Es gibt Situationen, in denen möchte man einfach die Zeit zurückdrehen können, oder etwas anderes machen, um nicht in eine Situation zu kommen, in der man nicht stecken will. In so einer Situation befand ich mich gerade. Im Zimmer mit 6 teils bewaffneten Leuten, die mich auf Arabisch anschrien. Ich stellte mich schützend mit gekreuzten gehobenen Armen, soweit das mit der Bandage möglich war, vor meine Freundin, ich sollte echt aufhören, das zu sagen, also ich stellt mich vor Ioana und gab auf Englisch zu verstehen, dass ich kein Wort davon verstand, was ich denn nun schon wieder falsch gemacht habe. Einer der Securities gab mir in gebrochenem Englisch zu verstehen, dass ich mich auf den Boden legen solle und keine Gegenwehr leisten solle. Ich wollte gerade auf die Knie gehen, als eine Stimme vom Gang herein
'Noooo, STOP!' brüllte. Halb knieend, halb aufschauend wartete ich darauf, wie es nun weiter gehen sollte, als auf einmal mein Trainer, Jorge da Silva im Türrahmen stand und den Securities deutete, mir nichts zu tun.
'Verdammt, Sorin, hätte ich deine Stimme nicht erkannt, wer weiß, was die jetzt mit dir gemacht hätten', so der Coach weiter. Ich verstand immer noch nicht, worum es hier ging, also schaute ich ihn nur verwundert an.
'Ich verspreche, ich gehe gleich morgen früh eine Abaya kaufen, aber müssen die echt gleich deshalb meine Türe ruinieren?'
'Sorin, das ist mein Zimmer, in dem du dich hier mit', er musterte Ioana skeptisch,
'wem auch immer vergnügst, also runter von meinem Bett! Ich habe eigentlich nichts davon gesagt, dass du wen mitbringen darfst, wie hast du so schnell ein Visum bekommen?' Ich stutzte und blickte ihn erneut verwundert an?
'Wie, ihr Zimmer, ich habe doch gerade mit meiner Zimmerkarte die Türe aufgemacht, wie kann ich da in ihrem Zimmer landen?' Ich überlegte kurz, ich konnte ihm nicht die Wahrheit sagen, also meinte ich nur schnell:
'Lange Geschichte.' Er gab sich damit zufrieden.
'Es gab einen technischen Defekt, würdet ihr jetzt bitte....!' gab er mir zu verstehen, dass ich sein Zimmer verlassen sollte. Ich nahm Ioana bei der Hand, verließ das Zimmer und blickte auf die Nummer oben am Rahmen, 312. Verdammt, dachte ich, der alte Herr, der zugestiegen war, ich war so in Ioana vertieft gewesen, dass mir nicht aufgefallen war, dass der Aufzug im dritten statt im vierten Stock gehalten hatte und ich peinlicherweise dabei war, mich mit meiner, Verzeihung, mit Ioana in der Suite meines Coaches zu vergnügen. Zum Glück war er nicht 10 Minuten später gekommen. Ich fuhr mit Ioana also in den vierten Stock, checkte nochmals gründlich die Zimmernummer, 412, nun passte es. Ich schloss und versperrte die Türe, keiner sollte uns nun in der nächsten Stunde stören.
Es war schon recht spät am Abend, als ich Hunger bekam und mit Ioana nach unten ging. Notdürftig hatte ich verschiedene schwarze Kleidungsstücke um ihre sichtbaren Körperteile gewickelt, um nicht extrem aufzufallen, Verschleierung made in Romania eben. Trotzdem dauerte es nicht lange, bis sie die Blicke auf sich zog und uns der Kellner mit einer schroffen Geste des Saales verwieß, wegen ungestatteter Kleiderordnung, wie er sagte. Wir ließen uns etwas ins Zimmer kommen, gingen dann auch recht früh schlafen und erholten uns von einem aufregenden und ereignisreichen Tag, auch die Reise hatte seiniges dazubeigetragen, dass wir besonders gut schliefen, die Reise, aber nicht ausschließlich die Reise....
