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Härtefallregelung
Die Bilanz der Vorsaison auf Schalke kann sich sehen lassen: Platz drei in der Liga und das Viertelfinale in der Champions League, in dem man erst an Barcelona scheiterte. Dennoch musste Mirko Slomka gehen.
Damit ist die Erwartungshaltung an den neuen Trainer Fred Rutten klar umrissen - zumal ihm mit Jefferson Farfan und Orlando Engelaar zwei namhafte Neuzugänge gewährt wurden: Der Kampf um den Titel ist das Ziel in Gelsenkirchen, zumindest möchte man den Bayern lange Paroli bieten. Weniger als Platz zwei bei gleichzeitigem Erreichen der KO-Runde in der Königsklasse kann die Verantwortlichen auf Schalke eigentlich nicht zufrieden stellen.
Stärken/Schwächen
Schon in der Vorsaison hatte Schalke einen der besten Kader der Bundesliga. Durch die Verpflichtungen von Farfan und Engelaar hat die Mannschaft weiter an Qualität gewonnen. Vor allem das defensive Mittelfeld hat mit Engelaar, Jermaine Jones und Fabian Ernst internationales Klasseniveau. Wenn die Verletzungsmisere sich gelichtet hat, ist aber die gesamte Defensive mit Viererkette und Torwart Manuel Neuer herausragend besetzt.
Angesichts des großen Kaders kann Rutten zudem mit großer taktischer Flexibilität auf die Anforderungen unterschiedlicher Gegner in unterschiedlichen Wettbewerben reagieren. Vor allem im Mittelfeld bieten sich von der Dreierkette vor der Abwehr über eine Raute oder eine flache Viererkette zahlreiche Varianten an.
Als Pluspunkt muss man auch die in der vergangenen Saison gewachsene Erfahrung der Mannschaft, die in ihrem Stamm komplett zusammengeblieben ist, werten. Das bekannte Phänomen, unter dem Eindruck der Doppelbelastung durch die Champions League-Vorrunde in der ersten Saisonhälfte einzubrechen (wie der HSV 2006, Stuttgart und ein wenig auch Schalke 2007) ist nicht zu befürchten, da die Routine der Königsblauen gewachsen ist.
Viele Schwächen hat Schalke auf den ersten Blick nicht. Der extreme Konkurrenzkampf, den es auf einigen Positionen in Mittelfeld und Angriff geben wird, muss ein Spitzenclub aushalten. Eher könnte der Druck ein Problem werden, der bei einer Schwächephase in den Medien und im Umfeld auftreten wird. Zwar besitzt Rutten etwas mehr Autorität als sein Vorgänger Slomka, aber so bekannt, dass er unantastbar wäre, ist der Niederländer in der Bundesliga wahrlich nicht. Schalke ist nicht dafür bekannt, in Krisensituationen besonnen zu reagieren. Davon können Slomka und Ralf Rangnick ein Lied singen.
Ob die Personalie Rafinha zur Schwäche wird, bleibt abzuwarten. Dessen eigenmächtige Olympiareise offenbarte schlagartig, wie abhängig Schalke vom kleinen Brasilianer ist. Denn auf der rechten Abwehrseite gibt es kaum Alternativen - mit Ausnahme des Mädchens für Alles, Heiko Westermann. Der möchte aber lieber innen spielen. Sollte der Streit um Rafinha eskalieren, fehlt objektiv ein Eckpfeiler der Schalker Startelf, der aus dem jetzigen Kader nicht dauerhaft zu ersetzen ist.
Auf diesen Spieler sollten Sie achten
Zugegeben, der ganz große Geheimtipp ist Benedikt Höwedes nicht mehr. War er doch 2006 Kapitän der Schalker A-Jugend, die den ersten Deutschen Meistertitel seit 30 Jahren an den Schalker Markt holte. Höwedes spielte damals in einer Mannschaft mit Mesut Özil und Sebastian Boenisch, die beide inzwischen in Bremen ihr Geld verdienen. So beeindruckend waren die Leistungen des Abwehrchefs, dass der DFB ihn mit der Fritz-Walter-Medaille als besten Spieler seines Jahrgangs auszeichnete.
Trotz dieser Vorschusslorbeeren wurde zunächst die Schalker Oberligamannschaft zu Höwedes' sportlicher Heimat. Das änderte sich abrupt im Oktober 2007, als Slomka den damals 19-Jährigen in die Startelf für das Champions League-Spiel in Trondheim gegen Rosenborg BK berief. Höwedes musste auf der linken Seite für den verletzten Christian Pander einspringen. Gewisse Eingewöhnungsschwierigkeiten blieben nicht aus, aber am Ende stand ein 2:0-Sieg für Schalke, und das Debüt war gelungen.
