Langsam wurde es ernst, nur noch ein knappes Monat bis zum Geburtstermin meines ersten Kindes und allmählich fragte ich mich, ob es richtig war, sich auf die Überraschung zu freuen und nicht wissen zu wollen, ob es denn nun ein Junge oder ein Mädchen werden wird. Sollte ich das Zimmer für das Baby nun blau oder rosa ausmalen, ihm Rennautos oder Puppen als Mobile über das Gitterbett hängen und das Gitterbett tiefer legen oder doch als Himmelbett? Diese Fragen quälten mich nicht nur, während ich im Krankenhaus auf Ioana wartete, die wieder zu einer ihrer zahlreichen Untersuchungen musste, sondern sie konfrontierten mich immer wieder mit der Tatsache, dass ich in weniger als 4 Wochen eine eigene Famile haben werden, für die nächsten Monate würde sich der Kontakt mit meinen Freunden und Kollegen auf ein Minimum reduzieren, Training, die Spiele und Whatsapp, das war's! Keine laute Fußballabende mehr vor dem Fernseher mit Bier und Freunden, sondern Windelwechseln und testen, ob der Fußballkommentator das Babygeschrei übertönen kann. Ich stand nochmals auf, um mir ein Red Bull zu holen, wieder hatte ich letzte Wochen kaum geschlafen, in unserer Gasse ist eine Baustelle und seitdem bekomme ich kaum Schlaf. Ich warf 3€ in den Automaten des Krankenhauses, ärgerte mich, dass ich keine 50 Cent Restgeld bekam und knallte dann, noch auf den Automaten konzentriert, mit jemandem zusammen.
Zum Glück hatte ich meine Dose noch nicht offen, ich blickte mich kurz um und gab nur ein kurzes
'was willst du denn hier, verpiss dich!' von mir. Zugegeben in solchen Momenten reagiere ich normalerweise mit
'können sie denn nicht aufpassen!' in seltenen Fällen noch mit
'Entschuldigung!' aber das Geschicht von Cristina war das letzte, was ich jetzt sehen wollte. Doch so einfach schien ich sie nicht loszuwerden. Sie folgte mir zu meinem Platz und setzte sich neben mich hin, ich ignorierte sich, was mir aber nur soweit gelang, bis sie sich zu mir herüberbeugte und ihre Hand auf meinen Oberschenkel legte.
Unsanft nahm ich sie und klatschte ihre Hand wieder zurück auf ihren Fuß:
'Sag mal, geht's noch, meine schwangere Freundin ist da drinnen, was zum Teufel hast du hier überhaupt verloren?'
'Ich bin deinetwegen hier Sorin, dass ich dich letztens wieder gesehen habe, hat die ganze Sache wieder hochgewühlt, ich will dich, Sorin!' antwortete sie und deutete abermals an, mich berühren zu wollen.
'Sorry, aber ich habe in der nächste Stunde schon etwas vor!'
'Wirklich, Sorin! Was ist aus dem Sorin geworden, mit dem man vor 4 Jahren noch so richtig Spaß haben konnte?'
'Nun, dem ist klar geworden, dass mir so etwas nicht das geben kann, was mich zufrieden macht. Aber zu dir passt es ja! Und jetzt verschwinde hier, ich will nichts von dir, das wollte ich noch nie!'
'Ok, Sorin, du bist noch nicht soweit, hier..... ist meine Nummer, ruf mich an, wenn du es dir anders überlegt hast.' sagte sie, kritzelte ihre Nummer auf einen Zettel und steckte ihn mir in die rechte Hosentasche.
Ich fuhr mit der Hand hinein, zerriss den Zettel vor ihren Augen und hoffte sie damit endlich loszuwerden, als das aber auch nichts brachte, half ich nochmals nach:
'Deine Nummer findet man auf jeder einschlägigen Internetseite, die brauchst du mir nicht zu geben!'
Sie lachte,
'oh ja, Sorin, ich war ein böses Mädchen, du musst mich bestrafen!'
Noch bevor ich reagieren konnte, nahm sie erneut meine Hand und nutzte den Moment, in dem ich kurz überlegte, wie ich sie schnellstmöglich loswerden konnte, um mich zu küssen. Es dauerte keine 3 Sekunden, doch als ich ihr danach ins Gesicht sagte, ich hätte mit ihrer Schwester geschlafen, gab sie mir eine schallende Ohrfeige und stapfte wütend davon. Verdammt, dachte ich mir, hätte ich gleich damit angefangen.
Nach gut 10 Minuten kam Ioana wieder aus dem Behandlungsraum und bevor wir gehen wollten, hielt sich mich kurz fest und sagte, ich solle jetzt stark sein. Meine Augen waren sofort weit offen und ich war hellwach, was allerdings nicht am Red Bull lag und begann:
'Was ist los, Schatz, alles ok mit dem Baby?'
