Herr Canadi. Schön, dass sie sich die Zeit nehmen mit uns zu sprechen. So richtig lieb sind Ihnen Intervies ja nicht, oder?
Vielen Dank für die Einladung. Es gibt in meinem Job sicher interessantere Aufgaben als Interviews, aber wenn es etwas zu sagen gibt bin ich da nicht grundsätzlich abgeneigt. Ich muss einfach nicht alle drei Wochen neue Wasserstandsmeldungen abgeben und lasse lieber Taten sprechen. Für die Kleinigkeiten gibt es ja vor und nach jedem Spieltag Pressekonferenzen. Meistens reichen diese ja aus um alle Nachfragen zu befriedigen. Das ist ja auch das Schöne in Ingolstadt – hier kann man relativ in Ruhe arbeiten.
Noch! Der FCI steht im Viertelfinale des DFB-Pokals und ist auch in der Liga mittlerweile ein ernstzunehmender Anwärter auf die internationalen Plätze… keine Angst davor für Europa noch öfter vors Mikrofon zu müssen?
Das würde ich dafür wohl in Kauf nehmen (lacht). Aber momentan kreisen meine Gedanken eher um das Training heute Nachmittag als um solche Zukunftsvisionen.
Aber der Pokal ist doch bekanntlich der kürzeste Weg nach Europa. Und es sind nur noch acht Teams. Wie realistisch stehen die Chancen für den FCI auf einen Pokalgewinn?
Bei acht verbleibenden Teams würde ich sagen genau bei 12,5%. Jedes dieser acht Teams kann es schaffen. Der Pokal ist ja noch abhängiger von Form und Glück als die Bundesliga. Hier kann alles passieren. Dortmund, München, Leverkusen, Wolfsburg. Alles sind nicht mehr dabei. Das sagt doch alles. Es ist der kürzeste Weg, aber deshalb nicht gleich der einfachste.
Ich sehe schon. Ich kann ihnen kein Europa zum jetzigen Zeitpunkt entlocken. Aber bleiben wir bei der Zielsetzung des FC Ingolstadt. Nach dem Aufstieg landeten Sie mit den Schanzern auf einem hervorragenden 10. Tabellenplatz in der Bundesliga. Als Aufsteiger war das eine tolle Leistung. Aber bekanntlich ist das zweite Jahr immer das Schwerste. Wie sehen die Ziele für die aktuelle Spielrunde aus, möchte man das Ergebnis toppen oder würde man sich beim FCI auch nur mit dem Klassenerhalt zufriedengeben?“ (Nummer777)
Die Zielsetzung ist es auch im nächsten Jahr erstklassig zu spielen. Das ist das Ziel dem alles andere untergeordnet wird. Aber wir sehen unsere Entwicklung und können natürlich auch die Tabelle lesen. Wir ruhen uns nicht darauf aus, dass wir 20 Punkte nach 14 Spieltagen haben. Wir wollen immer mehr. Jeder hier will das Maximum. Das brauche ich aber nicht ständig als Ziel hinaus zu schreien. Wir schauen von Spiel zu Spiel und warten ab, wo wir im April stehen. Wenn es dann Anzeichen gibt, dass das Ziel Klassenerhalt zu niedrig gefasst ist, werden wir das intern besprechen. Aber sicher werden wir nicht Europa oder sonstigen Schmarrn ausrufen, denn das nützt niemanden etwas, erzeugt unnötig Druck und weckt falsche Hoffnungen.
Aber wie schaut die Zukunft aus? Was kann man vom FCI in den kommenden Jahren erwarten? Werden irgendwann mal die Europacup-Plätze angegriffen? (Nummer 777)
Irgendwann? Warum nicht? Punktetechnisch sind wir kaum schlechter als die Teams, die sich hierfür jedes Jahr qualifizieren. Momentan fehlen halt noch ein paar Prozent, aber daran arbeiten wir täglich. Man darf da gerne Mannschaften wie Mainz, Augsburg oder Freiburg als Vorbild nehmen. Manchmal reicht eine solide Saison mit einer kleinen Serie und auf einmal bist du die Überraschung der Saison. Rein vom Budget gehören wir da auch in zehn Jahren wahrscheinlich noch nicht hin, aber die Geschichte zeigt, dass mehrere Faktoren als nur die wirtschaftliche Kraft entscheidend sind. Es müssen sich Chancen bieten und dann muss man auch das nötige Glück in diesen Momenten haben. Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass wir international spielen, nur weil wir FC Ingolstadt 04 heißen. Wir machen uns nicht kleiner als wir sind!
