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Zur Saisonhälfte standen wir souverän an der Tabellenspitze und hatten bereits 8 Punkte Vorsprung auf den Zweiten und fast schon doppelt so viele Punkte wie der Sechste, Al Taawoun, diese Platzierung mussten wir erreichen, um in die Playoffs zu kommen. In der Tabelle gab es eigentlich kaum Überraschungen, die einzige war vielleicht, dass Al Ittihad nur auf Rang 7 stand und aktuell nicht in den Playoffs war. Unser Stadtrivale stand auf Rang zwei und war somit unser erster Verfolger, konnte aber auch nur noch bedingt Spannung reinbringen. Mit einem der ersten beiden Plätze würden wir direkt ins Halbfinale kommen, das wäre ein Vorteil.
Durchaus begeistert blickte ich auch auf die Torjägerliste, ich führte mit 14 Toren vor Al Shamrani von Al Hilal mit 11 und Al Soma von Al Ahli mit 9 Treffern die Liste an. Stolz machte mich die Tatsache, dass ich diese 14 Buden in 7 Spielen erzielen konnte, musste ich wegen der Verletzung länger pausieren. Teamintern brachte es Al Raheb auf 7 und Al Sahlawi auf 6 Tore, das überraschte mich doch ein wenig, für mich war Al Sahlawi der deutlich bessere Spieler.
Ich wollte es nicht so aussehen lassen, als wenn ich nach unserem letzten Meisterschaftsspiel 2015 endlich nach Rumänien fliegen durfte, um Weihnachten dort verbringen zu dürfen. Das ist einer der Vorteile, wenn man keinen muslimischen Coach hatte, es gab keine Probleme, über christliche und orthodoxe Feiertage in die Heimat fahren zu dürfen. Bis 3. Januar hatte das Team Urlaub bekommen. Der Großteil des Teams nutzte die spiellose Zeit, um sich körperlich zu stärken, ein wenig zu entspannen und dann die Kraftkammer unsicher zu machen. Bogdan, ich und auch Adrian machten uns gemeinsam auf den Weg zum Flughafen, wir wollten so schnell wie möglich zu unseren Familien, zu Freunden und ich konnte es kaum erwarten, Ioana wieder zu sehen. Während Bogdan mir versprach mit spätestens 2. Januar wieder nüchtern zu sein, hatte ich daran gar nicht gedacht. Ich würde mir sicher ein Bier gönnen, aber übertreiben, darauf hatte ich irgendwie gar keine Lust. Ich wusste nicht, ob ich mit Ioana die Feiertage verbringen konnte, oder sie bei Becali anwesend sein musste, hoffe jedoch, dass sie, falls es so sei, sich davonstehlen konnte. Am Istanbuler Flughafen trennten sich unsere Wege, Adrian Mierzejewski hatte es schon recht eilig, seinen Flug nach Warschau zu bekommen, da unser Flieger knapp eine Stunde Verspätung hatte, ein Sandsturm hatte uns mal wieder am Abflug gehindert. Trotzdem hatten wir knapp 4 Stunden Aufenthalt und während Bogdan es vorzog, in einer Spielhalle am Airport zu zocken, suchte ich die Stadt auf und erkundete einen Bazar. Man bot mir alle möglichen Sachen an, von denen ich zwar kaum etwas gebrauchen konnte, aber an einem Stand mit orientalischen Gewürzen und Tees blieb ich dann doch hängen. Ohne zu wissen, was ich da kaufte, nahm ich einige rote Pulverchen, vermutlich Chili und einige Teesorten mit, der arabische Tee hatte es mir angetan. Ich war gerade am Gehen, noch in den Geruch der orientalischen Gewürze vertieft, als ich mit einem mit einem großen Mann, vielleicht Ende 20 mit kurzen Haaren zusammenstieß. Ich staunte nicht schlecht, als sich dieser umdrehte, das war doch tatsächlich Burak Yilmaz! Ich entschuldigte und wusste nicht, was ich sagen sollte in diesem Moment, als Yilmaz mich musterte und auf einmal sagte: 'Du bist doch Sorin Tătărușanu, der Junge, der in Bukarest den Mannschaftsbus geschrottet hat und nun in Arabien alles kurz und klein schießt, nicht wahr?' Ich nickte, damit hatte ich nicht gerechnet. Burak Yilmaz schüttelte mir die Hand, motivierte mich, weiterzumachen, meinte, das Internet sei voll mit meinen Bildern, und dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis sich ein Team aus Europa bei mir melden würde. Ich war baff, so etwas von einem Klassespieler wie Burak Yilmaz zu hören. Ich konnte das natürlich auch Bogdan nicht vorenthalten, der sich klarerweise ärgerte, nicht mitgekommen zu sein. Stunden später hoben wir wieder ab und schon bald erreichten wir rumänischen Boden, Heimat!
