Jakub "Kuba" Blaszczykowski:
"Du bist nie der perfekte Fußballer"

Jakub Blaszczykowski, kurzum Kuba, ist einer der Aufsteiger der Saison 2008/2009. Mit seinen Tempovorstößen über die rechte Seite lässt der 22-jährige Mittelfeldspieler regelmäßig seine Gegner stehen und die Fans schwärmen. In den vergangenen Partien nominierte BVB-Coach Jürgen Klopp den flinken Polen - zwischenzeitlich mit Maske unterwegs - für den Sturm.

Im Interview mit BORUSSIA AKTUELL spricht Kuba über seine neue Position auf dem Platz, seine rasante Entwicklung in dieser Saison, seine Fortschritte mit der deutschen Sprache und natürlich auch über die gebrochene Nase.

Kuba, musstest du schon einen neuen Personalausweis beantragen?
Kuba: "Warum?"

Dein Passfoto dürfte nicht mehr aktuell sein. Im Heimspiel gegen Berlin hattest du einen Schlag auf die Nase bekommen. Jürgen Klopp sagte nach der Partie, deine Nase habe "in alle Richtungen gestanden".
Kuba (lacht): "Nach der Operation ist jetzt alles in Ordnung. Ich habe keine Probleme mehr mit meiner Nase."

Du bist der meistgefoulte Spieler in Dortmunder Reihen. Ein großer Prozentsatz der Gelben und Roten Karten für gegnerische Teams werden nach Fouls an dir gezeigt. Ein Tribut an deine Schnelligkeit?
Kuba: "Es ist nicht einfach für mich, wenn ich ständig Schläge gegen den Körper bekomme. Aber ich muss so spielen. Das ist mein Stil: schnell am und mit dem Ball. Und wenn der Gegner keine Chance hat, den Zweikampf zu gewinnen, foult er eben. Das ist normal, so ist Fußball."

Abgesehen von dem Nasenbeinbruch läuft es gut für dich in dieser Saison. Du hast gute Aussichten, auf bvb.de zum "Spieler des Monats" gewählt zu werden und hast mit die besten kicker-Noten deines Teams. Was ist anders?
Kuba: "Ich glaube, dass es einerseits am neuen Trainer liegt. Ich verstehe mich sehr gut mit Jürgen Klopp. Die Schnelligkeit im Spiel und das System, das er spielen lässt, gefallen mir. Aber nicht nur ich, sondern die ganze Mannschaft spielt besser als in der letzten Saison."

Deine erste Saison in Dortmund hatte Höhen und Tiefen. Nur ein Tor und vier Assists in 24 Einsätzen entsprachen nicht den hohen Erwartungen, die mit deiner Verpflichtung verknüpft waren.
Kuba: "Ich weiß nicht, warum ich in der letzten Saison einmal gut, einmal schlecht gespielt habe. Vielleicht, weil ich lange verletzt war und sieben oder acht Partien als rechter Verteidiger gespielt habe, was eigentlich gar nicht meine Position ist. Aber ich mache natürlich alles, was der Trainer sagt. Es ist vielleicht aber auch normal, dass man in der ersten Saison einfach ein bisschen Zeit braucht. Die Liga hier ist anders als in Polen, ich musste viel dazu lernen. Jetzt wird es immer besser."

Was musstest du lernen?
Kuba: "Natürlich ist das Tempo hier höher, ebenso wie das technische Niveau."

Polens Fußball-Legende Zbigniew Boniek hat dich den "kleinen Figo" genannt. Kannst du diesen Vergleich überhaupt noch hören?
Kuba: "Ungefähr 100 Mal habe ich das schon gehört. Wenn einer der besten polnischen Spieler aller Zeiten so etwas sagt, ist das natürlich gut und macht mich stolz. Aber ich weiß, dass ich noch viel lernen muss. Ich will mich noch eine Menge weiterentwickeln, mein Potenzial mehr ausschöpfen. Ich will nicht stehen bleiben."

Michael Zorc meinte vor der Saison: "Kuba wird seine Fähigkeiten jetzt häufiger abrufen." Woher wusste er das?
Kuba: "Das ist eine Frage für Michael Zorc, nicht für mich. Bevor ich hierhin gekommen bin, hat er öfter mal beobachten können, wie ich spiele. Vielleicht wusste er nach diesem ersten Jahr in Dortmund, dass mehr in mir steckt. Aber ich muss noch viel mehr aus meinem Potenzial machen. Im Fußball musst du immer lernen wollen. Du bist nie der perfekte Fußballer."

