Mitten in der Vorbereitung auf die neue Premier League Saison 2017/2018 musste Teammanager Paul Clement nach Newport an die Cardiff Road. Zeitlich passte es zwar nicht optimal in den engen Terminkalender aber er hatte dem South Wales Argus bereits seit Wochen sein Kommen zugesagt. Da ihn seit Jahren mit Chefredakteur Liam Fitch, der auch das Interview führen sollte, eine enge Freundschaft verband, war es für den Teammanager der "Swans" eine Selbstverständlichkeit, der Einladung nachzukommen!
Liam Fitch: Hallo Paul, schön dass du es einrichten konntest und dass es endlich mit dem versprochenen Interview geklappt hat. Wir kennen uns nun schon so lange, ich denke dass wir ruhig beim du bleiben können. Ich hoffe, du hattest eine angenehme Anreise? Kann ich dir etwas anbieten? Ich hätte da einen ganz besonderen Darjeeling?!
Paul Clement: Hallo Liam, ist doch selbstverständlich, dass wenn ich meine Zusage gebe, dann auch nach Newport komme. Ich hoffe, du nimmst mich nicht allzu sehr in die Mangel, ich meine ich kenne dich und weiß genau, dass wenn du etwas wissen möchtest, einfach nicht locker lässt. Ja gerne, eine Tasse Tee kann nicht schaden!
Liam Fitch: Mache dir keine Sorgen, ich werde gnädig sein. Kommen wir zur ersten Frage, die unsere Leser brennend interessiert. Warum habt ihr Gylfi Sigurðsson abgegeben?
Paul Clement: Eine einfache Frage, auf die es allerdings mehrere Antworten gibt. Zunächst einmal steht da die Ablösesumme im Raum, da muss ein Verein wie Swansea City natürlich abwägen, ob man den Spieler versucht zu halten oder sagt ok, für diese Summe müssen wir das einfach machen. Dann ist da der Spieler, der für sich neue Möglichkeiten sieht. Kann man dem Jungen diese Chance verbauen? Wir haben uns dafür entschieden, ihm keine Steine in den Weg zu legen, auch aufgrund seiner Verdienste!
Liam Fitch: Aber der Abgang wird eine große Lücke ins Team reißen, da sind wir uns doch einig?! Ablöse hin oder her, wie wollt ihr diesen Verlust kompensieren, schließlich war Gylfi Sigurðsson in den vergangenen Jahren ein sehr wichtiger Spieler bei den "Swans". Auf seine Tore und Vorlagen werdet ihr nun verzichten müssen. Wer soll ihn ersetzen?
Paul Clement: Eins zu Eins wird er sicherlich nicht zu ersetzen sein, zumindest nicht von heute auf morgen, da machen wir uns nichts vor. Die Last muss auf mehrere Schulter verteilt werden. Wir haben da schon einige Ideen und haben auch einiges in den letzten Tagen ausprobiert. Ich bin da zuversichtlich, dass wir das hinbekommen werden!
Liam Fitch: Könnte vielleicht der Portugiese Renato Sanches, den ihr vom FC Bayern München ausgeliehen habt, ein Kandidat sein? Wie habt ihr es überhaupt geschafft, ihn an die walisische Küste zu locken, verdient man bei Swansea City inzwischen so gut?
Paul Clement: Es ist ja bekannt, dass ich gute Kontakte nach München und insbesondere zu Carlo Ancelotti habe. Vor ein paar Wochen hatten wir telefoniert und ich fragte ihn, ob er einen Spieler für mich hätte. Er sagte Renato Sanches. Von dort an begannen die Gespräche ernsthaft zu werden. Wenn man nicht fragt, klappt es auch nicht. Die Bayern wollten, dass er regelmäßig spielt. Ich will, dass er regelmäßig spielt und er will das auch. Wäre er möglichweise zum AC Mailand gegangen, die ebenfalls interessiert waren, wäre die Wahrscheinlichkeit groß gewesen, dass sich seine Situation nicht verändert hätte. Ob er allerdings die Rolle von Gylfi Sigurðsson einnahmen kann, wird sich noch zeigen!
Liam Fitch: Also können wir davon ausgehen, dass demnächst noch mehr Spieler von den Bayern zu Swansea City wechseln werden. Auf wen dürfen sich die Fans noch freuen?
Paul Clement: Das wird sicherlich nicht passieren. Aber wenn du mich schon so fragst, einen Arturo Vidal, einen Arjen Robben oder einen Robert Lewandowski würde ich natürlich auch nehmen. Ich muss da nochmals mit Carlo Ancelotti drüber sprechen!
Liam Fitch: Wo wir gerade beim Thema sind, du hast viele Jahre sehr erfolgreich mit ihm zusammengearbeitet. Schaut man sich da gewisse Dinge wie spezielle Trainingsmethoden oder taktische Abläufe ab und übernimmt diese dann auch in seine tägliche Arbeit?
