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März 2014 | Leeds am Rande des Abgrunds
Nach dem finanziellen Kollaps Mitte des ersten Jahrzehnts im neuen Jahrtausend und dem sportlichen Absturz in die Bedeutungslosigkeit des englischen Fußballs - gemessen am Erfolg der vorherigen Jahre: Dem Einzug in das Halbfinale der Champions League, dem 3. Rang in der Premier League. 2004 hatte das wirtschaftliche Fiasko seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht, Spieler mussten ablösefrei gehen, sogar das Trainingsgelände musste verkauft werden. Am Ende kaufte der dubiose Geschäftsmann Ken Bates den Verein - für läppische 10 Millionen Pfund. Für ihn war das "eine letzte Herausforderung", nachdem er zuvor schon Chelsea kurz vor den Ruin getrieben hatte und ein Engagement bei Shefffield Wednesday nur knapp scheiterte. Wirklich erfolgreich wurde er auch in Leeds nicht: Zwar schaffte man es die Schulden von knapp 100 Millionen Pfund um 70 Prozent zu reduzieren, doch das reichte nicht, um den Verein vor der Insolvenz zu retten. In diesem Fall folgt in England ein Punktabzug von exakt zehn Punkten, was für den sportlich angeschlagenen Verein das Aus in der zweiten Liga zur Folge hatte und einen Neuanfang in der dritten englischen Liga bedeutete. Auch der Restart gestaltete sich schwierig: Die League One verfügte eine weitere Strafe gegen United, weitere 15 Punkt wurden abgezogen. Trotz dieser Hypothek erreichte man die Playoffs, scheiterte dort aber. Bates war vielleicht wirtschaftlich halbwegs erfolgreich, doch sympathisch war er wohl niemandem in Yorkshire. Fans bezeichnete er schon einmal als Trottel oder Idioten - die Nähe zur Anhängerschaft suchte der Investor scheinbar nicht. Deswegen war man in Leeds durchaus erleichtert, als 2012 - nach dem sportlichen Aufstieg in die Championship - eine bahrainische Bank sich entschloß, den Verein zu kaufen und damit auch Bates zu schassen. Für 54 Millionen Pfund erwarb das Konsortium aus dem Nahen Osten den Verein - das Kapitel unter dem Vorsitz des Gulf Finance House war angebrochen. Nach einer sportlich durchwachsenen Saison 2012/2013, die man nur sechs Punkte vor den Abstiegsrängen abschloss, musste Trainer Warnock gehen, es kam der ehemalige Reading-Coach Brian McDermott. Mit ihm sollte alles besser werden (wie es ja auch in meiner Story passiert), doch im Hintergrund braute sich das nächste Übel zusammen.
Denn wirtschaftlich lohnte sich das Investment des GFH nicht, der Verein machte zu wenig Fortschritte im Business und wurde somit zu einem Spekulationsobjekt, das sich nicht rentiert hatte. Längst wurde der Verein von der Bank als eine Last geführt, es fehlte an allen Ecken und Enden an frischem Kapital, welches die Investoren in United hätten stecken können. So forcierte man im Hintergrund den Verkauf des Vereins: Anfang Januar 2014 sah auch alles danach aus. Man hatte sich mit Sports Capital auf einen Preis geeinigt, 75% der Rechte am Klub sollten in neue Hände übergehen. Dazu kam es aber nicht, denn der zweifelhafte italienische Investor Massimo Cellino hatte dazwischen gefunkt: Sein Gebot war höher, er sollte den Verein übernehmen. Doch weil die Liga sich nicht offiziell zu dem Thema äußerte, war lange nicht klar, wer jetzt genau das Sagen bei Leeds hatte. Passend zu dem Chaos wurde am 31. Januar 2014 Trainer McDermott entlassen, aber nach Fanprotesten und eindeutigen Bekenntnissen der Mannschaft nach nur vier Tagen wieder in sein altes Amt gehievt. Es schien nun alles bestens, mit Cellino hatte man einen zahlungswilligen Sponsor gefunden, der auch gleich acht Millionen Pfund in den Verein steckte. Doch die Championship blockierte Ende März die Übernahme durch Cellino - mit der Begründung, dass der Italiener ein verurteilter Steuerhinterzieher sei: Leeds blieben nur wenige Tage übrig, um die laufenden Kosten zu decken, geschweige denn die bereits getätigten Investitionen von Cellino zurück zu zahlen. Sollte dies nicht passieren, würde die Insolvenz und der damit verbundene Punktabzug drohen. Ende März versank der Verein somit immer tiefer im Chaos - noch dazu kam es, dass die Spieler ihr Gehalt nicht erhielten und die Medien daraus sofort die große Story machten.
Und es kam noch härter: Ein Fan rief (!) Cellino an und führte ein hübsches Gespräch mit ihm und zeichnete es zu allem Überfluss auch noch auf. Prinzipiell nicht weiter besonders, doch die Aussagen des Italieners hatten es in sich: Zunächst schoss er gegen den Manager bei Leeds, David Haigh, scharf, den er wortwörtlich als "son of a bitch" und als "f*cking devil" bezeichnete. Außerdem beschuldigte er ihn, dass er quasi als Marionette des ehemaligen Eigentümers Ken Bates fungiere und somit eigentlich der Chef im Hause sei. Dann plauderte er weiter Interna aus, erzählte bereitwillig, dass er Brian McDermott feuern werde und teilte dem Fan mit, dass Leeds wohl das schlechteste Team sei, das er jemals gesehen hätte. Besonders brisant ist dann seine Aufzähung von unfassbaren Gehältern der Spieler im Kader: 18 Millionen Pfund beträgt demnach allein der Etat für die Spielergehälter, und Neuzugang Luke Murphy, der aus der League One kam, verdiene angeblich knapp 22.000 Pfund in der Woche. Dieses Statement schloß er mit den Worten ab: "Are you f*cking crazy?" Sollten die Zahlen stimmen, wovon auszugehen ist, verteilt der Verein an durchschnittliche Spieler Gehälter, die Premier League Niveau haben, und würde zu den Vereinen mit den höchsten Kaderausgaben in der Championship gehören - was in komplettem Kontrast zu den sportlichen Leistungen steht. Auch erwähnt Cellino, dass das GFH keinen einzigen Cent in den Klub gesteckt habe und, um die gewaltigen Kosten für den Kader zu finanzieren, bei der Bank sogar noch Kredite aufnehmen musste. Am Ende des Geschäftjahres wies man einen satten Verlust in mehrfacher Millionenhöhe aus. Leeds glich also einem Fass ohne Boden, dessen Geld komplett in einen überteuerten Kader und die Taschen einiger Bankiers aus Bahrain floss. Wirtschaftlich stand United somit kurz vor dem Kollaps!
Mit Cellino kommt kein wirklich sympathischer Investor an die Elland Road, doch er hat zumindest das Problem des Übels erkannt. Denn er will mit dem Verein mit Sicherheit Gewinn machen, sodass er im Sommer gezwungen sein wird, extrem Kosten einzusparen: Das wird bei den Gehältern anfangen und bei einer Ausdünnung des Management aufhören. Zudem will er die Elland Road dem Verein zurückgeben, was wohl ein wichtiger Schritt in Richtung Konsolidierung wäre. Man ist mit einem blauen Auge einer handfesten Krise entkommen: Es wäre jetzt Zeit, vernünftig zu denken und nicht weiter auf Pump sich die Träume versuchen zu erkaufen!
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