Es war früh am nächsten Morgen, als ich aufstand und diverse Besorgungen machen musste. Eigentlich wollte ich Ioana nicht aufwecken, doch das gelang mir nicht. Ich küsste sie noch zum Abschied, sagte ihr, ich würde zur Reha, ins Einkaufszentrum und danach in den Supermarkt gehen. Sie solle weiterschlafen und wenn möglich nicht das Zimmer verlassen, bis ich wieder da bin. Gegen 12 Uhr war ich wieder zurück und Ioana wartete schon sehnsüchtig auf mich. Ich hatte uns einiges beim Supermarkt gekauft, dass wir am Zimmer essen konnten und nicht runter mussten. Ebenso hatte ich Ioana eine Abaya gekauft, die sie, wenn wir unser Zimmer verlassen würden, tragen müsse. An diesem Nachmittag lernte Ioana auch Mohammed Al-Sahlawi, meinen Sturmpartner kennen. Ich hatte ihn aus Rumänien angerufen und gebeten, ob er ein Visum für Ioana besorgen könne, dem Trainer habe ich nichts verraten, dass das er war. Ich verstand mich immer besser mit Mohammed, sein Englisch wurde auch besser, so konnten wir uns auch unterhalten. Ich bedankte mich für seine Hilf eund ließ mich über die neuesten Infos vom Verein informieren. Der neue Trainer, Jorge da Silva, war bei den Mannschaftskollegen nicht gerade beliebt, außerdem müsse der Co-Trainer alles auf Arabisch übersetzen, da nicht alle Spieler englisch sprachen. Er erzählte mir, dass er mit der Nationalmannschaft erfolgreich war, zwei Tore erzielen konnte, und das Team mich vermissen würde. Ich klopfte ihm auf die Schultern, verabschiedete mich und hoffe, bald wieder aktiv dabei sein zu können.
Die Tage vergingen leider wieder recht schnell und auch wenn Ioana nicht viel von der Abaya hielt, ich wollte nicht nur mit ihr im Zimmer sitzen, sondern ihr auch meine neue Welt zeigen. Sie leidete mit den langen Sachen bei knapp 40 Grad Hitze und deshalb beschlossen wir, einen See aufzusuchen, in einem Bad würden wir wohl nicht weit kommen. Ich fand einen kleinen See am Stadtrand, in dem wir uns abkühlten, jeweils in der Unterwäsche. Leider blieben wir aber hier an diesem abgelegenen Ort nicht lange unbeobachtet und ein Polizist forderte uns auf, als ich Ioana gerade im Wasser küsste, aus dem See zu steigen und uns zu bekleiden. Ich ging ans Ufer, konnte ohnehin nur bis zum Nabel ins Wasser und war deshalb schneller. Ich griff nach dem Handtuch, das ich Ioana reichte, als sie im rosa Bikini aus dem Wasser stieg und sich die umstehenden Araber mit dem Gesicht abwandten. So eine Reaktion hatte sie wohl auch noch nie bekommen, letztendlich hatte ich aber wieder Glück, wie ich im Nachhinein erfuhr, denn wir kamen beide mit hohen Geldstrafen und ohne Peitschenhiebe oder ähnliches davon. Was hätten die hier wohl gemacht, wenn sie uns bei einer Nummer erwischt hätten? Mir wurde das Land wieder mehr unsympathisch, weil ich mit, meiner Freundin, ok, jetzt konnte ich es sagen, seit gestern Abend waren wir offiziell zusammen, hier kaum etwas machen konnte, ohne Probleme zu bekommen. Es kam der Tag, an dem Ioana wieder abreisen musste, um in Dubai Fotos zu schießen, damit sie was vorzuweisen hatte. Ich hoffte, dass ich sie bald wieder sehen konnte und wollte diesbezüglich auch etwas nachhelfen, vielleicht könnte der Scheich ja eine Assisentin oder ähnliches brauchen, ich würde ihn auf jeden Fall darum bitten wollen.
Auf da Silva war ich die nächsten Wochen nicht gut zu sprechen, offenbar hatte er den Vorfall am Zimmer noch nicht vergessen und auch über den Zwischenfall am See hatte er erfahren. Deshalb stauchte er mich zusammen.