Paul Clement: Wenn man viele Jahre mit solchen Persönlichkeiten wie Guus Hiddink oder Carlo Ancelotti zusammenarbeiten durfte, dann übernimmt man zwangsläufig einige Dinge, ob bewusst oder unbewusst. Aber grundsätzlich würde ich sagen, dass jeder Coach seine eigene Philosophie und eigene Ideen hat und diese dann auch einbringt!
Liam Fitch: In den vergangenen Jahren warst du viel mit Carlo Ancelotti in Europa unterwegs. London, Paris, Madrid oder München. Welche Metropole hat dir am meisten zugesagt, wo hast du dich persönlich am wohlsten gefühlt und wo eher nicht?
Paul Clement: Nun ja, jede Stadt und jeder Verein hat seine Vor- und Nachteile. Bei Chelsea FC hatten wir eine tolle Mannschaft. Ich arbeitete zunächst mit Guus Hiddink und später mit Carlo Ancelotti zusammen. Es war sehr intensiv und ich möchte diese Zeit nicht missen. Später bei Paris Saint-Germain war es für mich nicht so einfach. Wir hatten zwar Erfolg und holten die Meisterschaft aber mit der Stadt bin ich nie so richtig warm geworden, das gebe ich offen und ehrlich zu. In Madrid habe ich mich sehr wohl gefühlt, eine tolle Stadt. Wenn man für einen Verein wie Real Madrid arbeiten darf, dann ist das schon etwas besonderes. Allein das Santiago Bernabéu ist ein Mythos und ich hatte jedes Mal Gänsehaut, beim Betreten des Rasens. Auch in München war es schön. Ich war zwar nicht allzu lange dort aber die Herzlichkeit der Menschen hat mich sehr beeindruckt, das hatte ich so nicht erwartet. Mein persönlicher Favorit aber ist und bleibt Madrid!
Liam Fitch: Auch auf der Insel hast du bereits deine Spuren hinterlassen und warst schon bei diversen Vereinen in verschiedenen Funktionen unter Vertrag. Verfolgst du eigentlich noch deine ehemaligen Vereine oder hast du eventuell noch Kontakt?
Paul Clement: Natürlich versucht man Kontakte zu bestimmten Leuten zu halten oder schaut, wie der ehemalige Verein gespielt hat aber in unserer Branche ist das nicht ganz so einfach. So bin ich zum Beispiel sehr betroffen darüber, was in den letzten Jahren bei Blackburn Rovers passiert ist. Ein toller Verein, der eigentlich in die Premier League gehört aber nun in die League One abgestürzt ist. Ich hoffe, dass es dort bald wieder aufwärts geht und dass man zumindest den Weg zurück in die Championship findet. Aber wie gesagt, als Teammanager hat man nicht so viel Zeit um intensive Kontakte zu pflegen oder alte Freunde zu besuchen, doch ich versuche immer mich mal zu melden, sei es nur ein kurzer Anruf oder eine SMS, das ist mir persönlich schon sehr wichtig!
Liam Fitch: Einige unserer Leser würden gerne folgendes von dir wissen, wenn du dir einen Spieler einfach so aussuchen könntest, völlig unabhängig von laufenden Verträgen und irgendwelchen Ablösesummen, wen würdest du gerne bei Swansea City sehen?
Paul Clement: Wenn ich tatsächlich diese einmalige Möglichkeit hätte, würde ich mich ohne zu zögern für Gareth Bale von Real Madrid entscheiden. Ein kompletter Fußballer und für mich einer der besten Spieler der Welt. Naja, träumen darf man!
Liam Fitch: Interessante Wahl. Kommen wir aber zurück auf den aktuellen Kader. Einige Experten prophezeien Swansea City erneut eine schwere Saison. Ihr habt viele Spieler abgegeben und einige Neuzugänge präsentiert. Wie ist dein persönlicher Eindruck zum Beispiel von Wilfried Bony oder Roque Mesa und warum werden die "Swans" entgegen einiger negativer Meinungen und Äußerungen, dennoch eine gute Saison spielen?
Paul Clement: Nun, ob wir eine gute Saison spielen werden oder nicht, das weiß niemand. Wir im Verein und natürlich ich selbst, sind überzeugt davon aber das hängt von vielen Faktoren ab. Wie startet man in die neue Spielzeit, wird man von größeren Verletzungen verschont, wie schlagen die Neuzugänge ein und so weiter. Wir wollen so schnell wie möglich unsere Punkte holen und uns möglichst weit von den Abstiegsrängen fernhalten, dann kann es eine gute Saison werden. Zu den Neuzugängen kann ich sagen, dass alle bisher einen hervorragenden Eindruck machen. Über die Rückkehr von Wilfried Bony haben wir uns natürlich sehr gefreut, er hatte auch andere Optionen, hat sich aber letztendlich für uns entschieden. Bei Roque Mesa möchten wir keinen unnötigen Druck aufbauen, er kennt die Premier League nicht und wird sicherlich seine Eingewöhnungszeit brauchen, die werden wir ihm auch geben. Dass er ein toller Spieler ist und gut zu uns passt, davon sind wir absolut überzeugt, sonst hätten wir ihn ja auch nicht geholt!
