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Das nächste Spiel stand an und diesmal hatten wir nur eine kurze Regenerationsphase – unter der Woche trafen wir auswärts auf den MSV Duisburg. Entsprechend wurde im Kader deutlich mehr rotiert als üblich, mit Fomitschow, Sørensen, Teigl, Rzatkowski, Mast und Okotie gab es gleich sechs Änderungen an der Startelf. Die Zebras dagegen liefen in Bestbesetzung an und schienen wild entschlossen, mit aller Macht dagegenzuhalten – was mich doch ein wenig amüsierte. Das Spiel lief dann aber von der ersten Minute an so ab, wie ich erwartet hatte und wie die Natur es vorgesehen hatte: Die Löwen machten als majestätische Raubtiere, die sie nun einmal waren, mit den Zebras als harmlosem Herdentier erstaunlich kurzen Prozess und schon nach zehn Minuten lagen wir mit 2:0 in Front. Erst konnte Dennis Mast bei seinem Startelfdebüt eine flache Flanke von Andreas Pereira über die Torlinie grätschen, dann setzte Pereira einen Freistoß aus dem linken Rückraum an die Latte und Dominik Stahl schaltete innen schneller als der ihm zugeteilte Simon Brandstetter und drückte den Ball über die Linie. Marc Rzatkowski hatte kurz vor dem Seitenwechsel dann noch die Chance auf das 3:0, doch der Distanzschuss des ehemaligen St. Paulianers wurde von Ratajzack spektakulär zur Ecke geklärt. Auch nach dem Seitenwechsel gab das Spiel das gleiche Bild ab: Wir waren dominant und spielten den MSV an die Wand, die ihrerseits mit Glück mal den Ball über die Mittellinie bekamen und ansonsten froh zu sein schienen, nicht komplett unter die Räder zu kommen – auch den lächerlichen Versuch des Angriffsfußballs hatten die Hausherren mittlerweile aufgegeben. Erst konnte das Aluminium die Zebras noch einmal retten – erneut traf Pereira nur die Latte, diesmal nach schönem Doppelpass mit Marc Rzatkowski – doch dann nahm das Schicksal seinen Lauf. Erneut kombinierten sich Rzatkowski und Pereira nach Belieben durch den Strafraum der Hausherren, ehe der Brasilianer ablegte. Rzatkowski ließ mit seiner Ballannahme Feltscher aussteigen und zog ab – Ratajzack konnte sich strecken so sehr er wollte, den Einschlag konnte er nicht mehr verhindern. In der Schlussphase wurde es dann noch deutlicher: Gíslason wurde von Rzatkowski geschickt und legte den Ball mit dem Außenrist in die Mitte. Dort kam Markus Vucinovic an den Ball, nahm ihn blitzsauber mit und hob ihn über den ihm entgegenkommenden Ratajzack hinweg zum Endstand von 4:0.
Dominik Stahl bejubelt seinen Treffer zum 2:0
Die halbe Woche nach dem deutlichen Sieg unter der Woche gestaltete sich vom Training her als anspruchsvoll – viele Spieler hatten mit der Frische und Fitness leichte Probleme und unmittelbar beim Aufwärmen vor dem Spiel kam dann zu allem Übel auch noch der Ausfall des eigentlich für die Startelf vorgesehenen Yannick Stark, der mit Muskelproblemen mindestens ein Spiel würde aussetzen müssen.
„Frau Karin, wo haben sie den Spielbogen gelassen?!“ rief ich durch die Katakomben. Es war zwar grundsätzlich unüblich für eine Assistentin beziehungsweise Sekretärin, sich dort aufzuhalten, doch ich hatte sie gerne in der Nähe – eben genau für solche Fälle.
„Kommt sofort!“ kam es mir von irgendwo entgegen und keine zehn Sekunden später stand sie vor mir – den Zettel in der Hand und sichtlich außer Atem. „Und nennen sie mich doch Anna.[/COLOR]“ fügte sie hinzu und lächelte schüchtern.
