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In den wenigen Tagen bis zur Öffnung des Transferfensters gelang es uns tatsächlich, alle gewünschten auslaufenden Verträge zu verlängern. Mit Kai Bülow, Dominik Stahl und Rubin Okotie verlängerten drei Akteure ihre Arbeitspapiere zu leicht reduzierten Grundgehältern mit dafür höheren Erfolgsprämien um zwei Jahre bis 2018, Daniel Adlung band sich sogar bis 2019 an den Verein. Die übrigen Akteure mit auslaufenden Verträgen – Michael Netolitzky, Guillermo Vallori, Vladimir Kovac und Fejsal Mulic – trugen die Personalentscheidungen mit Fassung und nahmen auch schnell Verhandlungen mit neuen Vereinen auf und auch wir verhandelten unsererseits mit den ersten Spielern – zunächst nur mit den zukünftig ohne Vertrag da stehenden Julian Börner, André Fomitschow und Georg Teigl und schon wenige Tage später hatte ich den für Julian Börner zuständigen Spielerberater der arena11 sports group in meinem Büro sitzen.
„Hallo, Herr Mikaelsson.“ begrüßte mich der Mann freundlich und bot mir die Hand an.
„Und sie sind?“ fragte ich und schüttelte die mir angebotene Hand.
„Niklas Stelf.“ stellte sich der Berater vor.
„Also, wollen sie erst ein wenig Small-Talk oder kommen wir direkt zum Geschäftlichen?“ fragte ich.
„Wir können gerne direkt über das Geschäft reden, ich habe einen vollen Terminplan.“ antwortete Herr Stelf. „Julian ist zur Zeit bei vielen Vereinen sehr gefragt.“ erklärte er weiter.
„Oh, dann können sie ihre anderen Termine absagen.“ meinte ich nur. „Denn ich bin mir sicher, ihr Klient wird bei mir unterschreiben wollen.“
„Da wäre ich mir an ihrer Stelle vielleicht nicht zu sicher.“ antwortete der Berater und setzte das berufstypische schmierige Lächeln auf.
„Nun, welche so viel besser gestellten Vereine angeln denn noch nach ihm?“ fragte ich nach.
„Ich denke nicht, dass sie das etwas angeht.“ wich er mir aus.
„Und ich denke, sie bluffen ganz gewaltig.“ redete ich weiter und fixierte mein Gegenüber mit meinem Blick. „Ihr Büro liegt in Frankfurt, ihre Wohnung in Nürnberg. Sie haben für 14:06 ein Ticket im Zug vom Münchener zum Nürnberger Hauptbahnhof gebucht und ansonsten findet sich ihn ihren Unterlagen nichts. Nichts zu ihrem Büro und auch kein anderweitiges Meeting.“ erklärte ich weiter und legte die beiden ausgedruckten Papiere auf den Tisch, die Dreizehn mir beschafft hatte.
„Sie haben meine Buchungen überprüft?!“ schrie der Berater mich an und sprang auf.
„Ich habe mich nur über sie informiert.“ antwortete ich ruhig. „Ich weiß eben gerne, mit wem ich es zu tun habe. Wenn sie sich also wieder setzen würden.“ meinte ich und deutete mit der Hand auf den Stuhl mir gegenüber.
„Wieso um alles in der Welt sollte ich mit ihnen verhandeln?!“ keifte der Berater weiter.
„Da wir jetzt beide wissen, dass ihr Klient lange nicht so gefragt ist, wie sie es gerne hätten.“ antwortete ich weiter ruhig, während der Spielerberater wie Rumpelstilzchen im Kreis hüpfte.
„Na schön.“ sagte er schließlich und setzte sich mit grimmiger Mine wieder hin.
„Na geht doch.“ meinte ich und setzte jetzt meinerseits mein bestes Spielerberater-Schmiergesicht auf.
„Also, was bieten sie uns?“ fragte Stelf geradeheraus.
„Vier Jahre Vertrag bei gleich bleibendem Jahresgehalt.“ sagte ich.
„Vier Jahre klingen schon mal sehr gut.“ antwortete der Berater. „Aber das Gehalt –[/COLOR]“
„Der Verein ist finanziell angeschlagen und das wissen sie. Mehr bekommt ihr Klient an kaum einem anderen Ort, und hier ist er definitiv Stammspieler.“ unterbrach ich ihn.