Inzwischen hat U21-Nationalspieler Höwedes auch sechs Bundesligaspiele bestritten und darf sich berechtigte Hoffnungen machen, diese Bilanz demnächst auszubauen. Grund dafür sind die Personalsorgen in der Schalker Defensive. Mladen Krstajic ist verletzt, Rafinha bei Olympia - und schon rückt Höwedes in den engeren Auswahlkreis für einen Platz in der königsblauen Startelf. Er hat das Zeug dazu, diesen auch zu verteidigen.
Dieser Spielertyp fehlt
Einen Juan Roman Riquelme sucht man auf Schalke vergeblich. Eine klassische Nummer zehn, ein Regisseur alter Schule, ein Mann hinter den Spitzen - das ist bei den Knappen seit Lincolns Weggang zu Galatasaray eine vakante Position. Die Diskussion darüber, ob das ein großer Nachteil sein muss, geht weiter.
Dabei ist klar, dass es nicht schaden kann, einen Profi mit den Fähigkeiten Lincolns im Kader zu haben. Klar ist aber auch, dass ein solcher Spieler sich schlecht ins normale System des FC Schalke eingliedern ließe - oder sagen wir besser: ins System kaum einer modernen Spitzenmannschaft, wie die EM gerade erst wieder gezeigt hat. Das Fehlen einer echten Nummer 10 muss also kein wirklicher Nachteil sein.
So war es vor einem Jahr
"Wir wollen uns wieder für die Champions League qualifizieren" (Mirko Slomka, Juli 2007).
Die Enttäuschung über den so knapp verpassten Titel, die starken Neuzugänge des FC Bayern - im Sommer 2007 wollte auf Schalke niemand mehr von "totaler Dominanz" sprechen, wie noch im Sommer zuvor.
Mirko Slomkas Saisonziele wurden fraglos erreicht. Bekanntlich reichte das aber dem Trainer nicht, seinen Job zu behalten. Vielleicht war dann doch Slomkas realistische Einschätzung der Situation weniger wert gewesen als die Josef Schnusenbergs, des mächtigen Finanzmoguls im Hintergrund, der gesagt hatte: "Im Grunde wäre Schalke seit 40 Jahren dran, Meister zu werden. Aber jetzt erst recht!".
Das bewegt die Fans
Im Schalker Fan-Forum ging es in den letzten Tagen vor allem um ein Thema: Rafinhas eigenmächtige Abreise zu den Olympischen Spielen. Nicht weniger als 344 Seiten lang war der Thread zu diesem Thema bei Redaktionsschluss unseres Artikels bereits. Mit dem Geld, das dem deutschen Bruttoinlandsprodukt durch die fruchtlose Beschäftigung der Anhänger mit diesem Thema (mutmaßlich während ihrer Arbeitszeit) entstanden ist, hätte man vermutlich einen exzellenten Rafinha-Ersatz verpflichten können. Die Meinungen der Fans pendeln dabei zwischen "Den kleinen Sack verkaufen!" und "Sei doch mal ein wenig toleranter".
Wunschelf
Manuel Neuer - Rafinha, Marcelo Bordon, Heiko Westermann, Christian Pander - Jermaine Jones, Fabian Ernst, Orlando Engelaar - Halil Altintop, Kevin Kuranyi, Jefferson Farfán.
So könnte eine ideale Startelf im 4-3-3-System aussehen, der bevorzugten, aber keineswegs einzigen Formation in Fred Ruttens Repertoire. Im Tor wird bis September wohl Mathias Schober an Stelle des noch verletzten Neuer stehen. Wie lange Rafinha fehlt, ist eine Frage der Sportgerichtsbarkeit (Olympia).
Für Christian Pander spielte in den letzten Testspielen Levan Kobiashvili, und wenn Mladen Krstajic wieder fit ist, könnte er Heiko Westermann durchaus auf die Außenbahn oder gar auf die Bank verdrängen.
In der Offensive gibt es Härtefälle en masse. Ivan Rakitic auf der Bank zu lassen, ist einer der extremsten von ihnen. Wer wollte auf den technisch versierten Kroaten freiwillig verzichten? Sollte Pander nicht spielen, ist Rakitic angesichts seiner Stärke am ruhenden Ball fast unverzichtbar. Doch auch Gerald Asamoah müsste sich mit der Rolle als Dauerreservist erst einmal abfinden. Und damit haben wir von Vicente Sánchez noch gar nicht gesprochen. Die Position des Uruguayers ist mit Neuzugang Farfán faktisch blockiert, er würde wohl am ehesten in einem anderen Spielsystem zum Zuge kommen.
Prognose
Schalke hat den nach den Bayern bestbesetzten Kader der Liga. Der Abstand zu den Münchnern ist vermutlich etwas zu groß. Aber der zum Rest der Liga auch. Daher landen die Knappen auf Platz zwei.
Daniel Raecke
Quelle :www.sportal.de
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