersang nach einem Konter nur Aluminium, doch dann traf der von der Bank gekommene Jón Böðvarsson nach einem Konter mit dem 1:1 beziehungsweise dem 3:1 nach beiden Spielen fünf Minuten vor dem Ende zur Vorentscheidung. Malmö warf nochmal alles nach vorne, doch in der Schlussminute konterten wir noch einmal tödlich: Tjørnelund legte vor dem Strafraum quer auf Danny Amankwaa, der den Ball ohne Probleme ins leere Tor schieben konnte. Nach dem Schlusspfiff überwältigten die Spieler dann die Emotionen – wir waren eine Runde weiter, wir waren in den Play-Offs zur Europa League und würden dort morgen unseren Gegner zugelost bekommen. Alles, worauf wir hofften, war ein einfacher Gegner – denn mit unter anderem dem FC Schalke 04 konnte uns genauso gut ein echter Brocken erwischen.
Aalborg-Neuzugang Jacobsen sicherte unseren Erfolg
Quellen: Choreo, Jacobsen
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