„Er ist Stammspieler?“ fragte der Berater skeptisch und schien das Gehalt zu akzeptieren.
„Das versichere ich ihnen.“ antwortete ich. „Wenn er im Training Leistung und Einsatz zeigt, ist er erste Wahl als linker Innenverteidiger.“
„Verzeihen sie mir, wenn ich ihnen nicht glaube, aber –“
„Ich verzeihe ihnen. Aber ich stelle grundsätzlich einen Links- und einen Rechtsfuß in der Abwehr auf und da hat ihr Klient als Linksfuß leichtes Spiel.“ unterbrach ich ihn und erklärte mich.
„Und Rodnei?“
„Rodnei wird nicht mehr lange für diesen Verein spielen.“ antwortete ich ruhig und lehnte mich zurück. „Wie gesagt, der Verein ist finanziell angeschlagen und einige Spieler müssen gehen.“
„Nun gut.“ meinte der Berater überzeugt.
„Sehr schön antwortete ich.“ und warf mir eine Oxycodon in den Mund.
„Was nehmen sie da?!“ fragte der Berater schockiert.
„Schmerzkiller.“ antwortete ich beiläufig.
„Ah. Für ihr Bein?“ fragte er weiter.
„Was?“ fragte ich gespielt überrascht. „Nein, weil sie lecker schmecken.“ antwortete ich sarkastisch. „Wollen sie auch einen?“
„Nein.“ meinte er bestimmt. „Aber in den Vertrag kommt noch eine Ausstiegsklausel.“
„Ich denke nicht.“ sagte ich.
„Oh doch.“ kam es zurück.
„Nein.“ wiederholte ich mich.
„1.000.000€.“ warf der Berater die erste Summe in den Raum.
„Hat das Wort 'Nein' noch eine mir unbekannte Bedeutung?“ fragte ich sarkastisch nach.
„Entweder, Julian bekommt seine Ausstiegsklausel, oder wir kommen nicht ins Geschäft.“ kam es zurück und der Spielerberater funkelte mich an.
„Ich werde ihnen keine pauschale Klausel zugestehen.“ stellte ich klar. „Aber sagen wir, ab 2018 eine Ausstiegsklausel in Höhe von 1.500.000€, falls der Verein noch in der zweiten Liga spielt.“ bot ich an.
„Ab 2017 und 1.000.000€.“ antwortete der Berater.
„Ab 2018 für 1.000.000€?“
„Deal.“
„Sehr schön.“ antwortete ich. „Reden sie mit ihrem Klienten und dann melden sie sich wieder.“ fügte ich an und stand auf. Der Spielerberater schloss sich dem an und schüttelte mir mit eingefrorener Mine die Hand, ehe er den Raum verließ.
Die sich am Nachmittag noch anschließende Verhandlung mit dem Berater von André Fomitschow lief nochmal deutlich schneller ab, als die mit dem Berater Julian Börners. Wir waren einer der wenigen Zweitligisten, die neben einigen Drittligisten noch an dem Spieler interessiert waren und konnten zudem ein angemessenes Gehalt bieten – und so unterschrieb André noch am Abend einen ab dem 01.07. gültigen Dreijahresvertrag. Am Abend kam per Mail dann auch die Bestätigung, dass Julian Börner einem Wechsel zu uns nicht abgeneigt sei und ich den Vertrag bereits vorbereiten konnte – der Spieler wollte zwar noch ein Gespräch mit dem Trainerteam führen, war mit den Vertragsbedingungen aber bereits einverstanden. Ich setzte den Termin für den nächsten Morgen an, ehe ich am Nachmittag einen Auswärtstermin hatte: In Leipzig würde ich mich mit Georg Teigl treffen, um ihn von einem Wechsel zu uns zu überzeugen.
Julian Börner verstärkt unsere Innenverteidigung
Das Gespräch mit Julian Börner und seinem Berater lief gut und auch der Innenverteidiger unterzeichnete seinen Vertrag bei uns, was mir ein gutes Omen zu sein schien. Ich flog am Mittag vom Münchener Flughafen in Richtung Leipzig und hatte bereits einen Rückflug für den späten Abend gebucht – ich war optimistisch, Georg von einem Wechsel überzeugen zu können. Ich hatte für 16:00 einen Termin in einem Café in der Leipziger Innenstadt ausgemacht und auch wenn mein letztes Kaffegespräch in Leipzig eher weniger von Erfolg gekrönt war, war ich diesmal optimistisch.
