0
Reporter: Guten Tag Herr Korkut, vielen Dank, dass sie sich für das Interview die Zeit genommen haben. Der enge Zeitplan macht ihnen sicher zu schaffen, oder?
Korkut: Ja, der Zeitplan macht einem echt zu schaffen, das stimmt. Aber wer in diesem Business was gewinnen will, muss damit zurechtkommen.
Reporter: Die Vorbereitungsphase ist ja diese Saison recht knapp, wegen der WM und besonders da einige ihrer Spieler als WM-Fahrer längeren Urlaub hatten. Macht das einen Unterschied?
Korkut: Natürlich. Unsere WM-Fahrer sind wichtige Kaderbestandteile, die das Training nochmal aufwerten und die im Training auch wichtig sind. Aber jetzt sind sie ja alle da, und hängen sich wieder ordentlich rein.
Reporter: Ja, da haben sie recht. Die vergangene Saison mit war nicht gerade zufriedenstellend, auch wenn die Entwicklung zum Ende hin positiv war. Daher haben sie in diesem Jahr mit Joselu, Stefan Thesker, Kenan Karaman, Marius Stankevicius, Ceyhun Gülselam, Miiko Albornoz, Jimmy Briand und Hiroshi Kiyotake bereits acht neue Spieler verpflichtet und im Gegenzug mit Sébastien Pocognoli, Szabolcs Huszti, Mame Diouf, Didier Ya Konan, Artjoms Rudnevs, Frantisek Rajtoral, Franca und Adrian Nikci acht Spieler abgegeben. Schwingt in diesem Umbruch auch die Angst vor einer erneuten Saison mit Abstiegskampf mit?
Korkut: Nun ja, der Markt ist ja schon recht lange offen und mit den Neuzugängen konnten wir viel Qualität gewinnen, die wir aber auch teilweise eingebüßt haben. Der Umbruch war einfach notwendig, gerade wenn man sich das Alter der Spieler ansieht. Wir haben mit Ausnahme von Marius nur Junge Spieler verpflichtet, im Gegenzug hatten fast alle Abgänge ein für Fußballer hohes Alter. Dennoch wollen wir uns sportlich natürlich verbessern und uns möglichst früh aus dem Abstiegsbereich entfernen, auch wenn das in der immer stärkeren Liga schwer wird. Der weg nach oben ist schwer, es gibt viele Vereine auf einem Niveau. Neben dem Spitzenquartett aus Dortmund, den Bayern, Schalke und Leverkusen streiten sich mit Wolfsburg, Gladbach, Hamburg, Mainz, Frankfurt, Hoffenheim und Stuttgart sieben andere Vereine um die letzten beiden Europapokalplätze. Deswegen werden wir die Ziele nicht zu hoch stecken, die Mannschaft braucht Zeit. Ein internationaler Platz wäre allerdings toll, aber davon reden wir hier erst in ein bis zwei Jahren.
Reporter: Sie sagten es bereits – sie haben viel Erfahrung verloren, viele Junge Spieler geholt und teilweise Spieler ohne Bundesligaerfahrung. Haben sie keine Angst, dass das schiefgehen kann?
Korkut: Nein. Natürlich birgt ein Umbruch immer ein gewisses Risiko, aber unser Umbruch kommt ja nicht von heute auf morgen. Der Kern der Mannschaft stand schon vor der Transferphase, und die Neuzugänge sollen das noch verbessern. Die Neuen sind heiß auf diese Saison und wollen zeigen, dass sie die Abgänge würdig kompensieren können.
Reporter: Dennoch haben sie mit Szabolcs Huszti und Mame Diouf ihre beiden besten Scorer der Vorsaison abgegeben, und mit Artjoms Rudnevs und Didier Ya Konan zwei weitere Stürmer mit viel Spielzeit. Zudem steht Jan Schlaudraff vor dem Absprung, kompensiert werden soll offensiv alles von den beiden Neuzugängen Joselu und Hiroshi Kiyotake. Sehen sie da wirklich kein zu großes Risiko?
Korkut: Wie ich bereits sagte, nein. Mit Joselu haben wir einen kompletten Stürmer dazugewonnen, der mit dem Fuß und Kopf gleichermaßen stark ist und zudem über ein hohes Tempo verfügt. Dazu kommt mit Hiroshi Kiyotake ein kreativer Spieler für die Außenbahn, und im Zentrum hat Lars Stindl nochmal einen extremen Sprung gemacht. Und Stand jetzt rechne ich nicht mit einem Abgang von Jan Schlaudraff. Er hat hier einen gültigen Vertrag bis Jahresende, aber sollte er diesen nicht erfüllen, werden wir nochmal nachlegen. Offensiv sind wir bestens aufgestellt.