Ich überflog den Bogen zur Sicherheit noch einmal. „Sehr gut.“ sagte ich, ohne auf das Angebot zum duzen einzugehen. „Sie riechen nach Pfefferminzbonbons.“ stellte ich fest.
„Was?“ fragte sie verdattert. „Oh ja, ich hab' eben auch einen gelutscht.“ meinte sie.
„Das... wollte ich nicht wissen.“ antwortete ich und beobachtete amüsiert, wie Anna Karin angesichts der ihr nun klar werdenden Doppeldeutigkeit nervös wurde. „Wie auch immer, bringen sie den Zettel –“ ich überlegte und musste feststellen, dass ich nicht wirklich wusste, wohin damit „– wohin auch immer er gehört.“ beendete ich den Satz und drückte ihr das Papier in die Hand, ehe ich mich umdrehte und nach draußen humpelte.
„Alles geklappt?“ fragte mich Lars und ich nickte.
„Sebastian [Mockenhaupt] beginnt, Dominik [Stahl] bringe ich dann zur Not von der Bank.“ erklärte ich und Lars nickte zustimmend, während ich mir eine Oxycodon genehmigte.
Doch im Heimspiel gegen den Aufsteiger aus Kiel – der mit 1860 eigentlich noch ein Hühnchen zu rupfen hatte nach den Relegationsspielen vor nicht allzu langer Zeit – stellte es sich schnell als unerheblich dar, wer als defensiver Sechser auflief. Mockenhaupt machte seine Sache gut, doch auch ein Stahl oder ein verletzter Stark hätten dem Spiel nicht geschadet, Kiel kam offensiv einfach absolut nicht zum Zug und dafür wurden wir umso drückender. Daniel Adlung – der neben Mockenhaupt, Wolf, Böðvarsson, Wittek, und Börner einer von erneut sechs neuen Spielern in der Startelf war – vergab nach Steilpass von Gíslason zwar noch, doch eine Minute später machte es Böðvarsson besser. Andreas Pereira kam nach Zuspiel von Wolf halblinks im Strafraum in gefährliche Position und schob den Ball überlegt in den Rückraum. Dort kam Böðvarsson in den Pass gespurtet und ließ Kenneth Kronholm im Tor Kiels keine Chance. Eine knappe Viertelstunde später war der Isländer erneut am Jubeln – und erneut kam die Vorlage von Pereira. Einen Ballverlust im Mittelfeld von Milad Salem verwertete Adlung mit einem klugen Pass in den Lauf Pereiras zu einer Überzahlsituation, der Brasilianer legte den Ball im Sechzehner nochmal quer und erneut war Kronholm chancenlos. Kurz vor der Pause erhöhte Patrick Kohlmann dann beinahe noch auf 3:0, der Rechtsverteidiger grätschte eine Hereingabe von Marius Wolf gefährlich knapp am eigenen Torpfosten vorbei. Auch der Kabinengang änderte am Spielverlauf rein gar nichts und so war es wenig verwunderlich, dass der dritte Treffer dann doch bald fiel: Andreas Pereira bekam aus günstiger Position einen Freistoß zugesprochen und nahm sich der Sache selbst an, Kronholm bekam zwar noch eine Hand an den Ball, aber wirklich eine Chance hatte er auch hier nicht. Doch im Fokus stand neben Pereira heute vor allen Dingen Jón Böðvarsson – wie schon in guten alten Hobro-Zeiten pflückte der Stoßstürmer den Gegner quasi im Alleingang auseinander, auch wenn Pereira – wie in guten alten Hobro-Zeiten – seinen Teil dazu beitrug. Erst konnte Böðvarsson eine Flanke des von Pereira auf dem rechten Flügel freigespielten Nicklas Bärkroth verwerten, dann legte Pereira selbst dem Isländer nochmal auf und der stellte somit eine knappe Viertelstunde vor dem Ende den Endstand von 5:0 her – bei vier eigenen Toren, während Pereira nebst eines eigenen Treffers drei Assists vorzuweisen hatte.
Jón Daði Böðvarsson schoss die 'Störche' quasi im Alleingang ab
Quellen: Stahl, Böðvarsson
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