Welches Potenzial in dir schlummert, erlebte man in den vergangenen Wochen eindrucksvoll. Vom Mittelfeld bist du nach weit vorne gerückt. Hat Jürgen Klopp erkannt, dass du ein Stürmer bist?
Kuba: "Ich sehe mich nicht als Stürmer, eher als offensiver Mittelfeldspieler. Es ist ohnehin egal, wo du spielst. Wichtig ist, dass du gut spielst. Natürlich möchte ich mehr nach vorne machen, aber ich muss auch Defensivarbeit leisten. Bis auf die Torwartposition habe ich hier in Dortmund schon alles gespielt. Der Trainer kennt meine Stärken und weiß, dass ich vorne wesentlich besser spiele als hinten."

Wahrscheinlich agierst du selber auch viel lieber nach vorne, oder?
Kuba: "Natürlich. Ich glaube, kein Spieler läuft und spielt gerne ohne Ball. Mit dem Ball zu spielen, ist gut im Fußball."


Im nächsten BVB-Jahrbuch willst du also weiterhin als Mittelfeldspieler aufgeführt werden?
Kuba: "Ja. Für mich ist es aber kein Problem, woanders zu spielen. Ich spiele dort, wo der Trainer mich aufstellt."

Auch im Umgang mit den Medien wirkst du verändert: offener und kommunikativer als in der letzten Saison.
Kuba: "Ich war nicht verschlossen in der letzten Saison. Der Eindruck täuscht. Ich habe einfach nicht gut Deutsch gesprochen und wollte nicht, dass ich nach dem Spiel oder dem Training etwas sage und später in der Zeitung eine ganze andere Aussage lese, als ich eigentlich beabsichtigt hatte. Das war nicht einfach für mich. Ich wollte erst einmal Deutsch lernen, der Rest kommt von alleine. Ich spreche gerne mit Journalisten."

Du sprichst mittlerweile sogar sehr gut Deutsch. Wie hast du so schnell gelernt?
Kuba: "Ich bin seit einem Jahr und vier Monaten hier und war nur einmal für eine Unterrichtsstunde bei einer Lehrerin. Ein Buch habe ich auch nicht gebraucht. Ich habe einfach mit den Leuten, meinen Mitspielern und den Trainern gesprochen. Mit grammatischen Dingen und dem Schreiben habe ich natürlich noch Probleme, aber ich verstehe mittlerweile sehr viel. Als ich hierhin gekommen bin, habe ich fast nichts gekonnt. Auch Nelson Valdez hilft mir viel beim Deutschlernen. Er korrigiert mich, wenn ich Fehler mache und sagt mir, was falsch und was richtig ist. Man muss es wollen, von alleine lernt man eine Sprache nicht."

Wie gefällt es dir ansonsten in Dortmund?
Kuba: "Gut. Meine Verlobte und ich fühlen uns hier sehr wohl. Das Stadion ist immer voll, das macht den Fußball aus. Es ist ganz wichtig, dass so viele Zuschauer kommen. Wenn man nur vor leeren Tribünen spielen würde, wäre das nicht einfach. Aber hier weißt du, dass das Stadion immer voll ist. Das ist super."

Denkst du noch oft an das Aus im UEFA-Cup zurück? Mit Hajnal und dir haben ausgerechnet die besten Dortmunder Spieler an diesem Abend ihre Elfmeter verschossen...
Kuba: "Natürlich. Das war das wichtigste Saisonspiel. So ist leider der Fußball: Du bist gut auf dem Platz, verschießt dann aber den Elfmeter - einmal bist du oben, zehn Minuten später ganz unten. Der verschossene Elfmeter tut mir natürlich sehr leid. Aber wir müssen weitermachen und uns die Chance erarbeiten, im nächsten Jahr wieder im Uefa-Pokal zu spielen, um ein besseres Resultat zu erreichen.

Viele Punkte habt ihr durch unglückliche, oft ungerechte Spiele liegen lassen.
Kuba: "Leider haben wir gerade zu Hause oft Unentschieden gespielt und auswärts mehr Punkte geholt. In fast jedem Spiel hatten wir Vorteile gegenüber dem Gegner, mehr Ballbesitz und mehr Chancen, haben aber die Tore nicht geschossen. Zudem hat uns der Schiedsrichter gegen Hannover auch ein klares Tor nicht anerkannt. Wenn wir so weiterspielen wie bisher, werden wir noch ein paar Mal gewinnen und uns eine gute Ausgangslage für die Rückrunde verschaffen. Der Sieg gegen Frankfurt war ein Anfang."

Quelle: bvb.de