Gehen wir nun zum Thema Kaderplanung über: Beim FC Ingolstadt 04 gibt es nahezu vor jeder Saison einen Umbruch, viele Spieler gehen, andere kommen. Mit Olarenwayu Kayode haben Sie zum Beispiel einen treffsicheren Spieler in Ihren Reihen, den man halten konnte. Können die Fans sich darauf einstellen, dass wenn es nicht so gut laufen sollte, die Mannschaft dann erneut auseinanderfallen könnte oder ist man inzwischen so selbstbewusst sagen zu können, wir müssen keine Spieler abgeben? (Nummer 777)
Ich denke da kann ich die Fans beruhigen. Wenn wir in den Transferphasen große Änderungen vornehmen, dann nicht mehr weil wir es müssen, sondern weil wir denken, dass es Sinn ergibt. Die große Fluktuation war ja in erster Linie dem Abstieg geschuldet. Eine komplette Mannschaft ersetzt man einfach nicht innerhalb einer Transferperiode. Das dauert seine Zeit und hatte zur Folge, dass man sich hier viele neue Namen und Gesichter merken musste und es gefühlt zweimal jährlich einen Umbruch gab. Nun sehe ich uns aber wieder soweit, dass wir einen guten Stamm zusammen haben. Wir werden im besten Falle nur noch aktiv, wenn wir uns verbessern wollen, wenn wir jemanden ersetzen müssen oder wir das Gefühl haben, Transferwerte schaffen zu können. Grade letzteres ist für den FCI zum jetzigen Zeitpunkt noch überlebenswichtig.
Das ist der Status Quo. Was passiert also wenn es nicht mehr so läuft wie momentan? Das kann man nie genau sagen. Aber wir prüfen unsere Jungs schon ab vor einer Verpflichtung. Ich habe bei keinem meiner Jungs das Gefühl, dass er flüchtet wenn sich der Wind mal dreht. Solche Szenarien sind ja auch Teil eines Vorstellungsgesprächs. Da werden ja auch die langfristigen Ziele der Jungs abgeklopft.
Gabe es das Gespräch auch mit Bruno Petkovic?
Das denke ich doch. Der Junge ist länger hier als ich. Ziele verschieben sich. Ansprüche verändern sich. Bruno hat sich mit seinen Äußerungen etwas weit aus dem Fenster gelehnt in seiner Euphorie. Das weiß er! Das passiert nach einem Spiel schon mal. Er ist momentan etwas unzufrieden, ich bin etwas unzufrieden. Sonst gibt es kein Problem. Das können Sie bitte mal notieren und ihren Kollegen zukommen lassen. Das Thema nervt wirklich langsam. Der Ball liegt bei Bruno. Er weiß was er tun muss. Mehr gibt es da wirklich grade nicht zu berichten. Also kommen wir zur eigentlichen Frage zurück, ja?
Gerne!
Die Verlängerung mit Larry Kayode darf man schon als Zeichen deuten. Schaut mal nach Ingolstadt! Da entsteht etwas von dem ein Spieler wie Kayode, der auf den Notizblöcken großer Clubs steht, Teil sein möchte. Weil er ein Ziel mit diesem Verein hat. Weil er sich wohl fühlt. Wir sind hier lange noch nicht fertig und wir sind nicht immer, aber immer öfter in der Lage zu sagen: Nein! Der Junge bleibt bei uns! Dieses Selbstvertrauen, diesen Ruf, haben wir uns in den letzten 30 Monaten erarbeitet und alle haben dazu beigetragen. So etwas schweißt zusammen und Heimatgefühl ist ein Argument, welches man nicht unterschätzen sollte.
Also haben Sie auch keine Angst vor der nahenden Transferperiode? Man hört von Dortmunder und Leverkusener Interesse an Torhüter Fabian Schneider.
Sie haben das Interesse aus England, Frankreich, Italien, Spanien und den Rest Europas vergessen. Ich bin da völlig entspannt. Fabi ist 19 Jahre alt und U21-Nationaltorwart. In spätestens 2-3 Jahren wird er A-Nationalspieler sein wenn er so weitermacht. Es ist schon ein unglaublicher Erfolg, dass wir diesen Jungen ausgebildet haben und dass er vor kurzem entschieden hat, langfristig bei uns spielen zu wollen. Egal was da kommt! Am Ende wird es eine Situation geben von der sowohl Fabi als auch der FCI profitieren wird. Entweder, weil er den gemeinsamen Weg weitergeht und wir einen der besten deutschen Tormänner haben, oder weil er meint den nächsten Schritt machen zu wollen und wir uns das entsprechend bezahlen lassen. Win-Win-Situation nennt man das wohl. Natürlich hätten wir aber lieber Fabi bei uns als alles andere. Aber das sollte ja klar sein. Fabi ist halt ein Gesicht des Vereins. Das hat schon einen Wert den man mit Geld nicht aufwiegen kann.
