Schön ein bisschen was von deiner Reise zu lesen, da bekomm ich selbst wahnsinnig Lust mal wieder nach Norwegen zu fahren :good:
Über ein bisschen mehr Erlebnisbericht würde ich mich sehr freuen ;)
26.07.2015, 18:00
Viz-E
AW: Trotsches Fotowildnis
Ich bin für sowas immer zu haben und liebe es,Berichte und Bilder von Leuten die man "kennt" (also nicht irgendwas von irgendwem auf irgendeiner Internetseite) zu schauen und zu lesen. Erst recht, wenn es Orte sind an denen ich noch nicht war und wohl auch nie hinkommen werde. Tolle Bilder und gut geschrieben bislang
26.07.2015, 18:23
Alex_1995
AW: Trotsches Fotowildnis
Bin heute erst auf den Thread aufmerksam geworden und muss sagen, dass die Bilder gut aussehen.:good:
Am besten sind aber immernoch die aus dem Weserbergland (muss wohl daran liegen, dass ich da wohne :D)
Die aktuellen aus Norwegen sind allerdings auch eine Wucht und machen Lust das Land mal zu besuchen.
Ich werde den Thread jetzt öfter verfolgen und hoffe auf weitere tolle Bilder.:)
26.07.2015, 19:00
Wolverine
AW: Trotsches Fotowildnis
Da bekomm ich wieder fernweh. :( Die Bilder bestätigen nur dass Norwegen eines der tollsten Länder Europas ist.
Sehr gerne mehr davon :good:
27.07.2015, 00:24
Steve-0
AW: Trotsches Fotowildnis
MEEEEEEEEEEEEHR (Die Uhrzeit lässt tiefgründigere Aussagen nicht mehr zu!) :D
27.07.2015, 09:37
RealHSVer
AW: Trotsches Fotowildnis
Klasse Trotsche. Würde sich gerne mehr sehen.
27.07.2015, 13:15
GAD777
AW: Trotsches Fotowildnis
Tolle Bilder und sehr interessante Reise (Aufenthalt)... über mehr würde ich mich auch freuen :yes:
27.07.2015, 14:10
Trotsche
AW: Trotsches Fotowildnis
Freut mich ehrlich, dass das hier so viel Anklang findet. :) Danke an euch alle!
Werde die Tage dann mal einen zweiten Teil posten!
28.07.2015, 14:14
Trotsche
AW: Trotsches Fotowildnis
#2 Trampen bis zum Nordkapp
Trampen verdient auf jeden Fall nochmal einen eigenen Part in den Berichten. Insgesamt über 3000km hab ich so in Norwegen, Schweden und Finnland zurückgelegt und bin dabei vom Westende der Lofoten, über Tromso, Hammerfest und das Nordkapp bis nach Lappland gekommen - ohne auch nur eine Krone dafür zu bezahlen. Wer also behauptet die Tramperkultur sei tot, hat es nur nicht probiert.
Vor Norwegen bin ich in meinem Leben noch nie getrampt. Braucht man deutschlandweit glücklicherweise auch kaum noch in Zeiten von Facebook-Fahrgemeinschaften und "Quer-durch-Land"-Tickets bei der Bahn. Für die 6 Wochen hatte ich aber schlicht und einfach gar keine andere Möglichkeit. Allein für Zug und Bus von Oslo nach Harstad hab ich gut ein Drittel meines gesamten Budgets verprasst. War in dem Moment auch ganz okay. Ich hasse fliegen, musste die Nacht danach im Flughafen pennen und wollte einfach nur noch im Norden ankommen. Die Preise für Nahverkehrsmittel sind in Norwegen, gemessen am dortigen Preisniveau sogar ziemlich fair, bleiben auf Dauer aber trotzdem unbezahlbar. Darüber hinaus bin ich zwar mit SmartPhone, aber ohne Internetflat losgezogen (gute Entscheidung!) und hatte deshalb weder die Möglichkeit facebook und Co nach Fahrgemeinschaften abzusuchen, noch die Busfahrpläne im Vorraus zu checken.