Liam Fitch: Man konnte in einigen Vorbereitungsspielen bereits beobachten, dass Swansea City in einem 3-5-2 System agierte. Wird man auch in der Premier League mit diesem doch ungewohnten System spielen oder bevorzugst du eine andere Variante?
Paul Clement: Ich würde aus Vorbereitungsspielen keine allzu großen Rückschlüsse ziehen. Grundsätzlich kann es nie verkehrt sein, wenn man mehrere Systeme spielen kann aber wie wir letztendlich agieren werden, hängt nicht zuletzt vom Gegner ab. Das kann mal ein 4-3-3 sein, mal ein 4-5-1 oder auch mal ein 3-5-2, da möchten wir uns nicht festlegen. Wichtig ist, dass man mehrere Systeme beherrscht und flexibel ist!
Liam Fitch: Thema Liberty Stadium, wie weit seit ihr inzwischen mit euren Plänen und Gesprächen mit der Stadt, bezüglich einer Übernahme? Gibt es was Neues?
Paul Clement: Da kann ich nicht viel zu sagen. Die Mehrheitseigner stehen im ständigen Kontakt mit der Stadt aber meines Wissens nach, gibt es da zur Zeit nichts Neues zu vermelden. Wenn es etwas gibt, dann wird der Verein dies sicherlich tun, doch da bin ich der falsche Ansprechpartner. Ich konzentriere mich auf sportliche Dinge!
Liam Fitch: Ein Wort vielleicht noch zu Cardiff City und Newport County. Was traust du den walisischen Teams in der neuen Saison zu, geht es rauf oder eher runter?
Paul Clement: Das ist schwer zu sagen. Die Championship ist auch in dieser Saison wieder sehr stark besetzt aber Cardiff City hat sich gut verstärkt und könnte um den Aufstieg mitspielen, die Play-Offs traue ich ihnen auf jeden Fall zu und dann kann alles passieren. Für Newport County wird es wie jedes Jahr ums Überleben in der League Two gehen aber sie haben ein starkes Team und ich denke, dass der Klassenerhalt erneut gelingen wird. Du als großer und bekennender Newport County Fan, wirst sicherlich wieder sehr viele Spiele besuchen und allein deshalb schon drücke ich die Daumen!
Liam Fitch: Eine letzte Frage Paul, ich weiß, du hast wenig Zeit und musst zurück. Wer wird den Titel in der neuen Saison holen, wer steigt deiner Meinung nach ab und wo landet Swansea City am Saisonende? Alles andere als die Champions League Qualifikation wäre doch eine herbe Enttäuschung und absolut inakzeptabel, habe ich Recht?
Paul Clement: Wer absteigt, darüber möchte ich mir kein Urteil erlauben, da es respektlos dem jeweiligen Team gegenüber wäre. Aber grundsätzlich denke ich, dass die Aufsteiger es schwer haben werden. Den Titel wird Chelsea FC holen, da ich es ihnen am meisten gönne und weil ich glaube, dass sie das stärkste Team stellen. Unser Ziel wir sein, den Fans guten und ansehnlichen Fußball zu zeigen. Wenn am Ende ein gesicherter Platz im Mittelfeld der Tabelle dabei rauskommt, haben wir alle einen gute Job gemacht!
Liam Fitch: Zum Abschluss habe ich noch etwas für dich. Ich weiß, dass du leidenschaftlich Trikots sammelst und ich möchte dir das Neuste von Newport County überreichen. Mit allen Unterschriften der Spieler. Ich hoffe, dass du es in Ehren hältst!
Paul Clement: Oh, danke schön. Ich muss zugeben, ein Trikot von Newport County fehlt mir tatsächlich noch in meiner Sammlung. Ich werde einen schönen Platz dafür finden!
Liam Fitch: Gut, dann sind wir soweit durch. Ich danke dir recht herzlich für deinen Besuch und würde mich freuen, dich bald mal wieder hier bei uns in Newport begrüßen zu dürfen. Viel Erfolg und alles Gute für die neue Saison mit Swansea City!
Paul Clement: Vielen Dank Liam. Wenn es sich einrichten lässt, komme ich gerne wieder, allein schon wegen dem hervorragenden Tee. Bis bald und viele Grüße an Kate!
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