Das Treffen mit Burak Yilmaz hinterließ Eindruck bei Sorin Alin Tătărușanu.
Wir nahmen uns ein Taxi zu meiner alten Wohnung, die immer noch genauso war, wie ich sie zurückgelassen hatte. Bogdan wollte erstmal zuhause entspannen, die lange Reise war anstrengend gewesen und ich musste mir erstmal überlegen, wie ich die Zeit überbrücken sollte, bis es hier etwas 20 Grad hatte, momentan waren es 7. Dadurch, dass es draußen schon kalt war und ich die Heizung nur einschalten ließ, sodass es nicht gefror herinnen, war es dementsprechend unheimisch herinnen. Ich tippte Ioana eine kurze SMS, dass ich schon in Bukarest wäre und kaum eine Stunden später klopfte sie auch schon an meine Wohnungstür und fiel mir um den Hals. Schön, dass sie mich genauso vermisste, wie ich sie. Nachdem es weiterhin nur knapp über 10 Grad hatte, beschlossen wir, uns ins Bett zu verziehen und mit einem Film den weiteren Abend zu verbringen.
Ich hatte alles möglich zu erzählen, nicht nur über Fußball, auch, dass ich Sorgen hätte, dass Becali etwas über unser Verhältnis wusste, doch Ioana hatte ihn da geschickt auf die falsche Fährte gelockt und die Geschichte mit einem Jungen aus Dubai warm gehalten. Blöderweise kam ihr Bogdan mit dem Dolmetscherjob dazwischen, denn Becali hätte sonst vermutlich mangels Alternativen wirklich Ioana geschickt, zudem ist der Scheich ein guter Bekannter, dem er noch einen Gefallen schuldete. Wir verbrachten die Tage viel Zeit miteinander und erkundeten die Weihnachtsmärkte der Stadt und genossen die vorweihnachtliche Stimmung.
Leider musste Ioana die Weihnachtsfeiertage mit Becali verbringen, sodass ich mit Bogdan und seiner Familie etwas außerhalb von Bukarest feierte, es war nicht dasselbe wie mit Ioana, aber zumindest musste ich so nicht alleine sein. Während Bogdan's Eltern ihn damit nervten, dass ich etwas aus meinem Leben gemacht hätte und er sich endlich mal zusammenreißen sollte und auch ernsthaft etwas anstreben sollte, sorgte ich mich zusehends, dass mein Urlaub hier doch noch eine unangnehme Wendung nehmen konnte, als ich eine Message von Becali bekam, dass ich am 28. Dezember bei ihm vorbei kommen sollte. Was könnte er nur von mir wollen? Sah er den Fehler ein, mich einfach so nach Arabien zu verstoßen und wollte er mich zurück zu Steaua holen?