Sie nickte und gab ohne große Vorankündigung von sich:
'Nun ja, sie sind beide vollkommen gesund!'
'Na das ist doch prima.....warte, was? Beide? Heißt das, du...........entschuldige, wir bekommen Zwillinge?'
'Ja!' lachte mich Ioana an,
'ich wollte bisher nie etwas hören, wenn der Doktor begann, über das Baby zu reden, da ich Angst hatte, er würde mir das Geschlecht verraten, aber heute kam er gleich als erstes mit der Neuigkeit heraus, ich hätte ihn solange daran gehindert, es mir zu sagen, dass er schon Angst hatte, wir würden das Kind gar nicht wollen! Was sagst du Sorin?'
Ich stammelte ein paar unverständliche Worte vor mich hin und entgegnete ihr dann leicht entsetzt:
'Zwillinge, ist das dein Ernst?'
'Das klingt aber nicht gerade begeistert, was denkst du Sorin, was geht durch deinen Kopf?'
'Verdammt, wie soll ich die alle in meine Dodge Viper reinbringen?'
'Sorin!'
'Ja, hmm, ich bin nur grad baff, aber ich freue mich, Schatz, ich freue mich wirklich!'
Ich setzte ein Lächeln auf, um glaubhaft hinüber zu kommen und es schien zu funktionieren. Ich nahm meine Freundin an der Hand und gemeinsam machte wir uns auf den Heimweg, anders als sonst genoss ich die Fahrt durch die Stadt allerdings nicht wie sonst.
Zwei Tage später wurde ich dann in die Geschäftsstelle von Borussia Dortmund zitiert, ich sollte mich dafür rechtfertigen, weshalb ich bei McDonalds war. Thomas Tuchel begrüßte mich mit einem ernsten Blick und bat mich, mich zu setzen. Ich fragte, was los sei und ein wenig unsensibel konfrontierte mich mein Coach darüber, dass es kein gutes Bild abgeben würde, wenn Profifußballer Fast Food essen würden und sich in der Öffentlichkeit sehen lassen würden.
'Ich habe den Paparazzi ja dort nicht hinbestellt!' gab ich etwas barsch zurück, was Thomas Tuchel aber nicht von seiner Moralpredigt abhalten ließ. Ich hörte nur zur Hälfte zu, da ich in meinen Gedanken ohnehin erst verarbeiten musste, dass ich nun bald zweifacher Vater sein würde, ich den gekauften Kinderwagen, das Gitterbett und alles nun erst wieder umtauschen könnte und mich wohl für eine gelbe Wandfarbe entscheiden würde, das würde auf jeden Fall passen. Mittendrunter unter der Ansprache von Thomas Tuchel unterbrach ich ihn dann und machte meinem Unmut Luft:
'Sie tun ja gerade so, als wäre das ein Skandal, wir haben gerade mal einen verdammten Hamburger gegessen, und das auch nicht so richtig, weil er uns nach der Hälfte nicht mehr schmeckte, früher konnte ich Hunderte davon essen, das geht jetzt gar nicht mehr. Man verzichtet auf so viel, da kann man doch schon mal darüber hinweg sehen, dass ich mir einmal etwas gönnen wollte, ich werde davon schon nicht aussehen wie Ailton und es war ein verdammter Burger, ich habe niemanden mit einem BigMac beworfen!'
Ich hatte mit allem gerechnet, dass mich Tuchel nun zur Sau machen würde, oder sonst etwas, aber er schien sich seine Worte einmal kurz durch den Kopf gehen zu lassen und meinte dann kurz:
'Ich verstehe dich, Sorin, es ist auch nicht so schlimm, nur schaut, dass ihr dabei nicht umbedingt erwischt werdet, macht es diskret, versprochen? Und Ailton? Werd mal nicht albern, dafür fehlt dir der nötige Teint!'
'Verstanden Boss, ich denke, für die nächsten Jahre habe ich ohnehin wieder genug von so etwas, nur die WM ist in Russland, die sollten guten Vod.....'
'Denk nicht mal dran, Sorin!' warnte er mich und zeigte mit wackelndem Zeigefinger auf mich.
Kurz darauf lachten wir beide, ich hatte es auch nicht wirklich ernst gesagt, das schien er mit bekommen zu haben.
Glücklich darüber, dass ich einen Trainer hatte, der mir auch menschlich vertraute und Spaß verstand, verließ ich die Geschäftsstelle und machte mich auf den Weg, ich hatte noch so einiges zu erledigen......
Quelle: Dodge Viper
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