'Sorin, ich weiß nicht, was du dir dabei gedacht hast, hast du überhaupt eine Ahnung, was man normal mit dir gemacht hätte? Ihr hättet ausgepeitscht werden können, in Arabien ist das nicht so, wie in Rumänien, dass ihr einfach in den nächsten See springen könnt und fast nackt baden könnt. Also reiß dich gefälligst zusammen, du hast hier eine neue Chance bekommen, schmeiß deine Karriere nicht einfach so weg, den fußballerisch kannst es echt weit bringen!' Ich nickte immer nur, viel hielt ich davon nicht, ich fühlte mich hier nicht wirklich wohl, was vorallem an der so verbohrten Umgebung lag. Aber ich konnte endlich wieder trainieren, übermorgen müsste ich nochmal zum Arzt, danach stand einem Comeback wohl nichts mehr im Weg, auch wenn das Spiel gegen Hajer in vier Tagen wohl noch zu früh kam. Ich musste dem Coach noch ein wenig über meine Ziele und Tugenden zuhören, die er mir immer wieder vorhielt. Morgen sollte ich wieder zum Training kommen, noch nicht hartes Training, aber ich konnte mit der Mannschaft mittrainieren. Genervt konnte ich mir am Ende des Gesprächs aber nicht verkneifen, eine Meldung zu schieben. Ich wurde ja nicht mehr vom Hotel abgeholt, da ich kurzerhand in ein anderes gezogen war, dass näher beim Trainingsplatz lag.
'Coach, wenn ich morgen zum Training komme, gibt es da eine Platzordnung vor dem Stadion, oder kann ich mein Kamel abstellen, wo ich will?' Da Silva warf mir nur einen finsteren Blick zu und ging wortlos. Ich machte mich auch wieder auf den Weg zum Hotel, als ich kurz nach Verlassen des Stadions von einer rießigen Limousine erwartet wurde. Kann wohl nur der Scheich sein, dachte ich mir, das traf sich gut.
Der Scheich erwartete mich in der Limousine und ich begann mich für meine Fehltritte zu entschuldigen, als er mich unterbrach: 'Sorin, vergiss es, es interessiert mich nicht, was du in der Freizeit machst, sonst hätte ich dich nicht verpflichtet, nach dem Vorfall mit dem Bus, aber du musst hier in Saudi-Arabien aufpassen, manche Sachen haben schwere Konsequenzen und ihr hattet da schon echt Glück, dass es nur eine Geldstrafe geworden ist. Worüber ich mit dir reden wollte, ist, dass ich weiß, dass du dich hier nicht wohl fühlst, wenn man glücklich ist, macht man keine Dummheiten, so einfach ist das. Ich könnte dich an einen anderen Verein im Winter verleihen, auch wenn ich dich gerne hier behalten würde, du bist sportlich ein großer Gewinn für unser Team, also was kann ich für dich tun, damit du dich hier in Riad wohler fühlst?' Das haute mich echt von den vergoldeten Ledersitzen. Allmählich mochte ich den Scheich immer mehr, vom äußeren her müsste er noch spießiger und herrischer sein als mein Coach, aber er verstand, dass es besser wäre, etwas dafür zu tun, damit ich mich wohlfühlen würde. Ich überlegte kurz, ob ich ihm vertrauen könnte und fing dann an: 'Mylord, ich vermisse meine Freunde, meine Freundin und die Umgebung in Rumänien. Es ist schwer sich hieran zu gewöhnen, wenn alles so fremd ist und ich quasi keinen Menschen, der mir nahe steht um micht habe.' Der Scheich überlegte kurz und fragte mich dann, wie er mir helfen könnte. 'Wäre es möglich, Mylord, dass sie meiner Freundin, Ioana, eine Anstellung bei ihnen geben würden? Aber bitte sagen sie George Becali nicht, dass ich gefragt habe, sie ist seine Nichte und er weiß nichts, dass wir zusammen sind und das sollte besser auch so bleiben. Ich hätte da eine Idee, Ioana kann sehr gut spanisch und ich weiß, dass Fabian Estoyanoff nur spanisch spricht.' Der Scheich lauschte meinen Worten und schien zu ahnen, was ich wollte: 'Ich verstehen, du willst, dass ich ihn frage, ob er mir schnell wen schicken könnte, der gut spanisch spricht, weil sein Dolmetscher gekündigt hat?' Ich nickte. Ich wusste, der Plan war tollkühn und sehr gewagt, aber das war meine einzige Chance. Der Scheich gab mir zu verstehen, dass er Becali fragen würde und übergab mir dann das, weshalb er mich treffen wollte, den Schlüssel für mein eigenes Heim! Arabien, nun hatte ich meine Freiheit wieder!
Quellen: Al-Sahlawi, Limousine