Am Abend des 26. Dezember fuhren wir wieder zurück in die Innenstadt, Bogdan war sichtlich genervt darüber, dass seine Eltern nur auf meine Leistungen stolz waren und ihm das immer wieder vorhielten. Ich stieß mit Bogdan auf unseren gemeinsamen Erfolg an, danach war natürlich noch zocken angesagt. Ich überließ Bogdan diesmal sein Steaua und entschloss mich, mit meiner Mannschaft zu spielen, Al Nassr. 'Alter, was ist mit dir? Wirst du leicht langsam mal erwachsen, das gefällt mir mal gar nicht!' murmelte Bogdan. 'Quatsch, curva, nur, du weißt ja, man kann nicht immer nur Mist bauen, sondern muss auch mal schauen, dass man sein Image verbessert und sich zusammenreißt! Ich will nicht für immer in Arabien festsitzen, ich will Titel holen, ich will in den größten Stadien Europa's spielen und mich mit den besten duellieren!' 'Ach was, solange du keinen Bus wo ran fährst ist doch alles paletti!' 'Nichts ist paletti, Alter, wenn du sowas machst, ist es egal, weil die Zeitungen nicht darüber berichten, aber als Profifußballer hast du nur zu einem gewissen Teil ein Privatleben.' Bogdan legte seinen Controller auf den Boden und wollte schon gehen, als ich nachsetzte 'hey, curva, du weißt, wie ich das meine, jetzt schnapp mal nicht ein!' 'Habens dir wo reingeschissen? Ich hole doch nur Nachschub! Ist mir ja egal, hast ja recht, nur versprich mir, dass du keine zugeknöpfte Pussy wirst, mit der man keinen Spaß mehr haben kann!' 'Klar, das wird nie passieren!' Ich schlug mit Bogdan ein, es war in Ordnung, die Eskapaden zurückzuschrauben und auch mal für positive Schlagzeilen zu sorgen, doch ich werde immer ich selbst bleiben!
Spät abends, fast schon in der Nacht kam dann auch Ioana noch vorbei, wir feierten zu dritt für uns als Freunde nochmals nach und beschlossen, egal, was komme, zusammen zu halten und Freunde zu bleiben. Ich erzählte Ioana auch, dass mich Becali sprechen wollte, doch leider wusste sie auch nichts, er hätte nichts erwähnt, vermutlich was es nur etwas geschäftliches. Ich scherzte mit meiner Freundin über mögliche Zukunftspläne, wir beließen es vorerst dabei, dass ich, sofern ich die Möglichkeit bekam, aus Arabien auszureisen, herkommen würde und wir unsere Zeit genießen würden, denn Ioana nach Arabien zu bekommen schien wohl ein Ding der Unmöglichkeit. Leider verging die Zeit mit ihr immer wie im Flug, von Bogdan bekam ich seit heute Nachmittag nichts mehr zu hören, er hatte da eine geile Bar gefunden, wie er mir schrieb.
Am nächsten Tag empfing mich dann Becali, ich hatte ein mulmiges Gefühl, als ich den riesigen Empfangsbereich seiner Villa betrat. Er erwartete mich schon in seinem Konferenzzimmer, deutete seinem Diener, mir etwas zu bringen. 'Nur nicht diese wiederliche Ding vom letzten Mal, wenn es keine Umstände macht, arabischen Tee!' Da blieb auch Becali der Mund offen. 'Du scheinst ja wie ausgewechselt, Sorin, erzähl mal, wie läuft es drüben, schon wen kennengelernt, eine nette Araberin?' Ich lachte süffisant, wie sollte ich denn, wenn alle mit einem Vorhand vor dem Gesicht umherlaufen und ich nicht wusste, ob sich dahinter Quasimodo oder eine Prinzessin verbirgt? 'Egal, deshalb habe ich dich nicht hergerufen. Wir hatten ein Vorstandssitzung und haben beschlossen, dass wir die Rückkaufoption für die nicht ziehen werden, du gehörst ab sofort Al Nassr, keine Verpflichtungen meinerseits mehr, das war das letzte Treffen Sorin! Du weißt ich habe dich immer unterstützt, dich auch deshalb nicht fallen gelassen, aber ich sehe, dass du dich prächtig machst dort, das Land, die etwas andere Umgebung bekommt dir gut und ich bin mir sicher, dass du deinen Weg zu einem europäischen Spitzenklub auch so schaffen wirst!' Becali streckte mir die Hand zum Abschied hin, ich nahm an und verabschiedete mich ein letztes Mal. Das war es, Becali hatte nun offiziell nichts mehr mit mir am Hut! Ich checkte noch schnell mein Handy, leerte den Tee auf ex und konnte nicht umher, mich mit einem in Arabien üblichen Rülpsen zu verabschieden.
