Wie das amerikanische Rechtssystem funktioniert:
An der Verhandlung nehmen teil: der Richter, Staatsanwalt und Verteidiger, die Zeugen, der Angeklagte und die Jury. Diese besteht (meistens) aus 12 Geschworenen, welche aus dem Volk ausgelost werden. Jeder mit amerikanischer Staatsangehörigkeit wird verpflichtet irgendwann mal an einer Verhandlung teilzunehmen (natürlich ab Volljährigkeit). Die Jury und NUR die Jury entscheidet, ob der Angeklagte schuldig oder unschuldig in den einzelnen Anklagepunkten ist. Alle 12 müssen derselben Meinung sein, bei Meinungsverschiedenheiten wird meistens die Verhandlung verschoben. Der Richter bestimmt lediglich das Urteil, auf die schuldig/unschuldig-Frage hat er keinen Einfluss, gibt der Jury jedoch (, weil sie im Normalfall nicht annähernd das Wissen eines Juristen besitzt) Anweisungen und hat eine moderatorähnliche Funktion. Nun könnte man denken: "Super, dass unabhängige Bürger wie du und ich das entscheiden", weil es in Amerika genau wie hier vorkommt, dass Richter eben nicht unabhängig sind und von bestimmten Instanzen eingesetzt werden.
Der Knackpunkt der ganzen Sache:
Es geht einzig allein darum, die JURY ZU ÜBERZEUGEN! Vor Beginn der Verhandlung dürfen die Verteidiger die Jury befragen, um festzustellen, ob die jeweiligen Personen eventuell nicht geeignet, das heißt voreingenommen, sind. Sei es wegen Verdacht auf Rassismus, Unzurechnungsfähigkeit etc. Der Einwand muss vom Richter genehmigt werden, sodass die jeweilige(n) Person(en) ausgetauscht werden. In der Praxis ist dies häufig nicht sehr problematisch, da gute Anwälte wissen, wie und welche Fragen gestellt werden, um den Richter von ihrer Meinung zu überzeugen. Es reicht, wenn der Richter den leisesten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Person hat, weil diese mitverantwortlich für die Bestrafung/ den Freispruch ist.
Das Ziel des Verteidigers ist es dieses "Spiel" fortzuführen, bis er eine Jury hat, die dem Angeklagten gegenüber eine positive Haltung hat (der Staatsanwalt versucht selbstverständlich das genaue Gegenteil).
Beispiel: Ihr erinnert euch sicher an OJ Simpsons Fall (wenn nicht, kann man sich schnell und einfach informieren, der Fall ist sehr berühmt)? Er wurde beschuldigt seine Ex und ihren Neuen ermordet zu haben. Also: wir haben Simpson, einen attraktiven, charismatischen Footballstar, der von seiner Ex betrogen wurde (, was auch in den Medien sehr präsent war). Natürlich will der Anwalt eine Jury, die nur aus Frauen besteht. Es ist nachgewiesen und unter amerikanischen Rechtsexperten bekannt, dass es bei dem umgekehrten Geschlecht meist einfacher ist Mitleid zu erregen und somit einen Freispruch zu erzielen (dies ist jedoch KEINE Regelmäßigkeit und lässt sich niemals verallgemeinern, da viele Individuen ihre Aufgabe in der Jury sehr ernst nehmen). Simpson wurde auch freigesprochen.
Versteht ihr das Prinzip? Den Rest kennt man aus diversen Filmen und Serien (zB "Boston Legal"). Pure Schauspielkunst und vor allem Rhethorik, vermischt mit klug gestellten Fragen und eventuell Kenntnissen über die Gesetzeslage. Ein rein strategischer Akt, der mit Recht nur selten noch etwas zu tun hat, besonders wenn es sich um Fälle mit Prominenten handelt oder Fälle, die generell stark in der Öffentlichkeit stehen.
Für den Fall Trayvon Martin wurden über 100 Kandidaten von Staats- und Verteidigungsanwalt geprüft, damit sie eine unvoreingenommene Jury haben. Ob dies letzendlich der Fall war, ist fragwürdig. Die Jury bestand aus 6 Personen. 6 Frauen, davon 5 weiß und eine Hispanisch. George Zimmermann, der Angeklagte, ist ebenfalls hellhäutig und von hispanischer Herkunft. 2 der Frauen haben selbst Schusswaffen zu Hause. Eine andere der Frauen argumentierte damit, dass "manchmal unschuldige Menschen in den Knast müssen", worauf der Staatsanwalt versuchte, Einwände vorzubringen, die aber für die Richterin nicht ausreichten, um diese Frau aus der Jury auszuschließen.
Ungewöhnlich an dem Fall war, dass die Beweislast beim Staatsanwalt lag. Das heißt nicht der Angeklagte musste seine Unschuld beweisen, sondern der Staatsanwalt musste beweisen, dass es sich NICHT um Selbstverteidigung (sondern Mord) handelte. Hinzu kommt, dass der Täter (Zimmermann) nach der Tat 44 Tage auf freiem Fuß war. Während der Verhandlung gab es Zeugenaussagen und Audiomaterial, welches Trayvons Hilfeschreie darstellen sollte. Dass wirklich Schreie zu hören waren, wurde bestätigt. Dieses Material wurden jedoch als nicht ausreichend eingestuft, um die Schreie eindeutig dem jungen Opfer zuzuordnen. Dass die Schreie von Zimmermann stammten (, der sich angeblich in einer Notsituation befand und sich bedroht fühlte), ist laut den Zeugen und der Polizei definitiv NICHT der Fall gewesen....
Was wirklich geschehen ist, kann niemand mehr sagen. Das Opfer (die Beweislage lässt ihn eindeutig NICHT als Täter, sondern als Opfer da stehen) ist tot, der Angeklagte frei. Dieser Prozess hat massenhaft die Bevölkerung, Medien und Menschenrechtsorganisationen beschäftigt, in dem Urteil sehen die meisten Ungerechtigkeit. Das größte Problem (neben der Tatsache, dass die Eltern ihren 17-jährigen Sohn verloren haben, der vorstrafenfrei und ein guter Schüler war) an der Sache ist, dass dieser Fall wie viele andere zu einem Präzedenzfall wird. Das heißt bei ähnlichen Fällen in der Zukunft, können sich Anwälte und Richter auf dieses Urteil berufen, welches gefällt wurde und wahrscheinlich unumkehrbar ist. Dass Fälle wie dieser zur Verteidigung von Waffenbesitz und -einsatz als Argument dienen, ist zweifelsfrei. Aus meiner eigenen Erfahrung aus meinem Jurastudium (, in dem ich auch amerikanisches Recht als Kurs hatte) kenne ich mehrere reale Fälle, in denen Personen auf der Durchreise, kurz hielten und an Häusern klopften, um nach dem Weg zu fragen und darauf ohne Vorwarnung erschossen wurden. Die Schützen wurden problemlos freigesprochen, weil sich die Opfer auf ihrem Privatgelände ohne Erlaubnis befanden.... Das größte Problem am Waffenmissbrauch der amerikanischen Gesellschaft ist, dass der Besitz zur Formung von Bürgerwehr, Milizen etc. durch die Verfassung geschützt ist. Wie lange soll dieser Wahnsinn jedoch weitergehen? Wieviele Unschuldige Menschen müssen noch sterben bis Vernunft über das Volk kommt?