Also Trampen, wollte ich ja eh mal gemacht haben.
Meine erste Strecke die ich zurücklegen wollte war von Harstad nach Andenes, die Nordspitze der Vesteralen-Inselgruppe, knapp 170km insgesamt. Geplant hatte ich dafür 2 Tage, schließlich liegt auch eine Fähre auf dem Weg, gebraucht habe ich sage und schreibe 4 Stunden. Ich habe nichtmal meinen MP3-Player angeschaltet als das erste Auto angehalten hat. Eine nette Frau, Anfang 60 vielleicht, ausgezeichnete Englischkenntnisse. Um mich zur Fähre bringen zu können, ist sie sogar einen Umweg von fast 40km gefahren. Ein ausgezeichneter Start also.
Das Foto ist ein paar Tage später entstanden, ebenfalls auf den Vesteralen auf dem Weg nach Nordmela. Ich hatte den Daumen rausgehalten und ein älterer Herr mit Pick-Up ist angehalten. Ich kann kaum norwegisch, er gar kein Englisch. Trotzdem hat er mich für einige Kilometer auf der Ladefläche mitgenommen, damit ich mir einen vernünftigen Platz suchen konnte um mein Zelt für die Nacht aufzustellen.
Die nördlichste Stadt der Welt (na gut, jetzt nicht mehr):
Nachdem ich auf den Vesteralen in einen Sturm geraten bin, hatte ich keine Lust mehr auf Inseln. Stattdessen, weil das Trampen so überragend funktioniert hat, hab ich mich in Richtung Nordkapp aufgemacht. Mal mehr, mal weniger bin ich auch eigentlich ganz gut vorrangekommen und habe bis auf einen Tag, wo ich fast 5 Stunden lang im Regen an der Straße stand, auch keine Probleme gehabt einen Lift zu finden.
Hammerfest, das "Tor zum Eismeer", liegt nicht auf dem direkten Weg zum Nordkapp sondern, ähnlich wie Tromso, muss man einem Seitenabschnitt der Europastraße folgen um dorthin zu gelangen. Ich war mit vorher nicht ganz sicher, ob es lohnend ist, das zu versuchen. Schließlich ist auf diesen Seitenabschnitten weniger Verkehr und das Wetter war extrem schlecht. Am Ende bin ich dann 4 Tage in Hammerfest gecouchsurft und das war immer noch zu wenig.
Seit der Verleihung der Stadtrechte an Honnigsvag 1998 hat Hammerfest den Titel "Nördlichste Stadt der Welt" zwar offiziell verloren - das wird dort allerdings konsequent ignoriert. Zurecht. Nach wie vor, auch nach dem Ölboom am Anfang der 2000er Jahre, ist Hammerfest von allen in Norwegen ohnehin hässlichen Städten, die, die am meisten ausstrahlt. Oslo ist nur irgendeine andere "Möchtegern-Großstadt", Trondheim bis auf den Hafen extrem unschön, Tromso hat den Charm eines Wolfsburgs am Meer und das Aushängeschild Bergen ist auch nicht im Ansatz mit Dresden zu vergleichen. Hammerfest bildet da nicht wirklich eine große Ausnahme, schön ist die Stadt (10.000 Einwohner) bestimmt nicht. Auf der gesamten Insel wächst, außer in künstlichen Vorgärten, kein einziger Baum, kein Busch, keine Pflanze generell, außer Heidekraut und ein paar Flechten. Man fühlt sich wirklich ein bisschen wie am Ende der Welt. Aber: es gibt 100 Anekdoten und Geschichten über die Stadt zu erzählen, am besten von ortsansässigen Couchsurfern, und eine übertrifft die andere an exotic.
