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01 - Prolog
Kristiansund, Norwegen - 16. Juni 2016
Ich stand mit meinen Jungs auf dem Trainingsplatz neben dem Atlanten Stadion in Kristiansund, als ich ihn erkannte. Wie immer wirkte er sehr ruhig, und überlegt, als er uns, und wie mir schien, vor allem mich, beobachtete. Er wohnte in meiner Nachbarschaft und wir kannten uns durchaus, also winkte ich ihm kurz zu, bevor ich mich aber sofort wieder auf meine Jungs aus dem U20-Team konzentrierte. Ole Gunnar Solskjær winkte kurz zurück, verzog aber auch dabei wie immer keine Miene. Was machte er hier?!
Mein Name ist Håkon Kristoffersen, ich bin 26 Jahre alt und lebe für den Fussball. Wie Ole Gunnar Solskjær stamme auch ich aus der norwegischen Stadt Kristiansund und mein Verein ist der Kristiansund BK. Lange Zeit spielte ich in der Jugend des Vereins und galt als grosses Talent, bis ich mir in einem Spiel gegen unseren grossen Rivalen Molde FK den Fuss zweifach gebrochen hatte und mich nie mehr so wirklich davon erholen konnte. So wurde meine Karriere jäh beendet, bevor sie überhaupt begonnen hatte. In den folgenden Jahren hatte ich mit Problemen, Depressionen zu kämpfen, schliesslich hatte mir der Fussball alles bedeutet und man hatte mir somit das genommen, was mir am wichtigsten war. Nach einer längeren Behandlung kämpfte ich mich zurück und setze mir ein neues Ziel: Fussballtrainer! So stieg ich vor 3 Jahren, mit 23, beim Kristansund BK wieder ein und übernahm verschiedene Posten im Verein und in den Jugendmannschaften. Schnell gestaltete sich mein Talent heraus und ich stieg auf. Seit einem Jahr nun war ich Cheftrainer der U20-Mannschaft, gleichzeitig das Reserve-Team von Kristiansund, und dies mit grossem Erfolg. Ich arbeite beim Verein in einem Pensum von 40%, nebenbei unterstützte ich meinen Vater in seinem Büro, der als selbstständiger Immobilienmakler im Raum Kristiansund tätig war.
Als ich die Garderobe nach dem Training verliess, freute ich mich schon wieder auf den Nachhauseweg mit meinem neuen roten Audi S1 quattro. Der kleine Flitzer war mein erstes eigenes Auto, das ich mir lange erspart hatte, zuvor war ich stets nur mit dem Fahrrad oder ab und zu dem Wagen meiner Mutter unterwegs gewesen. "Netter Wagen. Klein aber Oho." grinst nun auch Ole Gunnar Solskjær, der neben meinem Wagen auf mich wartete. Ich hatte den Chefcoach vom nahegelegenen Molde FK schon wieder aus dem Gedächtnis gestrichen, so konzentriert war ich immer beim Training. "Ich.. danke Mr Solskjær." stotterte ich etwas nervös.. "Was machen Sie hier?" fügte ich, in meiner Aufregung beinahe etwas forsch an. Der ehemalige Weltstar lachte breit "Das hier war auch mein erster Verein, Håkon." sagte er dann und lächelte. "Ich komme immer gern hierhin zurück, und gerade in der Sommerpause finde ich öfter Zeit dafür. Aber nein, heute ist es etwas anders. Ich bin deinetwegen hier, Håkon." sagte er schliesslich.
Diese Botschaft liess mich Erröten und erst mal leer Schlucken. Ich konnte mich aber schnell fangen und dann antwortete ich sachlich: "Verstehe, Mr Solskjær. Und worum gehts?" Mein Gegenüber lächelte noch immer, ehe er mir antwortete. "Bitte nenn mich doch Ole, ich bin doch kein Unbekannter. Nun, ich verfolge deine Arbeit hier in Kristiansund schon eine ganze Weile und habe, wie du weisst, auch gute Kontakte zur Vereinsspitze." Ole machte eine kurze Pause. "Wie du weisst, ist die letzte Saison bei uns in Molde nicht nach Wunsch gelaufen, was wir verändern wollen. Wir möchten den Kader stärken, und bei dieser Gelegenheit haben wir auch eine Stelle für einen zusätzlichen Assistenztrainer geschaffen, um den Staff auszubauen." Er beendete seinen Satz und musterte mich.
"Und.. Sie meinen, Sie wollen MIR diese Stelle anbieten?? Oder ich meine... du..?" stotterte ich immer noch leicht. Ich war ansonsten sehr ein ruhiger und ausgeglichener Typ, aber das war nun schon eine grosse Überraschung, die mich nicht kalt liess. "Ganz genau, du bist mein Wunschkandidat für den Job, und ich habe auch schon mit deinen Vorgesetzten gesprochen. Sie würden dir keine Steine in den Weg legen." lächelte er mich an. "Ich verstehe, wenn du dir das erst noch überlegen möchtest. Du weisst ja, wo du mich findest. Ich arbeite im Urlaub meist von zuhause aus. Lass bald von dir hören, Håkon." lächelte er noch, schüttelte mir die Hand und fuhr kurz darauf mit seinem Wagen auf die Hauptstrasse ein, während ich noch immer völlig perplex neben meinem Auto stand...
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