Reporter: Wo sie ihn gerade angesprochen haben: Lars Stindl ist seit dieser Saison nicht nur im Mannschaftsrat, sondern auch Kapitän. Wie ist ihr Verhältnis zueinander und wieso haben sie ihn ausgewählt?
Korkut: Mein Verhältnis zu Lars ist sehr gut. Er war nach dem Spiel gegen Braunschweig in der letzten Rückrunde einer der ersten, der sich gestellt hat. Er hat Verantwortung für etwas übernommen, woran er maximal eine Teilschuld trägt und hat danach gegen Hamburg ein sehr starkes Spiel absolviert und die Form bis zum Saisonende gehalten. Er ist schon recht lange in der Mannschaft, er hat einen guten Draht zu allen – besonders zu den sehr Jungen Spielern – und er ist für sein junges Alter schon sehr erfahren. Er hat hier nochmal einen großen Sprung gemacht und ist auf der zehn zunächst als Stammspieler eingeplant, da ist die Nominierung von ihm als Kapitän durchaus nachvollziehbar, denke ich.
Reporter: Noch eine Frage zur Kadergestaltung: In wieweit wollen sie den Jugendspielern, die sie eben schon kurz angesprochen haben, in dieser Saison Chancen im Profibereich geben?
Korkut: Die Jugendarbeit wurde unter Mirko Slomka immer wieder ein wenig vernachlässigt, doch nun arbeiten wir immer mehr daran. Mit Valmir Sulejmani, Tim Dierßen, Niklas Teichgräber und Timo Königsmann haben wir vier U-Nationalspieler Deutschlands im Kader, die auch ihre Chancen bekommen werden. Zwar werden sie – wie auch unsere anderen Talente Kenan Karaman, Sebastian Ernst, Vladimir Rankovic und Yannik Schulze – vorwiegend in der Regionalliga Spielpraxis sammeln, aber sie werden mit der ersten Mannschaft Trainingseinheiten absolvieren und ihre Chancen mit Sicherheit bekommen. Wie oft sie schon diese Saison tatsächlich zum Kader gehören werden, hängt somit auch ein Stück weit von ihnen ab.
Reporter: Und wie sieht es in der Mannschaft aktuell aus? Mit Salif Sané und Szabolcs Huszti gab es zuletzt ja immer wieder Schwierigkeiten, auch wenn man sich jetzt von Huszti trennte bliebe ja immer noch Sané. Oder gibt es weitere „Störenfriede“?
Korkut: Ich bin sicher nicht der Typ, der gegen einen Ex-Spieler Nachtritt. Aber bei vielen Spielerabgängen gab es nicht nur sportliche Gründe. Die Mannschaft hatte einige Individualisten, und so etwas brauchen wir hier nicht. Wir haben bei den Neuzugängen extrem auf den Charakter geachtet und die Mannschaft als Mannschaft und als Team aufgebaut, nicht als Ansammlung von einzelnen Spielern. Und das klappt aktuell sehr gut. Jeder ist bereit, für den anderen zu laufen und sich wenn nötig schmutzig zu machen. Alle gehören dazu, die Truppe hat Spaß beim Training. Da sieht man ganz andere Mentalität und Zusammenhalt als im letzten Winter, es stimmt einfach im Team.
Reporter: Und wie gehen sie die Vorbereitung an, was ist aktuell geplant?
Korkut: Die Vorbereitungszeit ist auch wegen der WM recht kurz, deswegen müssen wir viel arbeiten. Geplant ist ein Trainingslager, voraussichtlich in der Schweiz, dort wollen wir zwei, eventuell drei Testspiele bestreiten. Dann müssen wir schauen wo wir stehen. Sicherlich sind noch hier und da einige PR-Termine von Nöten. So ganz steht der Plan noch nicht.
Reporter: Letzte Frage: In Hannover bricht Euphorie angesichts der Neuzugänge aus. Zurecht?
Korkut: Na klar! Die Mannschaft ist stark und hungrig, aber wir müssen trotzdem vorsichtig sein. Ich möchte nicht auf die Euphoriebremse treten, aber ich möchte die Fans zur Geduld aufrufen und weiterhin auf großen Support unserer Anhänger hoffen!
Lesezeichen