Ein Beispiel: Die komplette Stadt Hammerfest ist von einem gut zwei Meter hohem Zaun umgeben, der ein bisschen an die Dingofences in Australien erinnert. Darüber hinaus gibt es auch nur zwei Straßen, die hinein und hinaus führen - eine nach Norden, eine nach Süden. Die Durchfahrten im Zaun sind dabei mit bunten Flatterbänden und Tüchern behängt, die im Wind ein bisschen an Tibet oder Nepal erinnern. Grund sind Rentiere. Die Insel auf der Hammerfest liegt ist ursprünglich Eigentum der samischen Bevölkerung Norwegens und deren Hauptwirtschaftszweig ist die Rentierzucht. Die halbdomestizierten Tiere können sich dabei frei bewegen und werden nur zweimal im Jahr eingefangen um ihren Gesundheitszustand zu kontrollieren und die Männchen zur Schlachtung herauszusuchen. Damit nicht ständig Rentierherden von bis zu 2000 Tieren durch die Stadt ziehen, wurde der "reingjerde" errichtet.
Trotzdem besteht die Hauptaufgabe des Bürgermeisters nachwievor darin, jeden morgen mit den Mitarbeitern der Kommune durch die Straßen zu fahren und vereinzelte Tiere einzufangen und wieder nach draußen zu schaffen. Als Tourist ist das ganz witzig mitanzusehen und ein heilloses Durcheinander.
Ingesamt hat die Stadt einen alternativen Hauch, den man ihr und Norwegen generell nicht unbedingt zutraut. Ich habe vier Tage in einer WG gelebt, in der mir auch am letzten Tag noch nicht klar war, wer jetzt eigentlich mit wem zusammen ist. Manchem ist das vielleicht ein bisschen zu schräg, ich fands klasse.
War bestimmt nicht mein letzter Besuch da oben.
(Wer auf Kreuzfahrten steht: die berühmte Hurtigruten machen vor dem Nordkapp Zwischenstopp in Hammerfest. Das Durchschnittsalter auf dem Schiff ist durchschnittlich vielleicht ein bisschen höher als hier im Forum, aber alle Rückmeldungen waren bisher überschwänglich positiv.
Wenn man denn schon trampt, gehört ein Besuch am nördlichsten Punkt Europas natürlich dazu. Zumindest am zweitnördlichsten Punkt, das wahre Kapp liegt nämlich noch einige Kilometer weiter. Außerdem liegt das Nordkapp eigentlich gar nicht auf dem Festland, sondern auf einer Insel. Eigentlich ist das Nordkapp also der "zweit- oder drittnördlichste Punkt Europas, der über eine Straße ohne Fähranbindung zu erreichen ist". Schenken wir uns das!
Hin, das "onetimeinmylife"-Selfie machen und wieder verschwinden. Ernsthaft: so viel Symbolkraft das Erreichen des Globus auch hat, ich war tatsächlich ein bisschen stolz, es war bestimmt der langweiligste Ort des Reiseabschnittes. Da steht diese Statue die nachher auf jedem Foto zu sehen ist, über 1000 Caravans, ein Besucherzentrum mit Kaffee und Kuchen für die Fußkranken und, ungelogen, jede zweite Stimme, die du hörst ist deutsch. Allein schon der Weg dahin ist beschissen. Zumindest ist der Eintritt für alle Wanderer und Fahrradfahrer frei - jeder mit einem Auto draf 35€ bezahlen.
Nachdem ich eine Woche in diversen Autos gesessen habe, wollte ich zumindest die letzten 15km von Skarsvag (dem nördlichsten Dorf der Welt) in dem bei einer überragend netten Couchsurferin zu Gast war, laufen. Super Idee! Zunächst mal gibt es keinen Wanderweg. D.h., man darf den kompletten Weg entlang der Straße zurücklegen. Okay, das ist in Norwegen nicht unüblich. Wenn du keine genauen Ortskenntnisse hast, bist du häufig einfach aufgeschmissen, da muss man mit Leben. Was mir aber richtig auf den Sack gegangen ist, sind die blöden Camping-Wagen-Touris nicht mal daran denken ein bisschen Platz zu machen und immer haarscharf (am besten ärgerlich hupend!) an dir vorbeibrausen. Fakt nebenbei: in ganzen 6 Wochen bin ich ein einziges Mal von einem Caravan mitgenommen worden. Sonst immer und ausschließlich nur von Ortsansässigen. Sollte das nicht eigentlich andersherum sein?