Die nächsten Tage konnte ich mit reinem Gewissen mit Ioana verbringen, es brauchte mich nicht mehr zu stören und ich musste keine Konsequenzen fürchten, sollte er es herausfinden. Wir verbrachten Silvester und Neujahr zu dritt bei einem alten Haus etwas 20 Kilometer außerhalb von Bukarest, im Nirgendwo, dort musste wir zwar mit Holz einheizen, hatten aber Ruhe und konnten ein Feuerwerk der Extraklasse abfeuern. Bald müsste ich wieder zurück nach Arabien reisen und ich müsste mich wieder von Ioana verabschieden, ich hasste diesen Teil des Urlaubes. Das Fest wurde ein Knaller, Bogdan konnte nicht umher, sich volllaufen zu lassen und sorgte so für etwas miese Stimmung, aber Ioana schien einen guten Einfluss auf mich zu haben, ich gönnte mir ein, zwei Bier und stieß mit ihr mit feinem Tuica, rumänischem Zwetschkenschnaps an. Wir kuschelten uns eng aneinander und genossen die Aussicht, die winterliche Landschaft und die Nähe des anderen.
Spät am Nachmittag des nächsten Tages wachten wir auf, als uns die Sonnenstrahlen der untergehenden Sonne in die Augen schienen. Bogdan schien zumindest so nüchtern zu sein, dass er 'arabientauglich' ist. Ich weckte Ioana mit einem sanften Kuss und hielt noch für ein paar Augenblicke inne, bevor ich sagte: 'Schatz, wir müssen dann allmählich, wir müssen noch unsere Sachen zusammen packen und morgen zeitig in der Früh geht der Flieger nach Istanbul. Kommst du mit mit mir?' Ioana nickte. 'Bogdan, hast du noch irgendetwas bei dir zuhause, was du brauchst, oder alles bei mir?' 'Alles bei dir, Sota, was soll ich denn alleine zuhause?' Ich deutete ihm mitzukommen, wir würden nun wieder zu meiner Wohnung aufbrechen, meine Sachen zusammenpacken, damit wir morgen in der Früh nur noch die Sachen schnappen mussten und zum Flughafen fahren mussten.
Unsere letzte gemeinsame Nacht verlief unruhig, draußen war es laut und anders als sonst ließ ich mich von den Geräuschen beeinflussen und konnte nicht gut schlafen. Ich ließ mir einige Gedanken durch den Kopf gehen, wie würde das mit Ioana weitergehen, ich hatte bisher nie den Gedanken gehabt zu heiraten, oder eine eigene Familie zu gründen, bisher waren Party, Bogdan und der Fußball alles, was ich brauchte. Das hatte sich nun geändert, doch so sehr ich auch versuchte, mich zu konzentrieren ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, als Familienvater in einem Vorstadthaus zu enden. Meine Gedanken endeten abrupt mit dem Läuten des Weckers, zum Schluss hatte ich doch noch ein wenig Schlaf gefunden. Der Abschied am Flughafen war wieder einer von der traurigen Sorte, es tat mir weh, Ioana so zurücklassen zu müssen, doch die Arbeit rief. In Arabien angekommen wurde ich schon am Flughafen erwartet und man sammelte mich auf und brachte mich direkt zum Stadion, wo auch der Scheich wartete. Der verkündete, dass wir für die Rückrunde einen neuen Trainer haben werden, scheinbar gab es Differenzen zwischen unserem alten Coach und dem Scheich, die nicht zu überbrücken waren. Davon hatte ich gar nichts mitbekommen. Der Scheich wollte mir den Namen nicht nennen, er würde ohnehin am 5. Januar auf einer Pressekonferenz vorgestellt werden, doch er bat mich in sein 'Büro'. Er gratulierte mir für eine überragende Hinrunde, meinte, dass ich dem Team einen frischen Wind gebe und legte mir dann einen Stapel Zettel auf dem Tisch, auf dem mir ein Logo entgegen blinzelte, dass mir nur allzu bekannt vorkam. Ich schluckte tief, damit hatte ich definitiv nicht gerechnet. Ich blickte den Scheich an, der entgegnete mir jedoch nur, dass es bei solch einem Namen schwierig sei, mich zu halten und es zu einem großen Teil meine Entscheidung wäre!
Hier kommt ihr ins Spiel: Soll Sorin das Angebot aus Barcelona annehmen, oder weitere Angebote abwarten, oder erst nach der Saison Arabien verlassen?
Quellen: King Fahd Stadion, Burak Yilmaz, Feuerwerk
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