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Also, weiter im Text.
Von Haselünne nach Prag (also fast jedenfalls) - eine Woche im Fahrradsattel #2
Tag 4 - Werleshausen bis Heringen:
Eigentlich war der Tag eher wenig spannend. Bis auf die Erkenntnisse, dass der Werraradweg je weiter man die Werra hinauf fährt immer schlechter wird, ist bei mir nichts hängen geblieben. Nachdem wir am Morgen einige Kilometer gemacht hatten, kamen wir an einer Art Kinderwasserspielplatz mit großem Springbrunnen vorbei - wenn man so will die erste Art von Dusche seit vier Tagen, eine Wohltat. Anschließend haben wir Eisenach ins Visier genommen und wollten eigentlich auch auf die Wartburg. Ich selbst bin in den letzten Jahren schon das ein oder anderemal dort gewesen, N. noch nicht. Irgendwie hat uns einige Kilometer davor, Eisenach wäre ein kleiner Umweg gewesen, dann aber die Lust verlassen, einfach weil es so heiß war.
Haben wieder einige Zeit am Mittag gerastet und mussten abends dann versuchen die Strecke wieder gut zu machen. 130km hatten wir bis abends geschafft. Nett und interessant anzusehen sind die vielen Kaliwerke am Wegesrand. Wie auch im Ruhrgebiet kann Industrie und Indurstriekultur wirklich spannend werden. Etwas außerhalb von Heringen haben wir dann nachts mit Sicht auf ein solches Werk auf Parkbänken gepennt.
Tag 5 - Heringen bis Veilsdorf
Der fünfte Tag war der erste, an dem meine Kette begann regelmäßig abzuspringen. Die Strecke an der Werra wurde immer schlechter und die Höhenmeter nahmen deutlich zu. Der Werratalweg dort in der Nähe ist ein Witz. Das Tal wird immer enger und irgendwann zu schmal für Weg und Fluß gleichzeitig. Deshalb führt der Weg über die Dörfer auf den Hügeln/Bergen. Damit der Weg aber nicht umsonst "Werratalweg" heißt, "ditscht" der Weg zwischen zwei Dörfern immer einmal im Tal die Werra an, führt 20m an ihr entlang und beginnt wieder zu einer Hügelkuppe aufzusteigen. Auf Dauer ist das nicht nur wahnsinnig anstrengend, sondern schlicht auch nervtötend. Die Strecke ist landschaftlich dazu auch nicht besonders schön.
Am Abend haben wir eine Art Aussichtspunkt gefunden mit überdachten Bänken, wo wir nach 117km todmüde in die Schlafsäcke gefallen sind. Um halb 9 wohlgemerkt, wenn noch viele andere unterwegs waren oder mit den Hunden spazieren gegangen sind - war uns aber herzlich egal!
Tag 6 - Veilsdorf bis Hof
An Tag 6 konnten wir die Werra endlich verlassen, mussten dafür aber das Schiefergebirge auf öffentlichen Straßen durchqueren. Bei über 35°C eine Tortur. Dementsprechend sind wir auch kaum vorran gekommen. Besonders angenehm war, dass je näher man der tschechischen Grenze kommt, je weniger Fahrradwege und Ausschilderungen vorhanden sind. So findet man sich auf einmal am Ende eines kleinen Weges an einer Schnellstraße wieder und muss der einige Kilometer folgen. Am Ende haben wir dann einen mittelgroßen Umweg über Kronach in Kauf genommen, um das Schiefergebirge zu umfahren.
In Kronach gab's dann das erste warme Essen der Woche (Pizza bzw. Schnitzel) mit einem halben Liter Pils. Nach den spartanischen Mahlzeiten der letzten Tage doppelt lecker. Danach sind wir dann ganz entspannt Richtung Hof geradelt.
Nach 107km haben wir dann in einem unbekannten Örtchen einige Kilometer vor Hof auf einer langen breiten Bank gepennt, die leider nicht überdacht war. Natürlich gab's ausgerechnet diese Nacht den ersten Regen - war aber eigentlich sehr angenehm.
Tag 7 - Hof bis ... tja ... Hof
Tag 7 begann eigentlich gut. Nach dem Regen in der vorrangegangenen Nacht waren die Temperaturen wieder erträglich und das Wetter gut. Wir hatten geplant etwa gegen Mittag die Grenze nach Tschechien zu überqueren und hatten uns deshalb vormittags nochmal mit allem eingedeckt (Brot, Aufstrioch, Wasser, Dosenfutter, etc). Zwar soll das alles in Tschechien ja sehr billig sein, aber von uns beiden war noch keiner dort gewesen und wir wussten nicht, wie schnell wir an einen Supermarkt kommen würden.