Ja, wie gesagt: bin am Nordkapp gewesen, hab' das Selfie gemacht (gibt's auf facebook) und spare mir damit einen zweiten Besuch.
Ich habe über 6 Wochen nicht einen Bus bezahlt. Anders wäre die Reise auch gar nicht zu finanzieren gewesen.
Das Straßennetz in Norwegen ist recht einseitig. Soll heißen, wenn ich von Harstad nach Tromso fahre, etwa 300km, gibt es genau eine Straße dorthin. Von Köln nach Bremen beispielweise kann ich zwischen 15 verschiedenen wählen: den schnellsten, den kürzesten, den über Land, den schnellsten ohne Autobahn, den kürzesten ohne Autobahn, den mit Zwischenstopp in Osnabrück, generell den schönsten mit einer Attraktion für Kinder auf dem Weg, und, und, und ... In Norwegen gibt es eine einzige Straße an der kein weg vorbeiführt. Als Tramper kommt einem das natürlich unheimlich entgegen, weil man zwangsläufig für eine geraume Weile denselben Weg wie der Fahrer hat und der sich nicht fragen muss, wo ich vielleicht hinmöchte. Gleiche Richtung = gleicher Weg.
Darüber hinaus ist die maximal Geschwindigkeit auf norwegischen Europastraßen 80kmh, meist deutlich niedriger. Je niedriger die Fahrgeschwindigkeit, desto eher wird man mitgenommen. Außerdem dauert Autofahren in Norwegen so deutlich länger als wenn man von München nach Hamburg mit 160 über die Autobahn brettert und die Leute haben nicht gegen etwas Abwechslung.
Die grundsätzliche Bereitschaft Anhalter mitzunehmen ist auch im norden nicht viel größer als hier und manchmal, besonders bei schlechtem Wetter und an einer ungünstigen Stelle, steht man doch die eine oder andere Stunde. Aber dann kommt halt doch jemand vorbei, der von seiner langen Fahrt gelangweilt ist, früher selbst Tramper war oder schlicht und einfach Mitleid hat.
Die Leute, die einen mitnehmen, sind meistens sehr offen und freundlich interessiert - natürlich nach norwegischen Maßstäben. Gastfreundschaft in Norwegen ist nicht gleich Gastfreundschaft in Pakistan.
Einige Leute waren wirklich ein bisschen sehr schräg. Wirklich eine schlechte Erfahrung mit Trampen habe ich während der ganzen Zeit aber nicht einmal gemacht.
Über die Zeit habe ich allerdings nur zweimal andere Tramper getroffen. Ich hätte damit gerechnet, dass wesentlich mehr unterwegs wären. Gerade auf dem Weg zum Nordkapp.
Leute, die ich übers Trampen kennengelernt habe:
- ein norwegisches Pärchen aus Nordkjosbotn, die mich an diesem Wochenende zuhause besuchen
- einen Schweizer aus Luzern, den ich im Frühling besuche
- einen norwegischen Truckfahrer von den Lofoten, bei dessen Familie ich ein paar Wochen später 4 Tage verbracht habe
- einen norwegischen Soldaten, mit dem ich ein stundenlanges Gespräch über die Armee und den Militärdienst hatte (ein guter Freund hatte mir einige Tage vorher geschrieben er würde sich verpflichten und wir hatten einen deftigen Streit darüber). Hab meine Meinung nicht geändert, eher gefestigt, trotzdem war das Gespräch echt hilfreich! Björn - mange takk!
Jemand 'ne Idee für einen spannenderen Titel? :D
28.07.2015, 14:29
RealHSVer
AW: Trotsches Fotowildnis
Schöner Teil. Als Titel fände ich zum Beispiel Der Tramper - Eine unerwartete Reise ganz passend. Ein wenig in Anlehnung an den Hobbit. xD