Reporter: Herr Stindl, vielen Dank dafür, dass sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.
Stindl: Dafür nicht.
Reporter: Gut, dann kommen wir zum ersten Punkt. Vor der Saison wollten sie mit ihrem Verein einen Mittelfeldplatz belegen, zur Winterpause stehen sie deutlich besser da – auf Rang fünf, was zur Teilnahme an der Euro-League berechtigt. Sind sie also rundum zufrieden mit der Saison?
Stindl: Bislang läuft es wirklich alles sehr gut für uns. Der fünfte Platz ist eine sehr gute Platzierung, auf die wir uns auch etwas einbilden können und mit der wir am Saisonende natürlich sehr gut leben können. Aber die Saison ist noch sehr lang, da kann noch viel passieren. Und eigentlich darf man im Fußball nie zufrieden sein, es gibt immer etwas zu verbessern.
Reporter: Zum Beispiel?
Stindl: Zum Beispiel unsere Defensivleistung. Wir haben 22 Gegentore bekommen, was mit Sicherheit kein Beinbruch ist. Aber dennoch ist ein Prozentsatz von mehr als einem Gegentor pro Spiel nichts, womit wir zufrieden sind. Das müssen wir besser in den Griff bekommen, aber natürlich ist das keine Kritik an unserer Abwehr oder am Torwart. Abwehrarbeit fängt beim Stürmer an, jeder Spieler muss sich in der Pflicht sehen.
Reporter: Dafür ist die Offensive sehr stark in dieser Saison.
Stindl: Das Stimmt. Wir haben mit 35 Treffern zusammen mit den Bayern die meisten Tore erzielt, was mit Sicherheit viele überrascht. Dazu haben wir in jedem Spiel, selbst in München oder Dortmund, mindestens einmal getroffen. Wenn wir die Offensivstärke beibehalten und uns defensiv noch verbessern, sehe ich uns auf einem sehr guten Weg.
Reporter: Und wohin soll der Weg führen? Geben sie nach dieser starken Hinrunde neue Ziele aus, vielleicht sogar Europa oder gar die Champions League, die ja durchaus noch in Reichweite ist?
Stindl: Nein. Wir sind aktuell in einer Übergangssaison und auch wenn sich die Mannschaft gefunden hat und die Neuzugänge gut ins Team integriert sind, sollten wir vorsichtig bleiben. Im Fußball kann schließlich viel passieren, daher sollten wir kleine Brötchen backen. Uns jetzt selber zu viel Druck zu machen, wäre fahrlässig.
Reporter: Aber ihr Präsident Martin Kind sagte, dass er gerne nach Europa würde.
Stindl: Er ist der Präsident, er darf sowas sagen *lacht*. Nein, ernsthaft. Natürlich würden wir uns über Europa freuen und auf kurz oder lang wollen wir dorthin auch wieder zurück, aber es diese Saison als Ziel ausgeben tun wir nicht. Dafür sind wir noch nicht weit genug, auch wenn es aktuell sehr gut aussieht.
Reporter: Und wie sieht es im DFB-Pokal aus? Dort sind sie ja bislang recht sicher aufgetreten, und haben bereits zwei Vereine ausgeschaltet. Jetzt kommt nach den Zweitligisten Düsseldorf und Aalen ein besserer Gegner, der VfB Stuttgart. Aber dennoch haben sie ihr Saisonziel – das Viertelfinale – erreicht, und das ohne Schwierigkeiten. Korrigieren sie denn hier ihr Ziel nach oben?
Stindl: Auch hier nicht. Stuttgart ist ein brutal schwerer Gegner, sie sind uns mindestens Ebenbürtig. Es wird ein schweres Spiel auf Augenhöhe, da brauchen wir uns nicht noch eine zusätzliche Last aufzulegen. Aber wenn auf dem Platz alles stimmt, können wir durchaus weiterkommen.
Reporter: Dafür, dass auf dem Platz alles stimmt, sind sie ja mitverantwortlich. Sie sind Kapitän und ihr Trainer Tayfun Korkut bezeichnet sie als seine „Rechte Hand“. Fühlen sie sich auch wohl in dieser Rolle?
Stindl: Ja, natürlich. Ich denke, ich fülle die Rolle sehr gut aus, ich hänge mich in jedem Training voll rein und gebe auf dem Platz auch immer alles, und in letzter Zeit stimmt die Leistung im Team. Das macht die mitgebrachte Verantwortung, die ich trage, auch ein Stück weit leichter. Ich denke, ich zahle das Vertrauen des Trainers aktuell zurück und fühle mich sehr wohl in Hannover.
Reporter: Deswegen haben sie auch ihren Vertrag vorzeitig bis 2018 verlängert?
Stindl: Genau. Der ganze Verein ist auf einem guten Weg, und ich bin stolz darauf ein Teil dieses Weges sein zu dürfen und als Führungsspieler vorweg zu gehen. Und zuletzt gab es ja auch immer wieder Gerüchte in den Medien, das hat Unruhe ins Team gebracht. Ich habe mich also nach dem Angebot des Vorstands schnell entschieden, und mich auch bewusst gegen eine Ausstiegsklausel entschieden, auch um quasi ein „Vorbild“ zu sein und andere Spieler mitzuziehen.
Reporter: Der „Vorbildeffekt“ war ja auch da. Mit Christian Pander, Robert Almer, Yannik Schulze und Leon Andreasen haben gleich vier Spieler ihre Verträge ebenfalls verlängert, und Manuel Schmiedebach und Hiroki Sakai sollen in Gesprächen ja auch sehr weit sein. Anders lief es bei Jimmy Briand, der sich gegen die Vertragsverlängerung entschieden hat und nach Frankreich zurückwechselte.
Stindl: Ich denke, Jimmy muss man verstehen. Es ist immer schwer, sich in einem neuen Verein – besonders in einem anderen Kulturkreis – einzufinden und obwohl er sich bemüht hat und wir ihn auch gut aufgenommen haben, hat er es eben nicht geschafft und sich zur Rückkehr in seine Heimat entschieden. Da hätte ihn wohl niemand umstimmen können.
Reporter: Als Reaktion darauf hat der Verein Serge Gnabry vom FC Arsenal verpflichtet. Wie kommen sie miteinander aus?
Stindl: Serge und ich kennen uns ja erst seit ein paar Tagen und einigen Trainingseinheiten, da ist sowas schwer zu sagen. Aber er ist ein netter Typ und immer gut drauf. Und spielerisch ist er klasse, er hat bei Stuttgart und Arsenal eine sehr gute Ausbildung genossen, ist taktisch und technisch sehr stark. Dazu ist er auf beiden Seiten einsetzbar. Jetzt haben wir mit ihm, Felix [Klaus, Anm. d. Red.] und Leo [Bittencourt, Anm. d. Red.] drei flexible Flügelspieler, das macht uns offensiv noch flexibler und unberechenbarer.
Reporter: Serge Gnabry kam allerdings erst spät im Winter zu ihnen, verpasste das Wintertrainingslager in Porto und die Testspiele [4:1 gg. Vitória Gumiaraes, 1:1 gg. SC Braga] – ist das ein Nachteil?
Stindl: Vom Fitnesszustand her sicher nicht, er war ja im Trainingslager der Gunners. Aber dass nach gut einer Woche Training noch nicht alle Laufwege stimmen, ist ja klar.
Reporter: Also steht er übermorgen auf Schalke noch nicht im Kader?
Stindl: *lacht* Das entscheidet der Trainer.
Reporter: Vielen Dank für das Interview.
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