„Hey.“ begrüßte ich den Rechtsverteidiger, als er sich durch die Tische hindurch seinen Weg zu dem freien Stuhl mir gegenüber bahnte. Er hatte sich etwas verspätet, doch dadurch hatte ich die Möglichkeit gehabt, zwischen meinem ersten und meinem zweiten Kaffee noch eine Oxycodon einzuwerfen.
„Sigurdur Mikaelsson?“ fragte der Österreicher unsicher.
„Sigurður, nicht Sigurdur.“ verbesserte ich die Aussprache meines Vornamens. „Aber ja, der bin ich.“
„Warum wollten sie mit mir sprechen?“ fragte er geradeheraus.
„Wenn sie wollen, können wir uns duzen.“ bot ich an und erntete ein Nicken. „Also, Georg.“ begann ich. „Du bist ein hervorragender Außenverteidiger, und dein Vertrag bei Red Bull wird nicht verlängert, wenn meine Informationen stimmen.“
„Korrekt.“ meinte er nur knapp.
„Und daher wollte ich fragen, ob du interessiert an einem Engagement bei 1860 München wärst.“
„Und warum führst du das Gespräch dann mit mir und nicht mit meinem Berater?“ fragte der Österreicher skeptisch.
„Weil ich dachte, wir können das auch so regeln.“ antwortete ich direkt. „Ich habe damals deinen Wechsel von Salzburg nach Leipzig empfohlen und wenn es nach mir ginge, wärst du sicherlich nicht nach aktuellem Stand in wenigen Tagen ohne Verein. Lukas Klostermann mag ein guter Verteidiger sein, aber offensiv wird er dir in Jahren nicht das Wasser reichen können.“ führte ich aus und sah, wie ein leichter Anflug eines Lächelns die Mundwinkel Georg Teigls umspielte.
„Das klingt ein wenig nach Honig um den Mund schmieren.“ meinte er dennoch.
„Wenn es nicht wahr wäre, würde ich nicht hier sitzen und dich von einem Wechsel überzeugen wollen.“ konterte ich.
„Na gut.“ gab sich Teigl überzeugt. „Dann will ich mich mal nicht mit dem finanziellen herumärgern, das klärt mein Berater dann schon noch. Aber meine sportliche Zukunft und die Ziele, die du so hast, das würde mich schon interessieren.“ antwortete er.
„Für den Moment haben wir mit Gary Kagelmacher und Vladimir Kovac noch zwei weitere Rechtsverteidiger, die aber beide gehen sollen. Einen weiteren würden wir gerne noch holen, als Leihe, einfach um einen Back-Up zu haben. Aber ansonsten wärst du definitiv gesetzt.“ meinte ich. „Und was die sportlichen Ziele angeht – ich habe dieses Jahr fast freie Hand in der Kaderplanung, daher peile ich schon den Aufstieg an. Diese, spätestens nächste Saison.“
Georg Teigl sah mich an und musterte mich mit prüfendem Blick. „Also 'nen Stammplatz hab ich garantiert?“ fragte er nochmal nach.
„Ich kann natürlich nichts versprechen.“ antwortete ich. „Aber wenn du dich im Training reinhängst, dich an die taktischen Anweisungen hältst und weiter die Leistung bringst, die du die letzten Saisons bei Leipzig gezeigt hast, dann wirst du definitiv spielen.“
„Garantiert?“ fragte er abermals.
„Ich geb' dir mein Wort drauf.“ sagte ich und hielt ihm meine Hand hin. Er zögerte zunächst, beugte sich dann aber vor und schlug ein.
„Dann wird mein Berater sich am Abend melden.“ meinte er noch im Aufstehen und wir nickten uns zum Abschied zu – und tatsächlich, kurz nach meiner Landung in München hatte ich den zuständigen Spielerberater am Telefon und wir einigten uns binnen Minuten auf einen Vierjahresvertrag, Georg Teigl nahm dafür eine kleine Gehaltsreduzierung in Kauf und verzichtete auf eine Ausstiegsklausel – und schlug bereits am nächsten Morgen zur Vertragsunterschrift in München auf.
Georg Teigl würde der neue Fixpunkt hinten rechts werden.
Quellen: Börner, Teigl
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