Nach Hof sind wir wieder über Bundesstraße gefahren - selber Schuld, wenn die keine Schilder aufstellen. Die Polizei hat's auch nicht interessiert, die sind noch an uns vorbeigedüst. In Hof sind wir dann auf den Saaleradweg gewechselt und wollten von dort aus einen Abstecher nach Mödlareuth machen. Das ist ein kleines Dorf an der Thüringisch-Bayrischen Grenze, in dem die alten Grenzanlagen aus DDR-Zeiten noch stehen gelassen und zu einem Museum umfunktioniert wurden.
Ein paar Kilometer nach Hof, hat uns dann ein Gewitter überrascht. Innerhalb von fünf Minuten war alles durchnässt, weil es direkt an der Saale keine Unterstellmöglichkeit gab. Erst nach einer Viertelstunde haben wir ein kleines Tannenwäldchen gefunden, da war's aber schon zu spät. In Hof war außerdem noch meine Fahrradtasche gerissen, so dass ich viele Dinge noch direkt oben auf den Gepäckträger hatte schnallen müssen - die waren natürlich jetzt klitschnass.
Zwei Stunden haben wir dort gewartet und uns dann entschlossen, zumindest noch die 15km nach Mödlareuth zu fahren und dort zu entscheiden, wie es weitergeht. Auf diesen 15km (mit ordentlich Steigung und damit verbundenen Gangwechseln) ist mir die Fahrradkette dann ein halbes Dutzend Mal abgesprungen. Damit war dann letztendlich auch klar, dass wir in Mödlareuth Schluss machen mussten. Und das obwohl wir uns gerade mit allem eingedeckt und viel Zeit mit dem Planen der Strecke in Tschechien verbracht hatten - weil wir dort nicht einfach so daruf los fahren wollten, wenn sich keiner von uns irgendwie auskennt. Wieviele Kilometer wir an dem Tag gemacht hatten, konnte keiner sagen, weil im regen auch noch unsere Tachometer kaputt gegangen sind.
Sehr schade einfach, weil, egal wem wir von unserer Tour erzählt haben, alle sagten: "Bis nach Prag schafft ihr's eh nicht." Und wir hättens geschafft, wenn nicht Wetter und Fahrrad dazwischen gekommen wären. Körperlich ist das nämlich eigentlich ganz gut zu bewältigen.
Wir sind dann also nach Hof zurück und von dort aus um 16:00 mit dem Zug Richtung Niedersachsen losgefahren. Nachdem wir dann des nachts noch auf dem Braunschweiger Bahnhof schlafen mussten, waren wir mittags um 14.00 Uhr wieder zuhause. Endlich.
Fazit:
Das ganze hat unheimlich Spaß gemacht und ich werde das auf jeden Fall wiederholen. Obwohl 800km in 6 bzw. 7 Tagen schon schlauchen - das Gefühl in den Beinen ist an Tag 6 aber dasselbe wie an Tag 2. Beim nächsten Mal vielleicht nicht ganz so lang und wenn möglich nicht bei 35°C durch irgendwelche Mittelgebirge. N. macht sein FSJ irgendwo in Berlin, ich glaube das ist ein gutes Ziel.
Insgesamt liegt mir das Wandern aber mehr. Mit Rucksack und Wanderschuhen fühle ich mich doch wohler, als auf einem Fahrradsattel. Deshalb wir Norwegen zu Fuß erkundet. Wenn man ein gebiet durchwandert hat, hat man danach auch das Gefühl es zu kennen. Man hat mehr Ruhe um Sehenswürdigkeiten (Wartburg zB) mitzunehmen und ist ein bisschen freier was die Wegewahl betrifft, bzw. auch die Wege hier und da zu verlassen.
Btw, wir haben ein Zelt mitgehabt und nicht einmal aufgestellt. Die Tagesausgaben für Essen und alles weitere was doch mal anfällt, lagen bei knapp 4€ für jeden - wenn man wie wir auf Zeltplätze verzichtet. So eine Tour lässt sich also bestimmt auch zur Studentenzeit mal einschieben.
Geändert von Trotsche (22.07.2016 um 12:37 Uhr)
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