Eine kleine Frage zu ihrer damaligen Entscheidung Pro Ingolstadt. Es ist erst im Nachhinein ans Licht gekommen, dass Sie auch ein unterschriftsreifes Angebot vom österreichischen Rekordmeister Rapid Wien hatten. Was hat Sie dazu bewogen zu Ingolstadt in die zweite deutsche Bundesliga zu gehen? (Misterwhite84)
Da haben sie gut recherchiert. Ich war tatsächlich in der komfortablen Situation mir aussuchen zu können wo ich hinmöchte. Und es ist Ingolstadt geworden, weil ich stillstand schrecklich finde. Rapid Wien ist ein toller Verein und wir hatten super Gespräche. Aber es hätte sich wie ein Schritt seitwärts angefühlt. Vom Jäger zum Jäger. Von Altach zu Rapid. Im Endeffekt jagen alle Salzburg und die legen einfach nach wenn man sie eingeholt hat. Das kann schon frustrierend sein. Nein! Ich wollte einfach mal etwas komplett anderes machen. Ein anderes Land. Andere Gegner. Andere Voraussetzungen. Und ich hatte auch Lust etwas komplett neu aufzubauen was meine ganz eigene Handschrift trägt. Alle diese Kriterien waren vor zweieinhalb Jahren in Ingolstadt gegeben. Der Kontakt mit Thomas Linke bestand ja schon länger. Schon als Ingolstadt Mirko Slomka installierte hatten wir gute Gespräche. Thomas entschied sich zu diesem Zeitpunkt aber für die „sichere Lösung“ und für Mirko Slomka. Für mich war das kein Problem und konnte die Entscheidung in dieser Situation des drohenden Abstiegs gut nachvollziehen. Aber ich war schon angefixt von der Idee Ingolstadt und habe mich einfach weiter für den Verein interessiert. Dann kam das erneute Interesse des FCI nach dem Abstieg und ich hatte schon einen ausgearbeiteten Plan in der Schublade. Das hat die Verantwortlichen beeindruckt. Das ist natürlich sensationell gut gelaufen für mich. Ich konnte direkt meine Transferwünsche äußern und auch mit meinem Co-Trainer Martin Bernhard war alles schon klar. Er wollte mit mir dieses Abenteuer angehen, wenn sich die Möglichkeit bietet. So kam es, dass ich in Ingolstadt gelandet bin. Ausschlaggebend war der Drang etwas grundlegend anderes und neues zu machen. Und wenn man bei diesem „Neuen“ nur fünf Stunden Autobahn oder eine Stunde Flug in die Heimat hat ist das natürlich eine tolle Sache. (grinst)
Aber verdient man als Trainer in der zweiten deutschen Bundesliga denn besser als beim größten Traditionsverein Österreichs? (Misterwhite84)
Über Geld spricht man ja nicht. Aber es hätte bei dieser Entscheidung ohnehin keine Rolle gespielt. Wichtig ist ja dass man so abgesichert ist, dass man das tun kann was einem Spaß macht. Egal ob 2.Bundesliga oder österreichische Bundesliga. Man verdient überall sicher genug Geld, dass man seine Liebsten gut versorgen kann. Ich habe ja nach meiner Spielerkarriere ein paar Jahre als Hausmeister gearbeitet um Sicherheit zu haben. Ich habe also auch die andere Seite gesehen und weiß wie es ist mit weniger auszukommen. Das hat mich geerdet. Ich jage keinem Reichtum hinterher, sondern der Verwirklichung meiner Ziele. Ich bin ohnehin gesegnet mit dem Job den ich ausüben darf, weil es das ist was ich liebe. Geld spielt wirklich keine entscheidende Rolle, sonst hätte ich das dritte Angebot angenommen von dem ich ihnen aber nichts weiter verraten werde (lacht.)
Und die Möglichkeit mit Rapid Wien dauerhaft in der Europa-League zu spielen? War das kein Anreiz?
Diese Möglichkeit ist ja nicht aus der Welt. Nur ein paar Jahre nach hinten gerückt. Ich glaube ganz fest daran mit dem FCI mal nach Europa zu kommen. Und dann wird es sich auch richtig, verdient und gut anfühlen.
Damit sind wir auch schon durch. Vielen Dank Herr Canadi. Jetzt können Sie sich dann wieder voll auf das Training fokussieren.
Danke. Vielen Dank für das Gespräch. Hat Spaß gemacht (lächelt verschmitzt).
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